S/4HANA-Migration: Rise with SAP – So rechnen Sie den Business Case

SAP bietet mit "Rise with SAP" ein Rundum-Sorglos-Paket für den Weg in die Cloud. Für den Business Case ihrer S/4HANA-Migration sollten Anwender jedoch mehr Faktoren mit einrechnen. [...]

Den Business Case für die S/4HANA-Migration zu rechnen, ist alles andere als einfach. Wchtig dabei: Das Richtige miteinander vergleichen und alle Optionen mit einrechnen (c) pixabay.com

SAP ist nicht bekannt für günstige Preise – weder bei Lizenzen und Softwaremiete und schon gar nicht im Betrieb. Ist jetzt mit dem Cloud-Migrationsprogramm „Rise with SAP“ ein Paradigmenwechsel in SAPs Preispolitik eingeleitet, den der Softwarekonzern in seinen Angeboten sogar noch mit einem sehr professionell wirkendem Business Case belegt? Oder wird die Cloud-Offensive lediglich durch ein sehr gutes Marketing begleitet, welches den CFO mit cleveren Break Even Kalkulationen ködert und den CIO bei der (fachlichen) Ehre packt? Was auch immer im Einzelfall dahinter steht: Die Entscheidung für oder gegen Rise with SAP ist und bleibt eine Frage des Business Case.

S/4HANA-Migration: Rise with SAP vs. On-Premises

Welche Szenarien vergleiche ich miteinander? In den Vergleichs-Szenarien sind Lizenzen, Betrieb und Services gemeinsam zu betrachten. SAP weist mit Rise with SAP einen Gesamtpreis für das Paket aus, ohne im Detail Transparenz über die Kostenzusammenstellung zu geben. Im Business Case wird diesem Gesamtpaket in der Regel eine Lizenzmigration auf S/4HANA in der On-Premises-Variante (Neukauf unter Anrechnung der alten Lizenzen) zusammen mit den Kosten des Eigenbetriebs (aufgerüstet für den Betrieb von S/4HANA) gegenübergestellt.

Vor allem die Kosten der Lizenzmigration diktiert SAP jedoch selbst, ohne eine reales Verhandlungsergebnis einzurechnen. Es ist daher empfehlenswert, im ersten Schritt das Vergleichs-Szenario der eigen-betriebenen On-Premises-Lösung realistisch zu kalkulieren – auch wenn diese aus Sicht der eigenen IT-Strategie nicht die präferierte Lösung ist. Diese Fragen sollten sich stellen:

  • Ist ein Wechsel in das S/4HANA Usermodell wirklich sinnvoll (Contract Conversion) oder bieten mir meine Verträge so viele Vorteile im User-Modell, so dass ich dieses erhalten möchte (Product Conversion)?
  • Welches ist die optimale User-Verteilung?
  • Sind alle Ergänzungsprodukte, die ich in einer zukünftigen S/4HANA-Lösung nutzen möchte, berücksichtigt?
  • Benötige ich die HANA Enterprise Edition (wie sie in Rise kalkuliert wird) oder reicht für meine Architektur auch die Runtime Edition aus?
  • Sind wirklich alle Produkte berücksichtigt, zum Beispiel Digital Access (on-Premises bis Ende 2022 noch mit 90 Prozent rabattiert) und der Solution Manager (in der Cloud kostenpflichtig, im Vergleich zur lizenzkosten-freien On-Premises-Lösung)?
  • Ist die komplette Landschaft berücksichtigt oder nur ausgewählte Produkte?
  • Haben die mit Rise inbegriffenen Produkte einen Mehrwert in meiner Architektur und müssten somit auch für die eigenbetriebene Lösung zum Vergleich einkalkuliert werden?

Zusammen mit den eigenen Kosten für Betrieb und Services lässt sich damit dem Rise-Modell ein vergleichbares – mit eigenen Mitteln optimiertes – Kostenmodell On-Premises gegenüberstellen. Damit vergleiche ich nicht mehr (alte) Birnen mit (neuen) Äpfeln, sondern zwei zukunftsorientierte Äpfel miteinander.

Rise with SAP unterscheidet sich vom bekanntem Eigenbetrieb im Wesentlichen in zwei Punkten: Kaufmännisch wechselt ein SAP Kunde in das Mietmodell und technisch lagert er den SAP Betrieb mit betriebsnahen Services extern aus. Im Business Case vergessen wird häufig, dass es vergleichbare Modelle (Best of Breed) gibt, die alternativ betrachtet werden sollten.

Aus kaufmännischer Sicht ist neben stand-alone Mietlösungen das alt-bekannte Leasingmodell weiter möglich, um bilanzielle / steuerliche Effekte zu erreichen und den Cashflow zu entlasten. Der wesentliche Unterschied zum reinen Mietmodell ist, dass die Kosten nach der Vertragslaufzeit des Leasingvertrages auf Null sinken, während die Miete nach Ablauf des Mietvertrages in der Regel steigt. Bei hinreichend langem Betrachtungszeitraum eines Business Case kann vermutlich ein Private-Cloud-Mietmodell gegen ein On-Premises-Leasing-Modell auf Ebene der Lizenzkosten niemals gewinnen.

Rise with SAP: Der Business Case macht den Preis

Auch im Betrieb stellt sich die Frage nach dem alternativem Betrieb einer Private Cloud über klassische Hosting-Anbieter oder Hyperscaler. Auch SAP bietet seinen Kunden die Wahlmöglichkeit eines Hyperscalers an – allerdings nur unter Generalvertrag der SAP. Um also Transparenz in der Kostenaufteilung zu bekommen, lohnt es sich, die Alternative „Best of Breed“ über ein isoliertes Angebot für den SAP-Betrieb einzuholen.

Entscheidend für den Business Case wird sein, ob SAP das Gesamtpaket „Rise with SAP“ derart bepreist, dass es auch einem Business Case im Vergleich zur notwendigen Lizenz- und den hinreichenden Betriebs-Anforderungen genügt. Die Erfahrung zeigt: Nicht die SAP-Preise für Rise with SAP erzeugen den richtigen Business Case, aber ein objektiver Business Case kann einen Preis für Rise with SAP ergeben, der dem SAP-Versprechen gerecht wird.

Die „Skalierbarkeit“ einer Lösung gilt als ein Hauptargument für Cloud-Lösungen. Betrachtet man eine klassische SAP-Landschaft unter S/4HANA, so sollte sich die Skalierbarkeit nicht nur auf Mengengerüste beziehen, sondern auch auf die Konstellation verschiedener SAP Produkte. Anwender müssen damit rechnen, dass häufiger Cloud Services hinzugenommen beziehungsweise ersetzt werden. Dies erfordert entsprechende Konfigurationsmöglichkeiten, wie sie die SAP-Klientel aus Kaufverträgen kennt.

Für die S/4HANA-Kunden ist die Konfiguration bereits im User-Modell verankert, da man nicht Usermengen sondern FUE’s (Full Use Equivalents) lizenziert, die quasi eine permanente Konfiguration vorsehen. Für die volumenbasierten Cloud-Metriken muss eine vergleichbare Flexibilität allerdings erst vertraglich erkämpft werden.

Eine Entscheidung für Rise with SAP ist eine Lebensentscheidung (im Lebenszyklus einer Unternehmenslösung). Endet der Vertrag, bleiben SAP-Kunden lediglich die Rohdaten. Darüber hinaus gehende Exit-Regelungen sind nicht definiert. Waren in der Vergangenheit Wechsel von Wartungs-, Service- und Hosting-Anbietern aus Kosten- und/oder Qualitätsgründen üblich, so ist man mit Rise with SAP an den einen Anbieter (SAP) gebunden.

Kein Business Case wird diesen Punkt jemals einkalkulieren – er gehört aber in die Gesamtbetrachtung hinein, um die nicht-monetär-messbaren Risikofaktoren zu berücksichtigen.

Fazit zu Rise with SAP: Vergleichen lohnt sich

Bei aller Vorsicht und Skepsis: Die Bewertung von alternativen Private- und Public-Cloud-Szenarien macht strategisch Sinn und kann auch kaufmännisch attraktiv sein. Mit Rise with SAP ist SAP einen Schritt in die richtige Richtung gegangen. Die Offerte aus Walldorf ist eine Prüfung wert. Spannend bleibt aber der Vergleich zu den Angeboten aus dem SAP Ökosystem (SAP Partner), um weiter eine gute Balance aus Qualität, Kosten und Flexibilität zu gewährleisten.

*Michael Sandmeier ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Sandmeier Consulting GmbH mit Sitz in Oerlinghausen (Ostwestfalen) und Hamburg.


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