Die Registry Donuts hat erstmals ohne tatsächlichen Gerichtsbeschluss dafür gesorgt, dass mehrere Piraterie-Domains offline gegangen sind. [...]
Basis für ihre Prüfung und ihr Vorgehen waren Meldungen der Motion Picture Association of America (MPAA). Für diese ist das Vorgehen sicher ein Erfolg im unkomplizierten Antipiraterie-Kampf. Fraglich ist, ob das Beispiel Schule machen wird – und ob es das sollte.
Donuts ist ein Parade-Startup der gTLD-Liberalisierung, das mehrere hundert neue Domain-Endungen beantragt hat. Dutzende sind bereits aktiv, darunter beispielsweise .finance, .pizza, .singles und auch .movie. Im Februar wurde die Registry auch zum Parade-Antipiraten, als es ein Abkommen mit der MPAA schloss, Meldungen über Piraterie-Domains seitens der Branchenvertretung nachzugehen. Die ersten solchen Meldungen der MPAA gab es dann im März, und die drei betroffenen Domains sind mittlerweile tatsächlich offline. Denn auch Donuts war der Ansicht, dass es sich um Piraterie-Domains handelt.„Wir haben festgestellt, dass zwei der Domains identisch zu bekannten Piraterie-Webseiten waren, gegen die es Gerichtsbeschlüsse gab“, betont die Registry im Unternehmens-Blog. Die dritte habe illegalen Serien-Streams und -Downloads gedient. Man habe daher die Registrare informiert, die wiederum mit den Domain-Inhabern in Kontakt treten und diesen Gelegenheit zur Reaktion bieten sollten. Das hat offenbar nichts gebracht, denn zwei der Domains wurden von den Registraren gelöscht, gegen die dritte ging der genutzte Hosting-Provider vor. Inzwischen hat Donuts selbst in zwei weiteren Fällen Domain-Namen ausgesetzt, da man auch hier Piraterie für erwiesen hielt.
GUT ODER GEFÄHRLICH?
Aus Sicht von Rechteinhaber wie der MPAA scheint es erstrebenswert, das Vorgehen gegen Piraterie-Seiten zu erleichtern. Donuts selbst betont, dass eine MPAA-Meldung allein eine Domain nicht verschwinden lässt, da man selbst unabhängig prüfe. In einem sechsten, derzeit offenen Fall einer Serien-Streamingseite blieb die Domain daher vorerst verschont. Denn aus Sicht der Registry ist die Frage offen, ob die Seite nicht ohnehin auf Meldungen über illegale Inhalte reagieren würde. Dem muss die MPAA nun weiter nachgehen.
Selbst wenn Donuts tatsächlich objektiv zu entscheiden sucht, statt einfach MPAA-Handlanger zu werden, bleibt die Frage, ob eine Registry Content-Polizei spielen sollte. Das geht jedenfalls gegen die Haltung der obersten Domain-Verwaltung ICANN, die sich selbst definitiv nicht als solche sieht. Darüber hinaus ist die Frage, ob jede Registry, die Partnerschaften mit der MPAA oder anderen Verwertungsgesellschaften eingeht, auch verantwortungsvoll handeln würde.
NEUE PARTNER GESUCHT
Schule gemacht hat das Beispiel Donuts jedenfalls schon. Im Mai hat mit Radix eine weitere Registry, die neue Domain-Endungen verwaltet, ein ähnliches Abkommen mit der MPAA geschlossen. Letztere macht keinen Hehl daraus, dass sie gerne weitere Partner unter den Registrys finden würde. Ob sich der Trend fortsetzt und beispielsweise auch die Musikindustrie erfasst, bleibt abzuwarten.
Sowohl Donuts als auch Radix haben sich um die hart umkämpfte Endung .music beworben. Sollte eines dieser Unternehmen letztlich den Zuschlag bekommen, wäre es für die Recording Industry Association of America (RIAA) eigentlich nur logisch, ihren Antipiraterie-Kampf mit MPAA-ähnlichen Abkommen voranzutreiben. (pte)
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