Beigebrachtes "Gefühl" für wirkende Kräfte macht Vorgang sicher. [...]
Ein Roboter am Georgia Institute of Technology (Georgia Tech) hat gelernt, Menschen mit der nötigen Vorsicht den Ärmel eines Spitalshemds überzustreifen. Die Maschine achtet dabei auf die Kräfte, die während das Vorgangs wirken. Das verhindert ein potenziell gefährlich festes Ziehen, wenn sich der Ärmel beispielsweise unglücklich an der Hand verfängt. Das Ärmelüberstreifen ist damit ein kleiner, aber wichtiger Schritt auf dem Weg zu Pflegerobotern, die Patienten ganz allgemein beim Anziehen helfen können.
Nur nicht an Gelenken zerren
Wenn Roboter in Zukunft vermehrt Pflegeaufgaben übernehmen sollen, müssen sie auch Menschen helfen, die wegen Verletzungen, Erkrankungen oder hohem Alter Probleme beim Anziehen haben. Doch das will gelernt sein. „Menschen lernen durch Versuch und Irrtum“, meint der Robotik-Doktorand Zackory Erickson. Eben das wollte das Team auch dem Roboter, einem PR2 von Willow Garage, ermöglichen. Wirklich an Menschen herumzuprobieren kam allerdings nicht infrage, denn würde der Roboter stur an einem Ärmel zerren, der sich unglücklich an Hand oder Ellbogen verfangen hat, könnte er eine Person dadurch verletzen.
Das Team hat den PR2 daher aus annähernd 11.000 simulierten Beispielen des Ärmelanziehens lernen lassen. Manche davon verliefen praktisch reibungslos, bei anderen jedoch haben in der Simulation gefährliche Kräfte auf den Arm gewirkt. „An nur einem Tag hat der Roboter mit den Simulationen gelernt, was eine Person beim Anziehen fühlen mag“, sagt Erickson. Der Roboter kann abschätzen, ob eine Bewegung dazu führen würde, dass der Ärmel unnötig straff wird und am Körper zerrt oder ob die Kleidung eher sanft den Arm entlanggleitet. So kann der PR2 darauf achten, dass sich das Anziehen für eine Person möglichst komfortabel anfühlt.
Gut gefühlt ist halb gewonnen
Möglich wird das, da der Roboter sich beim Anziehen nicht auf optisches Sehen verlässt, sondern praktisch per Tastsinn fühlt, wie seine Bewegungen auf einen Menschen wirken. Dabei denkt er auch immer voraus, so Charlie Kemp, Professor im Fachbereich Biomedizintechnik des Georgia Tech. „Er fragt sich: ‚Wenn ich so am Hemd ziehe, wird das mehr oder weniger Kraft auf den Arm der Person ausüben? Was wäre, wenn ich es stattdessen so mache?'“ Dabei lässt das Team den Roboter bis zu einem Fünftel einer Sekunde vorausplanen, da er ansonst mehr Fehler macht.
Die aktuelle Arbeit ist freilich nur ein erster kleiner Schritt auf dem Weg zu sicheren Anzieh-Robotern. Denn der Pr2 braucht etwa zehn Sekunden, um den Ärmel über einen Arm zu ziehen. Mehr kann er noch nicht. Für praktische Anwendungen sollte ein Roboter zumindest Patienten im Hospital ein Spitalshemd komplett anziehen können. Für den Bereich der Altenpflege wäre es indes wünschenswert, wenn Roboter Menschen wirklich komplett ausgehfertig anziehen könnten. Die Arbeit daran dürfte noch eine Weile dauern.
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