Forschern an der University of New South Wales (UNSW) ist es gelungen, einen Atomkern, oder genauer gesagt dessen magnetischen Spin, in einem Silizium-Chip als Quantenbit (Qubit) zu nutzen - und das mit höchster Präzision. [...]
Wie das Team aktuell in Nature berichtet, konnte es eine Auslesegenauigkeit von 99,8 Prozent erreichen – laut UNSW ein Rekordwert für ein Quantenbit in einem Festkörper „Das ist eine beeindruckende Leistung“, bestätigt Philip Walther vom Fachbereich Quantenoptik, Quantennanophysik & Quanteninformation an der Universität Wien im Gespräch mit der Nachrichtenagentur pressetext.
Die australische Arbeit hat nach Ansicht des Experten durchaus Potenzial, sich als wichtiger Schritt auf dem Weg zu funktionierenden Quantencomputern zu entpuppen. Denn im Fall von Silizium-Chips in der Halbleiterindustrie schon lange bewährte Fertigungsprozesse auf die Quanten-Zukunft übertragbar sein könnten. Das ist ein Vorteil gegenüber anderen Qubit-Ansätzen wie beispielsweise Ionenfallen in einer Vakuumkammer, die laut UNSW bisher als beste Qubits gelten – und jetzt Konkurrenz bekommen.
Ein Qubit ist als kleinste Informationseinheit bei einem Quatencomputer eine wesentliche Voraussetzung für deren Umsetzung. Bislang gilt als vielversprechendster Ansatz die Ionenfalle, bei der einzelne Atome in einem elektromagnetischen Feld gefangen werden. Sie ermöglicht ein sehr genaues Arbeiten mit den Qubits. „Unser Kernspin-Qubit arbeitet bei einem ähnlichen Präzisionsniveau, ist aber nicht in einer Vakuumkammer – es ist ein Silizium-Chip, der wie herkömmliche integrierte Schaltkreise verdrahtet und elektrisch betrieben werden kann“, sagt nun der UNSW-Elektrotechniker und Quantenphyisker Andrea Morello.
Eben das ist ein wichtiger Vorteil des Ansatzes, denn somit besteht die Chance, dass die langjährige Erfahrung der Silizium-basierten Halbleiter-Industrie für die Quanten-Zukunft genutzt werden kann. Denn im Prinzip nutzen die UNSW-Forscher einfach einen mit Phosphor dotierten Silizium-Chip. Der Kern eines Phosphor-Atoms dient ihnen als Qubit, das sie mithilfe von Magnetresonanz-Techniken ähnlich jenen, die bei der Magnetresonanztomografie zum Einsatz kommen, kontrollieren. So können sie Werte schreiben und lesen – und das mit höchster Genauigkeit.
„Wir haben eine Auslese-Zuverlässigkeit von 99,8 Prozent erreicht, was ein neuer Benchmark für Qubit-Genauigkeit in einem Festkörper ist“, betont Andrew Dzurak, Nanoelektronik-Professor an der UNSW. Zwar geht das Team davon aus, dass zukünftige Quantencomputer eher Elektronenspin-Qubit als „Prozessor“ nutzen werden, doch für die vergleichsweise lange stabilen Atomkern-Qubits sehen sie großes Potenzial beispielsweise als Speicher und in Logikgattern.
Im Vergleich zu anderen Festkörper-Qubits hat der Ansatz mit Phosphor-Kernen in Silizium nach Einschätzung von Walther noch aus einem weiteren Grund großes Potenzial. „Man könnte relativ viele dieser Qubits auf einem Chip unterbringen“, erklärt der Quantenphysiker. Das könnte sich auf dem Weg zu funktionierenden Quantencomputern als großer Vorteil erweisen – immerhin ist ein Qubit das Quanten-Äquivalent zum Bit beim herkömmlichen Computer, es bedarf also einer großen Zahl, um wirklich komplexe Berechnungen durchzuführen. (pte)
Be the first to comment