RTR entscheidet sich für Stillstand

Glasfaser-Internet ist ein wichtiger Gradmesser dafür, wie gut ein Land auf die Zukunft vorbereitet ist. Österreich gehört hier zu den Schlusslichtern in der EU. [...]

Bei der Routerfreiheit steht die Ampel derzeit auf rot. (C) Unsplash
Bei der Routerfreiheit steht die Ampel derzeit auf rot. (C) Unsplash

Und selbst dort, wo schnelles Breitband-Internet angeboten wird, verhindern die Anbieter den Einsatz eigener Endgeräte. Die RTR könnte dies seit zwei Jahre per Verordnung unterbinden. Stattdessen hat sich die Regulierungsbehörde nun dazu entscheiden, nichts zu tun – zur Freude der Provider.

In den meisten Haushalten sind die Ansprüche ans Internet in den letzten Jahren stark gestiegen. Denn für einen Großteil aller Österreicher ist das Streamen von Filmen, das Versenden größerer Dateien sowie das Arbeiten aus dem Homeoffice längst zum Alltag geworden. Damit Anwendungen und Dienste wie Netflix, Online-Spiele und Video-Calls zuverlässig funktionieren, muss sowohl der Internetanschluss als auch der eingesetzte Router den hohen Anforderungen entsprechen. Vielerorts lassen sich diese Voraussetzungen jedoch weiterhin nicht erfüllen. Teils fehlt es an Breitbandanschlüssen, teils weigern sich die Provider, dass Kunden ihre eigenen Modemrouter einsetzen. Und so hinkt Österreich vielen anderen Ländern beim Breitbandinternet weiter hinterher.  

Glasfaser-Internet gilt als wichtiger Gradmesser dafür, wie gut ein Land auf die digitale Zukunft vorbereitet ist. Ein Blick auf andere Länder zeigt, dass Österreich von nahezu allen EU-Mitgliedsstaaten abgehängt wurde. Lediglich 1,6 Prozent aller stationären Internet-Breitbandanschlüsse in Österreich nutzen Glasfaser bis ins Haus (FTTH). Mit Griechenland, Irland und Belgien haben nur drei EU-Länder eine geringere direkte Netzabdeckung. In der Slowakei liegt der Anteil an FTTH-Anschlüssen derweil bei 26,8 Prozent.

Provider können entscheiden, welche Geräte ihre Kunden nutzen

Doch selbst wenn man zu den wenigen Kunden gehört, die auf Glasfaseranschlüsse in ihrem Haus zugreifen können, hat man als Österreicher ein Problem. Denn anders als in anderen EU-Ländern wie Deutschland, den Niederlanden und neuerdings auch Belgien können in Österreich die Internet-Provider darüber entscheiden, ob man als Kunde einen eigenen Router direkt am Internetanschluss betreiben darf. Vor allem die Anbieter von Glasfaser- und Kabel-Internet erlauben dies jedoch in der Regel nicht, sodass man als Kunden mit dem Gerät des Providers Vorlieb nehmen muss. Man kann auch das eigene Wunschgerät hinter dem Modem des Providers betreiben, muss dann allerdings für zwei Geräte bezahlen – bei der Anschaffung und beim Betrieb. Somit fällt nicht nur eine unnötig hohe Stromrechnung aufgrund des doppelten Energieverbrauchs an, sondern auch die doppelte Menge an Rohmaterial und letztlich Elektroschrott. Diese Option ist für Kunden folglich unnötig teuer sowie umweltschädigend.

RTR könnte seit zwei Jahren für klare Verhältnisse sorgen

Die Lösung des Problems wäre im Prinzip äußerst einfach. Denn bereits seit der Einführung des neuen Telekommunikationsgesetzes im November 2021 hat die Regulierungsbehörde RTR die Befugnis, mittels einer Verordnung für Klarheit zu sorgen. Die Gewährleistung der Möglichkeit, ein eigenes Endgerät direkt am Anschluss zu nutzen, hätte zur Folge, dass die Internet-Provider ihre Kunden nicht länger dazu nötigen können, doppelte Anschaffungs- und Stromkosten zu stemmen, wenn sie das Endgerät ihrer Wahl nutzen wollen. Doch auch nach zwei Jahren hat die RTR noch keine Verordnung erlassen, die das Vorgehen der Provider unterbindet.

Und das wird wohl auch so schnell nicht passieren. Denn nachdem sich die RTR eigenen Angaben zufolge in den letzten Monaten „intensiv“ mit dem Thema Endgerätefreiheit auseinandergesetzt habe, ist die Regulierungsbehörde zu dem Schluss gekommen, dass sie nichts machen muss. Für alle Verbraucher bedeutet dies, dass sie weiterhin zwei Endgeräte erwerben und per Bridge-Mode betreiben müssen, wenn sie ihr Wunschgerät nutzen wollen. 

Dass man sich bei der RTR tatsächlich intensiv mit der Thematik beschäftigt hat, darf allerdings bezweifelt werden, wenn man sich deren Argumente anschaut. So behauptete RTR-Geschäftsführer Klaus Steinmaurer kürzlich in einem Interview mit dem „Standard“, dass Kunden, die mit der Provider-Lösung zufrieden seien, nicht einsehen würden, warum sie sich überhaupt mit der Wahl eines Routers beschäftigen müssten. Dabei handelt es sich um ein Argument, das bei genauer Betrachtung keines ist. Schließlich verlangt niemand, dass jeder Kunde sich im freien Handel ein Gerät besorgen und dies selbst anschließen muss. Vielmehr fordern viele Verbraucher wie auch Verbände, dass Kunden die Wahl haben sollten, ob sie vorzugsweise wie bisher weiterhin das Provider-Gerät oder lieber ein eigenes Endgerät nutzen.

Die Entscheidung der Regulierungsbehörde hilft ausschließlich den Providern

Die Entscheidung der RTR, die derzeitige Lage nicht zu verbessern und eine Verordnung weiter vor sich herzuschieben, trifft auf viel Unverständnis. „Es wurde eine große Chance vertan, die Situation im Sinne der österreichischen Verbraucherinnen und Verbraucher sowie des Wettbewerbs und der Innovation deutlich zu verbessern“, lautet etwa die Reaktion des Verbunds der Telekommunikations-Endgerätehersteller (VTKE) auf die Entscheidung der RTR, den Bridge-Modus als Endgerätefreiheit zu verkaufen. „Damit verkennt die RTR das Potenzial einer echten Endgerätefreiheit, bei der die Nutzerinnen und Nutzer das Endgerät ihrer Wahl direkt an ihrem Glasfaser-, Kabel- oder DSL-Breitbandanschluss anschließen und vollumfänglich nutzen können“, so der VTKE. „Eine objektive technologische Begründung, warum Österreich Ländern mit freier Endgerätewahl nicht folgt, findet sich in der Erklärung der RTR nicht.“

Mit der Entscheidung, weiterhin nichts zu tun, handelt die Regulierungsbehörde auch gegen die Interessen der Mehrheit der Verbraucher. Denn gleich mehrere Umfragen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass es für rund zwei Dritteln der österreichischen Bevölkerung wichtig oder sogar sehr wichtig ist, dass eine echte Endgerätefreiheit eingeführt wird.

Dass die zuständige Regulierungs- und Aufsichtsbehörde zwei Jahre nach der Einführung des neuen Telekommunikationsgesetzes stattdessen weiterhin die Scheinargumente der Provider aufführt und den Bridge-Modus als akzeptable Lösung ansieht, lässt wenig Hoffnung, dass die RTR in Kürze eine Verordnung erlässt, die Österreich beim Breitband-Internet voranbringt. Denn solange die Provider nicht zu einem Umdenken gezwungen werden, dürfte Österreich weiterhin zu den Schlusslichtern in der EU gehören.


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