Klassische Telekommunikationsunternehmen müssen sich auf die Verarbeitung und Kommerzialisierung enormer Datenmengen konzentrieren. Zu diesem Schluss kommt das Unternehmen Atos Consulting. Der Schwerpunkt neuer Umsatzmodelle werde demnach auf Daten, besserem Kundenservice, überzeugender Markenentwicklung sowie auf Transparenz, Sicherheit und Datenschutz liegen. [...]
Die Zahl der Fusionen in der Technologie-, Medien und Telekommunikationsbranche (TMT) im ersten Quartal 2013 war weltweit so hoch wie während der Dotcom-Blase im Jahr 2000. Das Ziel: Skaleneffekte und eine radikale Integration entlang der Wertschöpfungskette. Die explosive Zunahme in der Nutzung sozialer Medien unterstreicht die Bereitschaft von Verbrauchern, ihre persönlichen Daten zur kommerziellen Verwendung freizugeben. So entstehen riesige Datenunternehmen oder Medienzentren. Atos Consulting zeichnet in der Studie „Balancing power in the telecom value chain“ vier Szenarien zur zukünftigen strategischen Ausrichtung von TMT-Unternehmen. Sie basieren auf zwei Kernprinzipien: Der Integration entlang der Wertschöpfungskette und der Kontrolle bei der Erfassung und Verwendung personenbezogener Daten.
Szenario I: Kampf der Titanen
Die Globalisierung zwingt Unternehmen zur Zusammenarbeit durch vertikale Integration entlang der Wertschöpfungskette. Gleichzeitig schützt der Gesetzgeber die Privatsphäre von Kunden durch gezielte Vorschriften. Das erschwert das Wachstum der Datenwirtschaft und Innovationen. Die Grenzen zwischen der Telekommunikations-, Medien-, Software- und Hardwarebranche verschwimmen. Es entsteht ein singulärer, allumfassender internationaler Markt für die Bereitstellung von Inhalten und Diensten im Unterhaltungssektor. Die vertikalen Wertschöpfungsketten erleichtern die Bereitstellung einheitlicher Services für Kunden. Diese zögern jedoch, ihre Daten für die Verarbeitung, Analyse und Generierung personalisierter Inhalte freizugeben. Anbieter können das Vertrauen der Kunden nur durch einen starken Markenauftritt und als loyale Partner gewinnen. Im Kampf zwischen internationalen Anbietern entscheidet die Unternehmensgröße.
Szenario II: Digitale Währung
Daten sind die neue Währung in einer weithin digitalisierten und globalisierten Welt. Der freie Zugang zu Daten – mittels Data Mining und Datenanalysen – bietet in Kombination mit weitreichender Marktintegration ein enormes wirtschaftliches Potenzial für Medienzentren. Das sind Unternehmen mit einem klaren Verständnis für Kundenwünsche und ganzheitlichen, maßgeschneiderten Kommunikations- und Medienservices. Die Marktteilnehmer sind vertikal integriert. Das Ergebnis ist ein umkämpfter Markt mit Vertretern aus den Inhalts-, Telekommunikations- sowie Hardware- und Softwarebranchen. Da mehr und mehr Menschen über digitale Netzwerke verbunden sind, wächst auch die Zahl der vernetzten Geräte. Bürger fungieren als Datenbotschafter und akzeptieren die kommerzielle Verwendung ihrer Daten als Preis für die kostenlose Nutzung von Diensten. Damit ist der Weg frei für eine digitale Welt, in der zu jeder Person ein detailliertes Profil abrufbar ist. Anbieter heben sich voneinander ab, indem sie Kunden besondere Dienste und Optionen bieten und so ihren Markenwert steigern.
Szenario III: Chinesische Mauern
Nischenunternehmen etablieren sich in spezifischen Bereichen der Wertschöpfungskette. Sie unterliegen strengen Vorschriften und umfassenden Kontrollen durch die Regierung. Der physische Speicherort von Daten ist durch Unterschiede in der lokalen Rechtsprechung von besonderer Bedeutung. Aufgrund der kommerziellen Verwendung ihrer Daten zögern Kunden, diese zu speichern und weiterzugeben. Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität sind wesentliche Alleinstellungsmerkmale von Anbietern. Die Wertschöpfungskette ist stark fragmentiert. In einem heftig umkämpften Wettbewerb spezialisiert sich jedes Unternehmen auf ein Marktsegment.
Szenario IV: Die Welt der Zwischenhändler
Durch den fragmentierten internationalen Markt und das kommerzielle Potenzial von Daten etablieren sich neue Zwischenhändler. Sie aggregieren und verteilen Inhalte. Ihre Stärke liegt in einem differenzierten Sortiment aus Produkten und Services entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Diese bieten sie gebündelt auf einer Plattform mit zentralem Kontaktpunkt an. Durch die enorme Fragmentierung ist es für Kunden schwierig, aus der Vielzahl an Optionen zu wählen. Diese Chance nutzen Unternehmen, die als Zwischenhändler diese Services effizient bündeln und die Komplexität verringern. Klassische Telekommunikationsanbieter sind in diesem Szenario nur erfolgreich, wenn sie die Anforderungen ihrer Kunden besser verstehen. Sie müssen personenbezogene Daten verarbeiten und analysieren und durch effizientes Lieferantenmanagement den schnellen und flexiblen Erwerb von Services ermöglichen.
„Entscheidend ist, ob der Markt sich weiter integriert oder aufgrund der Spezialisierung von Anbietern fragmentiert. Momentan beobachten wir einen Trend hin zur stärkeren Reintegration. Amazon beispielsweise verkauft sowohl Tablets als auch Inhalte, Google testet ein eigenes Glasfasernetz und Apple stärkt die Kundenbindung direkt via Apple TV. Als Nächstes stellt sich die Frage, welche Einstellung Verbraucher und Regierungen hinsichtlich der kommerziellen Verwendung personenbezogener Daten entwickeln“, sagt Michel van Buitenen, Managing Partner TMT bei Atos Consulting, und weiter: „Eines ist klar: Daten spielen eine zunehmend wichtige Rolle in neuen Geschäftsmodellen. Unternehmen erkennen das Potenzial, das sich durch die clevere Nutzung dieser Daten für den Verkauf personalisierter Inhalte ergibt. Aufstrebende Softwareanbieter und Unternehmen spezialisieren sich bereits jetzt auf die Echtzeit- Datenanalyse und den Handel mit personenbezogenen Daten. Die entscheidende Frage lautet jedoch: Sind die eher klassisch orientierten Unternehmen der TMT-Branche diesen riesigen Datenmengen und neuen Entwicklungen gewachsen?“
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