SAP und Microsoft verzahnen ihre Cloud-Angebote

Nachdem SAP bereits mit AWS und Google Cloud-Kooperationen vereinbart hat, ist mit Microsoft nun auch der dritte große Cloud-Provider mit von der Partie. Die Softwarekonzerne haben integrierte Angebote vorgestellt und wollen künftig intern die Cloud-Lösungen des Partners nutzen. [...]

SAP schließt die letzte große Lücke in seinem Cloud-Kosmos. Der deutsche Softwarekonzern, der seine Reise vor einigen Jahren eher SAP-zentrisch mit klarem Fokus auf die eigenen Cloud-Lösungen und die eigene Infrastruktur begonnen hatte, öffnete sich zuletzt immer mehr. Nachdem die Softwerker aus dem Badischen bereits Cloud-Bündnisse mit den großen Providern Amazon Web Services (AWS) und zuletzt Google geschlossen haben, wird nun mit Microsoft Azure auch der dritte große Cloud-Anbieter ein Partner.
Die SAP-Verantwortlichen sprechen dabei von einer „besonderen Partnerschaft“. Neben integrierten Angeboten für Kunden und der gegenseitigen Nutzung der Cloud-Angebote des jeweiligen Partners planen Microsoft und SAP offenbar, künftig Lösungen und den dazugehörigen Support gemeinsam zu entwickeln und zu vermarkten. Anwender konnten zwar schon früher ihre SAP-Lösungen auf einer Azure-Infrastruktur implementieren und betreiben, mussten dies aber auf eigenes Risiko tun. Mit dem jetzt angekündigten Cloud-Pakt wird der SAP-Betrieb in der Microsoft-Cloud offiziell zertifiziert und unterstützt.
Microsoft will SAPs ERP-Lösung nutzen
Sowohl SAP als auch Microsoft werden SAP S/4HANA auf Azure für ihre eigenen Unternehmensabläufe nutzen, heißt es in einer offiziellen Verlautbarung. Microsoft baut demzufolge seine internen Systeme um und will dabei SAP S/4HANA Central Finance auf Azure implementieren. Zusätzlich plant Microsoft, SAP S/4HANA an Azure-Dienste für Künstliche Intelligenz (KI) und Analysen anzubinden, um Finanzberichte effizienter erstellen und datenbasierte Entscheidungsprozesse stärken zu können.
Was diese Hinwendung zu SAP-Lösungen für die Microsoft-eigenen ERP-Pakete bedeutet, ist derzeit noch nicht klar abzusehen. Der weltgrößte Softwarekonzern hatte zuletzt mit „Dynamics 365“ ein Business-Software-Paket für kleinere und mittelgroße Firmen geschnürt, das verschiedene Funktionen aus den Bereichen Enterprise Resource Planning (ERP) und Customer Relationship Management (CRM) umfasst. Darüber hinaus gibt es mit Dynamics AX eine ERP-Lösung für größere Mittelständler und Konzerne im Portfolio. Rund um diese Software war es zuletzt allerdings ziemlich ruhig geworden. Im März 2016 hatte Microsoft ein neues speziell für den Cloud-Betrieb ausgelegtes Release von Dynamics AX freigegeben.
SAP will Microsoft-Cloud nutzen
SAP hat seinerseits angekündigt, seine internen Lösungen verstärkt in der Microsoft-Cloud zu betreiben. SAP migriert mehr als ein Dutzend geschäftskritische Systeme auf Azure, um von der Effizienz, Flexibilität und Innovation der Plattform zu profitieren, hieß es. Diese Migration betreffe auch das SAP-S/4HANA-System von Concur, einem von SAP zugekauften Cloud-Anbieter. Auch SAP Ariba nutze bereits Azure und plane die Migration seiner Beschaffungsanwendungen in die Microsoft Cloud. Microsoft und SAP wollen der gemeinsamen Ankündigung zufolge diese internen Projekte nutzen, um ihren Kunden Leitfäden und eine Unternehmensarchitektur zur Implementierung von SAP-Anwendungen auf Azure an die Hand geben zu können.
„Neue Technologien verändern jedes Unternehmen, jede Branche“, sagte Microsoft-CEO Satya Nadella. Organisationen seien daher auf der Suche nach den richtigen Plattformen und vertrauenswürdigen Partnern, um ihre digitale Transformation voranzutreiben. „Basierend auf der langjährigen Partnerschaft, die SAP und Microsoft verbindet, setzen wir nicht nur gegenseitig auf unsere Lösungen, um unser eigenes Business zu stärken. Wir befähigen unsere Geschäftskunden, ihre wichtigsten geschäftskritischen Anwendungen mit SAP S/4HANA auf Microsoft Azure zu betreiben“, beschrieb der Microsoft-Chef die Partnerschaft.
SAP-Chef Bill McDermott: Neue Phase unserer Partnerschaft
„Mit der neuen Möglichkeit, SAP S/4HANA auf Microsoft Azure zu betreiben, treten wir in eine neue Phase unserer Partnerschaft ein“, ergänzte SAP-Vorstandssprecher Bill McDermott. „Die wichtigsten Unternehmen der Welt vertrauen auf Microsoft und SAP.“ Mit SAP HANA Enterprise Cloud auf Azure profitierten die Kunden von der Anwendungsverwaltung und dem Produktwissen von SAP sowie von der globalen Cloud- und Datenplattform Microsoft Azure, warb das neue Software- und Cloud-Bündnis. Internationale Kunden aus unterschiedlichsten Branchen, unter ihnen Coca-Cola, Columbia Sportswear, Coats und Costco würden in ihren Geschäftsprozessen bereits auf SAP-Lösungen und Microsoft Azure setzen.
Die Cloud-Partnerschaft mit Microsoft ist aus SAP-Sicht jedoch nicht exklusiv. Der deutsche Softwarekonzern hat längst erkannt, seinen Cloud-Kosmos für die großen Infrastrukturanbieter öffnen zu müssen. Erst im März dieses Jahres hatte SAP einen Cloud-Pakt mit Google angekündigt. Demzufolge soll die In-Memory-Datenbank SAP HANA künftig auf der Google Cloud Platform (GCP) verfügbar sein. Außerdem sei eine Integration der SAP-Applikationen mit Googles G-Suite geplant, hieß es.
SAPs 3-plus-1-Strategie
Der für die Technik verantwortlich SAP-Vorstand Bernd Leukert bekräftigte damals, dass der Softwarehersteller demnach auch an seiner eigenen SAP-Cloud festhalten und diese weiter den Kunden anbieten werde. Darüber hinaus kündigte der SAP-Vorstand jedoch an, verstärkt Kooperationen mit Cloud-Infrastrukturanbietern suchen zu wollen. Leukert sprach in diesem Zusammenhang von einer „3-plus-1-Strategie“: „Das heißt, wir werden neben unserer eigenen Cloud die drei großen Infrastruktur-Anbieter unterstützen, also Amazon Web Services (AWS), Microsoft und Google.“
Ziel der Google-Kooperation sei es, technologische Assets von Google und SAP zu kombinieren, erläuterte Leukert – „aber zu unseren Konditionen und nicht unter den Bedingungen von Google.“ SAP und Google wollten im Rahmen ihrer Kooperation auch gemeinsam Data Center betreiben, hieß es. Das bedeutet Leukert zufolge, dass eine Google Cloud Platform in einem SAP Data Center von den eigenen Mitarbeitern gemäß der SAP-Regularien betrieben werde. Damit verfüge SAP über die Technologie-Kompetenz und -Assets von Google, ohne dafür die eigenen strengen Regularien und Prinzipien aufgeben zu müssen.
Leukert sagte im März, dass die Verhandlungen mit den anderen Cloud-Partnern schwieriger seien. Beispielsweise verfüge Microsoft mit Office und Windows bereits über den Zugang zum Enterprise-Segment, den Google mit der SAP-Kooperation erst noch gewinnen wolle. Zudem gebe es an anderer Stelle mehr Wettbewerb, sagte Leukert – mit Microsoft beispielsweise in den Bereichen Datenbanken, Analytics und Business-Anwendungen. Bei Google gebe es diese Überschneidungen nicht.
Partnerschaft zu SAP-Bedingungen
Kooperationen mit AWS und Microsoft seien denkbar, sofern SAP seine Bedingungen durchsetzen könne, machte Leukert klar. Er räumte allerdings ein: „Im Moment haben wir das noch nicht geschafft.“ Man rede aber weiter mit beiden Cloud-Anbietern. Nicht, weil SAP darauf angewiesen sei, sondern weil man auch im Dialog mit Kunden flexibel den Cloud-Bereich bedienen wolle, erklärte der SAP-Mann.

* Martin Bayer ist stellvertretender Chefredakteur der Computerwoche.

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