Unter der Leitung des AIT Center for Technology Experience arbeiten zehn Partner aus Europa daran, älteren Menschen den Zugang zu Museen, Ausstellungen, Gemälden und Kunstwerken barrierefrei und mit neuen technologischen Ideen zu ermöglichen. [...]
Körperliche Beeinträchtigungen, eingeschränkte Mobilität oder schlechtes Sehvermögen, Aufenthalt im Altersheim oder Pflegebedürftigkeit, abgelegener Wohnort und kein Museum in der Nähe – es gibt viele Gründe, warum ältere Menschen aktuell von Kunst und Kultur praktisch ausgeschlossen sind. Gerade auch in den Wintermonaten haben viele ältere Menschen Angst, das Haus zu verlassen oder sich auf eisigen Wegen zu verletzen.
Hier setzt das Projekt BeauCoup (Building Active User Experience to Bring Culture to the People) an, das im EU-Programm “Active and Assisted Living” (AAL) gefördert wird. Älteren Menschen soll auf innovative Art und Weise und mithilfe von neuen Technologien der Zugang zu Kunst und Kultur ermöglicht werden – und zwar nicht in den Kultur-Einrichtungen vor Ort, sondern dort, wo die Menschen im Alter von 65+ leben oder sich aufhalten: Zu Hause, im Altersheim oder auch im Seniorenclub.
Die Zielgruppe ist groß: Allein in Österreich leben aktuell laut Statistik Austria 1,78 Mio. Menschen im Alter von 65 und mehr Jahren (knapp 20 Prozent der Gesamtbevölkerung). „Ihnen allen wollen wir in diesem Projekt damit eine neue Chance eröffnen, Kunst und Kultur für sich zu entdecken und ihren persönlichen, individuellen Kunstzugang zu finden“, betont Projektleiter Andreas Sackl, Forscher am AIT Center for Technology Experience.
„Anhand eines multisensorischen Ansatzes, der sich an den Bedürfnissen der Zielgruppe orientiert, sollen ältere Menschen in die Lage versetzt werden, Kultur auf eine Weise zu erleben, die ihre kognitiven Fähigkeiten und die Interaktion mit anderen Menschen zudem fördert“, unterstreicht Sackl.
Drei „Toolboxen“ für wunderbare „Art Experience“
Im Projekt BeauCoup wurden in enger Zusammenarbeit mit den künftigen Anwender:innen drei „Toolboxen“ entwickelt, die zum Teil auf Ergebnissen aus früheren Forschungsprojekten der einzelnen Partner aufbauen: „The Bag“, „The Box“ und „The Screen“. Sie bieten verschiedene Settings für barrierefreie Kunsterfahrungen bzw. wunderbare „Art Experience“.
„The Bag“: Entwickelt wurde im Projekt ein eigener speziell gestalteter „Rucksack“ mit analogen und digitalen Hilfsmitteln, der ältere Menschen dabei unterstützt, eine Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Er beinhaltet taktile Postkarten, ein Tablet mit speziellen barrierefreien Funktionen, taktile Reliefe und 3D-gedruckte Modelle.
Darüber hinaus bietet eine mobile App Inhalte auf verschiedenen Kanälen (z.B. Audiobeschreibungen oder Videos, die individuell angepasst werden können, um das Videoerlebnis für sehbehinderte Menschen zu verbessern), die Wissenswertes über Geschichte, Kunst und Kultur einer Stadt vermitteln und unterschiedliche Sinne ansprechen.
„The Box“: Diese Sammlung umfasst analoge und digitale Werkzeuge, die es ermöglichen, Kunst und Kultur zu verschiedenen Themen und an verschiedenen Orten zu erleben. Außerdem geben gemeinsame multisensorische Erfahrungen (Multisensory Experience) unter der Anleitung von Fachleuten älteren Menschen einen völlig neuen Blick auf Kunst und Kultur.
So erlaubt „The Box“ beispielsweise das Lesen vergrößerter Drucke, das Experimentieren mit Geschmack und Geruch (z.B. „Duftkarten“) sowie den Besuch virtuell kuratierter Pop-up-Ausstellungen via Tablet, die durch einen Gebärdensprache-Avatar unterstützt werden. Bestandteil von „The Box“ ist zudem ein taktiler Multimedia Guide, mit dem die Nutzer:innen interaktive, multisensorische Inhalte erleben können.
„The Screen“: Eine spezielle Tablet-App eröffnet die Möglichkeit, aus der Ferne an Themenführungen zu ausgewählten Orten und Sehenswürdigkeiten teilzunehmen. Die App verfügt über eine barrierefreie und intuitive Benutzeroberfläche, mit der die Zielgruppe 65+ virtuell an einer interaktiven Führung teilnehmen kann. Dabei ist die Kommunikation mit dem Tourguide ebenso möglich wie ein angeregter Austausch mit anderen Personen.
Start für Evaluierung im März
Mit diesen drei „Toolboxen“ starten im März eine umfangreiche Studie unter Beteiligung älterer Menschen, um die Brauchbarkeit und praktische Einsetzbarkeit zu überprüfen. Etwa 200 Personen werden europaweit daran teilnehmen. „Es geht uns darum, mit den älteren Menschen gemeinsam zu untersuchen, wie und ob diese neuartige Kunst-Erfahrung in der Praxis funktioniert. Wir wollen den Senior:innen mithilfe neuer analoger und digitaler Technologien Freude und Spaß an der Kunst vermitteln“, sagt Andreas Sackl. Konkret finden die Tests bei den Projektpartnern vor Ort sowie in Museen und Pensionistenwohnheimen in Europa statt.
Altersverteilung Statistik Austria:
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