Vor nunmehr fünf Jahren stellte die EU per Verordnung klar, dass Endverbraucher das Recht haben frei zu entscheiden, welches Endgerät sie an ihrem Internetanschluss nutzen. Dennoch ist die freie Wahl des Breitband-Routers in Österreich noch nicht selbstverständlich. Für viele Kabel-Nutzer ist das gerade während der Corona-Krise von Nachteil. Immerhin: Einige Provider haben ihr Portfolio um Premium-Produkte erweitert. [...]
In Deutschland können Endverbraucher bereits seit 2016 das Endgerät ihrer Wahl am Internetanschluss nutzen. Seitdem gilt ein neues TK-Endgerätegesetz, welches klarstellt, dass das öffentliche Telekommunikationsnetz an der Anschlussdose an der Wand endet. Damit ist das Endgerät wie der heimische Router eindeutig nicht Teil des Providernetzwerks – und somit auch rechtlich vor dem Zugriff seitens des Anbieters geschützt. Vor allem aber kann jeder Kunde genau das Produkt einsetzen, das am besten seine jeweiligen Bedürfnisse abdeckt.
In Österreich ist ein vergleichbares Gesetz dagegen weiterhin nicht in Sicht. Die EU-Verordnung (2015/2120) wird stattdessen im Sinne der Provider so ausgelegt, dass das Modem trotzdem weiterhin Teil des Providernetzwerks ist. Für Kabel-Endkunden bedeutet dies: Wollen sie tatsächlich den Router ihrer Wahl nutzen, sind sie auf das Gutdünken ihres Providers angewiesen. Ansonsten bleibt nur die Alternative, zwei Geräte zu betreiben und mit Strom zu versorgen: das Modem des Providers und dahinter der bevorzugte Router, obwohl dieser eigentlich beide Aufgaben übernehmen könnte. Dieser Umweg führt zu höherem Energieverbrauch, schadet letztlich der Umwelt und ist zudem dennoch weiterhin einschränkend für den Kunden, da so nicht alle Funktionen und Features des zweiten Geräts uneingeschränkt genutzt werden können.
Ist der Router per gesetzliche Definition Teil des privaten und nicht des öffentlichen Netzwerks, ist zudem die Privatsphäre des Anwenders besser geschützt. Schließlich laufen quasi alle Informationen im heimischen Netzwerk über den Router, inklusive aller Daten, die zwischen dem PC, Drucker und NAS-Laufwerk ausgetauscht werden. Darüber hinaus kann man als Kunde bei Bedarf selbst entsprechende Sicherheits-Updates der Geräte-Hersteller durchführen und muss nicht darauf warten, bis der Provider reagiert. Denn das kann erfahrungsgemäß länger dauern – auch, weil die Provider mitunter Updates für Hundertausende von Nutzern durchführen müssen. Als Endkunde kann man so nur hoffen, dass der Anbieter schnell reagiert und man als einer der ersten die aktualisierte Software nutzen kann. Auch der Wechsel des Anbieters würde mit der Routerfreiheit deutlich einfacher, da man einfach das eigene Endgerät weiterhin nutzen kann – und damit auch viele der individuellen Einstellungen.
Corona-Krise verschärft das Problem für viele Anwender
Vor allem bei Providern, die keine große Auswahl und oft auch keine Premium-Produkte anbieten, führt die schwammige Gesetzeslage in Österreich während der Corona-Krise für die Kunden zu mitunter weitreichenden Problemen. Denn noch nie war das heimische Netzwerk wichtiger als heute. In Hundertausenden von Haushalten wird nunmehr zumindest teilweise aus dem Home Office gearbeitet. Video-Calls, stabile und sichere Fernzugriffe und bestimmte Netzwerkfunktionen sind jedoch nur mit Premium-Routern möglich. Dasselbe gilt für zahlreiche private Anwendungen wie Streaming-Dienste und Online-Spiele sowie Home Schooling – vor allem dann, wenn mehrere Familienmitglieder gleichzeitig auf das Internet zugreifen.
RTR stellt sich auf die Seite der Provider
Immerhin: Einige Provider achten in den letzten Jahren stärker darauf, was ihre Kunden benötigen, und bieten mittlerweile eine größere Auswahl an Endgeräten an. „Das ist prinzipiell eine erfreuliche Entwicklung“, sagt Dipl.-Ing. Dieter Fischer von Telefonbau Arthur Schwabe. „Dennoch ist die Wahl für die Kunden weiterhin auf das eingeschränkt, was der Provider anbietet. Und das deckt sich längst nicht immer mit dem, was der Kunde nutzen würde, wenn er denn tatsächlich die freie Wahl hätte“, so Fischer. Hinzu kommt, dass die Kunden bei einer echten Routerfreiheit mitunter viel Geld sparen könnten, da die Preise für ein und dasselbe Produkt im freien Handel mitunter stark schwanken. Legt der Provider das Produkt fest, ist damit auch ein vom Provider festgelegter Preis verbunden.
Vor allem die Kabel-Anbieter argumentieren hingegen, dass sie beim Einsatz von Fremdgeräten nicht garantieren könnten, dass die angebotenen Dienstleistungen einwandfrei funktionierten. Unterstützung erhalten sie dabei von der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH. „Ein privat gekauftes Modem beziehungsweise ein privat gekaufter Router wird häufig – auch bei Kabelnetzanschlüssen – nicht über die für eine einwandfreie Dienste-Qualität erforderlichen betreiberspezifischen Einstellungen verfügen“, sagt Dr. Klaus M. Steinmaurer, Geschäftsführer der RTR-GmbH für den Fachbereich Telekommunikation und Post Telekom-Regulator.
Der Netzbetreiber sei derzeit zudem nicht verpflichtet, der Nutzerin beziehungsweise dem Nutzer des Fremdgerätes die Zugangscodes der entsprechenden Zertifikate zur Verfügung zu stellen. „Eine rechtliche Neuregelung in Bezug auf diese Thematik ist in Österreich derzeit vom Gesetzgeber in Arbeit“, erklärt Steinmauer. Dabei sei es angedacht, der Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Festlegung des Netzabschlusspunktes zu übertragen. „Die genauen Details sind dazu aber noch offen“, betont Steinmauer.
Eine Routerfreiheit wie in Deutschland ist offenbar in weiter Ferne.
LTE-/5G-Router könnten die Wende bringen
Im Sinne der Verbraucher wäre eine neue, verbraucherfreundliche Lösung wie in Deutschland allerdings begrüßenswert. Mit der wachsenden Auswahl an Alternativen könnte es allerdings bald auch für Kabelanbieter sinnvoll werden, sich nicht länger gegen eine echte Routerfreiheit zu wehren. Denn mit den neusten LTE- und 5G-basierten Routern lässt sich bereits ein stabiles und verlässliches Heimnetzwerk einrichten. Einige Modelle lassen sich dabei auch an einem DSL-Anschluss nutzen für den Fall, dass die Mobilfunkverbindung einmal wackelt. Und bei LTE/5G sowie DSL können Kunden frei entscheiden, welches Gerät am besten zu ihren Bedürfnissen passt. Womöglich schaden sich allzu strikte Kabel-Anbieter mittel- und langfristig somit selbst.
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