Recruiting-Revolution: „In fünf Jahren gibt es keine Personalberater mehr“

Wie sieht die Mitarbeitersuche von morgen aus? Müssen Personalberater bald für sich selbst auf Jobsuche gehen? Darüber diskutierten Experten beim Recruiting-Event "HR Innovation made in Austria". [...]

Ist der Personaler ein Auslaufmodell? Schon heute entscheiden immer öfters Software-Tools über den perfekten Mitarbeiter. Am Mittwochabend lud das Wiener Startup Prescreen by MercuryPuzzle zu einer Diskussion über die Zukunft des Personalwesens in die Räumlichkeiten von Microsoft Österreich. Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit von Prescreen by MercuryPuzzle, firstbird, vieconsult und Microsoft Österreich statt.

„Die Digitalisierung des Recruitings war für KMUs bis dato zu komplex und zu teuer. Nur Großunternehmen konnten sich maßgeschneiderte Systeme leisten. Der technische Fortschritt ermöglicht es aber, einfache Lösungen in der Cloud jedem ohne großen Integrationsaufwand anbieten zu können. Der digitale ‚all-in-one Recruitingshop‘ wird in den nächsten fünf Jahren Personalberater und Agenturen – ausgenommen Top-Level Headhunter – ersetzen“, prophezeit Gastgeber Nicolas Vorsteher von Precreen by MercuryPuzzle. Unternehmen wie die UniCredit Bank Austria oder die EVN setzen schon heute seine Software-Lösung im internen und externen Personalbereich erfolgreich ein.
 
Für Doris Tomanek (Vorstandsmitglied Human Ressources AT&CEE, UniCredit Bank Austria AG) ist Innovation weniger technisch als inhaltlich getrieben. „Die Software von Prescreen hilft uns in erster Linie beim internen Recruiting. Warum wir das benötigen, liegt am demographische Wandel: In den nächsten Jahren gehen 40 Prozent unserer Mitarbeiter in Pension und wir brauchen interne Mobilität. Ein großes Unternehmen kann es sich nicht leisten, eine starre HR-Abteilung zu haben.“
 
Für Sandra Micko (HR Director, Microsoft Österreich) muss HR nicht nur innovativ sondern vor allem auch immer strategisch ausgerichtet sein. „Wir forcieren das Inhouse Recruitment. Abgelehnte Kandidaten beobachten wir die nächsten Jahre weiter“, so die Microsoft-Managerin.

Ihr widersprach Mathias Hiebeler (Managing Partner Heads! Executive Consultancy): „Heute funktioniert es nicht einmal mehr, einen Kandidaten 12 Monate zu beobachten. Die Geschwindigkeit wird immer brutaler.“ Für den Headhunter steht das Personalwesen bei den Unternehmen nicht auf der Prioritätenliste. „Da sind die Quartalszwänge, gute Ergebnisse zu liefern, stärker.“ Dazu komme, dass sich Toptalente auch nicht immer für Top-HR-Positionen entscheiden. Um ein stärkeres Business Verständnis in HR-Arbeit zu integrieren, ist es für Hiebeler sinnvoll, Manager aus dem operativen Geschäft zumindest vorübergehend in HR-Verantwortungen zu bringen.  
 
Ihm stimmte der Recruiting-Coach Henrik Zaborowski zu: „Die Unternehmen haben zwar gelernt Stellenanzeigen, zu schalten, aber die richtigen Bewerber haben sich nicht gemeldet. Wenn es dann die Headhunter auch nicht geschafft haben, hat man die Schuld bei sich selbst gesucht“. Für Zaborowski passen HR und Innovation kaum zusammen. Er sieht die Zukunft des Recruitings vor allem bei den Führungskräften. „Durch die immer größere Transparenz – z.B. durch Social Media – sind Kandidaten leichter zu finden oder melden sich gleich direkt in der Chefetage.“
 
Für Christian Göttinger (Leiter Business Partner A1 Telekom Austria) muss Personalwesen innovativ sein. „Innovation bedeutet bei Microsoft etwas anderes als z.B. im Bankenbereich. HR ist aber vor allem Führungsarbeit. HR-Tools sollen helfen, Prozesse zu beschleunigen und zu verbessern.“
 
Und wie sieht für Hiebeler die Zukunft für Personalberater aus? Nicht ganz so rosig. „Personalberater auf Topebene mit profundem Verständnis für Märkte, Unternehmen und Geschäftsmodelle haben nach wie vor Zukunft. Der klassische Personalvermittler wird wegfallen.” (pi)


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