Ressourcenmanagement in Bezug auf Mitarbeiter ist für Unternehmen insbesondere in Krisenzeiten sehr nützlich - wenn die Voraussetzungen stimmen. Lesen Sie, wie das geht. [...]
Immer mehr Anforderungen und Projekte, neue Geschäftsmodelle und nicht zuletzt neue Mitarbeitergeneration(en) fordern immer mehr Agilität im Business. Wandel ist Normalität – und wird es auch bleiben. Und Krisen wie COVID-19 wirken zusätzlich als Beschleuniger. Daher werden Flexibilität und Aktion statt Reaktion wichtiger denn je – in jeglicher Hinsicht.
In diesem Kontext mutierte ganzheitliche Transparenz in Sachen Ressourcen quasi in Sekundenschnelle von der überflüssigen Bürokratie zum Wettbewerbsvorteil für jedes Unternehmen. Denn Ressourcen und Skills sind limitiert und im wahren Leben zunehmend die kritische Größe bei der Umsetzung von Veränderungen. Umso wichtiger ist für Unternehmen ein leistungsstarkes Ressourcenmanagement.
Ressourcenmanagement – was ist das eigentlich?
Der Begriffe „Ressource“ ist vielschichtig. Dieser Artikel konzentriert sich auf die Ressource „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ in Unternehmen und die Frage: Kann das Unternehmen die geplante Aufgabe oder das anstehende Projekt wirklich zum Zieltermin umsetzen und stehen dazu die benötigten Mitarbeiterressourcen mit den passenden Skills zum Zeitpunkt X zur Verfügung?
Diese zentrale Frage wird in vielen Unternehmen mit Vermutungen oder auch diffusen Bauchgefühl-geprägten Aussagen beantwortet. Blindflug und Aussagen wie „Hat ja immer irgendwie geklappt“ sind weit verbreitet. Projekte werden daraufhin einfach gestartet und versanden dann gern aufgrund der nicht verfügbaren Mitarbeiterressourcen. Belastbare Zahlen als Antwort auf diese Frage sind dagegen Mangelware. Dabei sind genau diese im Sinn einer strategischen und ergebnisorientierten Unternehmensausrichtung erfolgsrelevant, zumal Projekte nach wie vor zu häufig an nicht verfügbaren Mitarbeiterressourcen scheitern, Kunden mit X Terminverschiebungen umgehen müssen und Mitarbeiter (vor allem Engpassressourcen) unter Dauerüberlast stehen.
Ressourcenmanagement allokiert alle verfügbaren Ressourcen und Skills im bestmöglichen Maß (Top-Down und Bottom-Up) und ermöglicht eine dynamische und zukunftsorientierte Planung aktueller und zukünftiger Bedarfe in Hinblick auf Mitarbeiter und Skills. Ressourcenmanagement steht in enger Verbindung zum Projektportfoliomanagement, ist eine Weiterentwicklung dessen und wird in der Konsequenz häufig auch als Ressourcen-Portfoliomanagement bezeichnet. Um Blindflug und diffuse Aussagen, wiederkehrende Terminverschiebungen und unzufriedene Kunden sowie überlastete – oder erst gar nicht vorhandene – Mitarbeiter hinter sich lassen zu können, ist im Zusammenhang mit Ressourcenmanagement vor allem ein Begriff zentral: Transparenz.
In diesem Sinn rückt die Unternehmensstrategie wieder in den Fokus und kann in ihren einzelnen Dimensionen mit Ressourcen ausgestattet und auch priorisiert werden – statt angesichts der nicht verfügbaren Ressourcen zum Papiertiger zu verkommen. Transparenz hinsichtlich der Ressourcen wirkt unmittelbar auf das Tempo, schafft Handlungsspielraum für direkte, zeitnahe Veränderungen und somit Raum für Flexibilität. Anforderungen, die gerade angesichts der Corona-Krise in besonderem Maße erforderlich waren und Unternehmen, die entsprechend agieren konnten, einen Wettbewerbsvorteil verschafft haben. Expertise im Ressourcenmanagement gepaart mit einer mittel- und langfristigen Planung ermöglicht zudem klare, zukunftsgerichtete Aussagen zu Ressourcenengpässen und -überhängen. So können frühzeitig notwendige Ressourcen und Skills eingekauft oder auch umpositioniert werden. Ressourcenmanagement ist somit ein unabdingbares unternehmerisches Planungs- und Steuerungsinstrument.
Für das aktuelle Projektgeschäft bedeutet das: Ressourcentransparenz bietet eine Basis für bessere Terminplanungen und -zusagen gegenüber internen und externen Kunden. Das allein wirkt positiv auf die Kundenbeziehung und -zufriedenheit. Und nicht zuletzt auch auf die Mitarbeiterzufriedenheit. Denn welcher Mitarbeiter ist z. B. gern regelmäßig der Überbringer der schlechten Nachricht einer Terminverschiebung? Zudem werden Überlastungen und auch unzureichende Auslastungen transparent und können ausgeglichen werden. Was wiederum auf die Außendarstellung und -wirkung des Unternehmens einzahlt. In Zeiten des „Kampfes um die richtigen Köpfe“, gerade auch der jüngeren Mitarbeitergeneration, und zunehmendem Wettbewerbsdruck bekommen genau die eben genannten Aspekte zunehmend Relevanz.
Ressourcenmanagement – Theorie trifft Praxis
Also eigentlich alles klar – und jedes Unternehmen müsste direkt die Ärmel hochkrempeln und ein Ressourcenmanagement einführen. Oder? Die Realität sieht anders aus. Mittlerweile gibt es zahlreiche Erfahrungen aus Unternehmen und zudem einige Studien, die folgendes Bild zeichnen:
- Ja, der Nutzen eines Ressourcenmanagements im Unternehmen scheint verstanden.
- Ja, die zunehmende Bedeutung ist Entscheidern bewusst. Aber:
- Aktuell steht dieses Thema nicht im Fokus.
Vielmehr werden nach wie vor Ressourcen auf Zuruf, per Mail oder im Rahmen der Verhandlung mit der Führungskraft verteilt. Qualität des persönlichen Kontaktes oder des Netzwerkes statt zentrale, zahlenbasierte Entscheidung. Und das passiert immer wieder, auch auf das Risiko hin, dass bereits laufende Projekte nicht mehr in dem notwendigen Maß mit Ressourcen ausgestattet werden – und die oben benannten Folgen für Mitarbeiter und Kunden eintreten. Auf der anderen Seite bleiben strategische Vorhaben entweder komplett unberücksichtigt oder sie rücken so weit in den Fokus, dass sie alle anderen, möglicherweise auch relevanten Projekte verdrängen.
Als Gründe für dieses Vorgehen muss zumeist die in Augen der Unternehmen erforderliche Bürokratie herhalten – „Dafür haben wir keine Zeit“ oder „Zu viel Aufwand für zu wenig Nutzen“. Wenngleich in Konzernen diese Argumente auf dem Rückzug sind und Ressourcenmanagement sich mittlerweile in unterschiedlichen Ausprägungen häufiger findet, hört man diese Worte noch sehr oft bei Mittelständlern. Also von Unternehmen, die unbedingt und nachhaltig von einem wirksamen Ressourcenmanagement profitieren würden und deren Flexibilität ein Qualitätskriterium sein sollte. Zumal gerade Mittelständler, die in weniger exponierten geographischen Regionen angesiedelt sind, für Mitarbeiter attraktiver denn je sein müssen – und Ressourcenmanagement nachgewiesenermaßen auf die Mitarbeiterzufriedenheit wirkt und somit ein Instrument auf dieser Klaviatur ist.
Grundsätzlich sollte Ressourcenmanagement auf drei Ebenen stattfinden, die sich wechselseitig bedingen und vor allem gemeinsam den angestrebten Nutzen realisieren:
- Das strategische Ressourcenmanagement schafft den Rahmen und die Vorgaben und bildet auch die zukunftsorientierte Komponente zu HR-Planung ab.
- Das operative Ressourcenmanagement sorgt dafür, dass die strategischen Ziele in dem gesetzten Rahmen umgesetzt werden – kontinuierlich und konsequent. Diese mechanisch klingende Tätigkeit macht letztlich im Tagesgeschäft den Unterschied, denn: Wie gelingt es angesichts sich kontinuierlich verändernder Rahmendaten, auftretende Ressourcen-Unterdeckungen oder -Überlasten (ja, die gibt es) im Sinn der Zielerreichung zu schließen bzw. abzufedern – und das in agilen, klassischen und hybriden Umgebungen?
- Diese Anforderung braucht einen entsprechende Unternehmenskultur, die eine solche Flexibilität nicht nur zulässt, sondern unterstützt – bei allen im Unternehmen Beschäftigten, vom Mitarbeiter bis in die Geschäftsführung. Das kulturelle Ressourcenmanagement setzt hier an und vermittelt unter anderem die Sinnhaftigkeit, den Nutzen und Perspektive des Ressourcenmanagements ins Unternehmen.
Ressourcenmanagement – Weg zur Nachhaltigkeit
Die Einführung eines Ressourcenmanagements ist keine Raketenwissenschaft, wird jedoch häufig unterschätzt. Denn der Begriff „Ressource“ meint Menschen – und die gilt es einzubinden und mitzunehmen, wenn das Ressourcenmanagement nachhaltig wirksam etabliert werden soll. Ein weiterer wichtiger Punkt: Es muss zum Unternehmen und dessen Anforderungen und Kultur passen. Ein Softwareunternehmen mit 80 Mitarbeitern hat komplett andere Anforderungen und Rahmendaten als ein international agierendes Familienunternehmen der produzierenden Branche mit 3.000 Mitarbeitern.
Aus diesem Grund ist im ersten Schritt zu klären, welche Zielstellung letztlich verfolgt werden soll. Bei dieser Klärung ist üblicherweise noch einmal das Verständnis für ein wirksames Ressourcenmanagement bei allen Beteiligten zu schärfen – und auch der „Preis“ der Transparenz zu klären. Zudem werden grundlegende Festlegungen über das Ressourcenmanagement getroffen – zum Beispiel:
- Soll es im ganzen Unternehmen oder nur in ausgewählten Bereichen, z.B. den Engpass-Bereichen, eingeführt werden?
- Soll es einen Stufenplan geben?
- Wie granular soll der Aufbau sein?
Wenn diese Grundlagenarbeit geleistet ist, startet die Implementierung. Dazu empfiehlt es sich immer, ein Projekt aufzusetzen, das mit zentralen Entscheidern und Mitarbeitern, HR und Projektmanagement – und unbedingt auch dem Betriebsrat besetzt ist. Die notwendigen Umsetzungsmaßnahmen können parallel auf allen drei Ebenen des Ressourcenmanagements realisiert werden. Erfolgsrelevant ist, dass die Maßnahmen sauber beplant und sinnvoll miteinander verzahnt sind – und alle notwendigen Beteiligten einbezogen sind.
Auf der strategischen Ebene ist die Zielsetzung und der Rahmen zu klären sowie eine Priorisierung auf Basis definierter Kennzahlen vorzunehmen. Und zwar eine Priorisierung der Strategie in den unterschiedlichen Dimensionen, Zielen und den notwendigen Umsetzungsprojekten. Ein weiterer Aspekt dieser strategischen Ebene ist die zukünftige Skill-Strategie auf Basis der erstellten Prognosen. Also die Frage nach der Entwicklung vorhandener Mitarbeiter oder auch nach dem Outsourcing notwendiger Skills. Diese Entscheidungen, die zumeist auch unterschiedliche Szenarien in ihren Vorgaben und Konsequenzen abbilden, werden auf Geschäftsführungsebene getroffen.
Auf der operativen Ebene erfolgt dann die konkrete Umsetzung wie zum Beispiel die Fixierung der Rollen, die Identifikation der Skill-Gruppen und Definition der Prozesse wie auch der kontinuierliche und konsequente Soll-Ist-Abgleich der Ressourcen und Skills – sowie auch die Erstellung von Szenarien und Zukunfts-Prognosen.
Die Vermittlung des Nutzens und der Perspektive, die Information und Einbindung aller Beteiligten – das sind die zentralen, regelmäßig zu bespielenden Aufgabenbereiche des kulturellen Ressourcenmanagements.
Ressourcenmanagement und Tools, das ist eine Verbindung, die in Unternehmen immer wieder und zumeist zuallererst erstellt wird. Ja, Ressourcenmanagement braucht ein Tool, allerdings ist diese Verbindung keinesfalls so zwingend, dass sie vor allen anderen beantwortet werden muss bzw. ein fehlendes Tool sogar zum Killerargument für alle anderen Anforderungen und To-Dos in diesem Kontext wird.
Wichtiger als die Tool-Frage ist immer das ganzheitliche Verständnis und die Belastbarkeit der Informationen, mit denen das Tool bespeist wird. Was nützt das schönste Tool, wenn statt wahrer Verfügbarkeiten unrealistische enthalten sind? Somit kann in kleineren Unternehmen oder auch für einzelne Bereiche ein Start durchaus auch erst einmal mit einem einfachen Werkzeug oder gar in Excel erfolgen – und die Tool-Auswahl auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
Ressourcenmanagement – Erfolgsfaktoren
Kapazitäten und Skills sind begrenzt, die Anforderungen dagegen werden immer mehr und verändern sich immer schneller. Kapazitäten und Skills werden insofern zunehmend zum limitierenden Faktor in der Umsetzung der Unternehmensstrategie. Eine fehlende Transparenz zu Ressourcen verlangsamt die Reaktionsgeschwindigkeit von Unternehmen – was sich insbesondere in Zeiten von Krisen zeigt.
Ein leistungsfähiges Ressourcenmanagement verschafft Unternehmen Flexibilität und damit letztlich Wettbewerbsvorteile. In Zeiten zunehmender Agilität im Business darf ein Ressourcenmanagement keine Frage des OB, sondern vielmehr des WIE sein. Und hier genau trennt sich die Spreu vom Weizen. Ein Ressourcenmanagement ist nur so gut, wie es von allen im Unternehmen Beschäftigten gelebt und mit Informationen gespeist wird. Insofern muss ein Ressourcenmanagement passgenau auf ein Unternehmen, seine Anforderungen und Kultur zugeschnitten sein.
Als Erfolgsfaktoren für das WIE eines wirksamen Ressourcenmanagements haben sich vor allem die folgenden Faktoren erwiesen:
- Die Unterstützung des Projektes durch das Top-Management ist zwingend, genau wie das Vorleben der Anforderungen. Denn gerade die als Ergebnis erzielte Transparenz ist ein Aspekt, der von vielen Führungskräften anfangs kritisch gesehen wird.
- Die Einführung eines Ressourcenmanagements verlangt von vielen Mitarbeitern wie Führungskräften eine Veränderung in der Denkweise – und somit letztlich einen Kulturwandel. Insofern ist eine Klärung der Erwartungen und Ergebnisse sowie die kontinuierliche Einbindung der Beteiligten zwingend.
- Die Rolle des Betriebsrates wird in Hinblick auf die Einführung eines Ressourcenmanagements zumeist als kritische Größe gesehen, stellt sich jedoch zumeist als unberechtigt heraus. Schließlich unterstützt ein Ressourcenmanagement die Interessen des Betriebsrates, die Mitarbeiter zu schützen. Auch hier ist die frühestmögliche Einbindung unbedingt erforderlich.
- Das Maß der Bürokratie eines Ressourcenmanagements – oder auch die Detaillierung und Granularität der Ressourcenerfassung und -planung. Hier gilt: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Und das ist durchaus von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, orientiert sich immer an den gesetzten Zielen und Ergebnissen.
- Und last, but not least:Ein pragmatisches Herangehen an die Konzeption und Implementierung eines Ressourcenmanagements und die Akzeptanz einer gewissen Unschärfe hilft.
Ressourcenmanagement ist eine unternehmensrelevante Managementdisziplin. Sie verschafft Vorsprung. Und die drei Dimensionen des strategischen, operativen und kulturellen Ressourcenmanagements sind keine Hexerei. Eine Einführung „mal eben so“ oder auch „in 30 Tagen“ ist jedoch unsolide und wird keine strategisch relevanten und nachhaltig wirksamen Ergebnisse liefern.
*Sabine Dietrich ist Management-Beraterin für Multiprojektmanagement, Projektmanagement, Führungskräfte-Entwicklung sowie Autorin. Im Jahr 2009 gründete sie ihr eigenes Beratungsunternehmen.
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