Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine

Im Vorfeld zum 10. Österreichischen IT- und Beratertag tauschten am dritten Expertentag der Experts Group Wirtschaftstraining & Coaching die Teilnehmer ihre Erfahrungen zu den Auswirkungen auf Kommunikation und Verhalten durch Einfluss der Technik aus. [...]

„In vielen großen Unternehmen sind durch die rasanten Entwicklungen der letzten Jahre neue mobile Arbeitswelten entstanden“, betont Fachverbandsobmann Alfred Harl einleitend. „Jedr Mitarbeiter ist rund um die Uhr per Smartphone oder Tablet erreichbar. Mobile Geräte bringen häufig einen Motivations- und Innovationsschub mit sich und steigern die Effizienz und Produktivität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber gerade in Anbetracht der ständigen Erreichbarkeit ist es wichtig, gezielt die notwendigen soft und hard skills zu trainieren, um mit diesen veränderten Arbeitswelten richtig umzugehen“, so Harl weiter.

„Für Unternehmen, die in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen investieren, ist Transparenz in Sachen Qualität ein wesentliches Kriterium bei der Auswahl eines Trainers oder Coaches. Die berufliche Gruppierung der akkreditierten WirtschaftsTrainerInnen und seit 2011 auch der akkreditierten Wirtschafts-Coaches in der WKO im Fachverband UBIT stehen seit vielen Jahren durch Zertifizierungsverfahren für ein Höchstmaß an Qualität am Trainingsmarkt. Ich freue mich, verlautbaren zu können, dass wir jetzt ein weiteres Qualitätssiegel in Angriff nehmen werden. Mit der ISO 17024 können wir national wie international unser Know-how unter Beweis stellen“,  so Isabella Weindl, Bundessprecherin der Experts Group und Moderatorin des Expertentages einleitend.

„Lernen von der Natur – Entwicklungen in der Technik“ – unter diesem Titel stellte Hermann Studnitzka, Leiter Didactic vom Automatisierungspezialisten Festo die Firmeninitiative Bionik-Learning-Network vor. Dabei wurde deutlich, dass ein Beobachten natürlicher Vorbilder aus der Natur nicht nur zu einer Übertragung dieser biologischen Prinzipien auf die Technik mit sich bringt, sondern gleichzeitig eine energieeffizientere und produktivere Arbeitswelt entsteht. Im Vordergrund sollte jedoch immer der sinnvolle Nutzen der Maschine bleiben, auch wenn so manches bereits mit Gedankenkraft gesteuert werden kann. Sein Ethikgedanke dazu: „Die Maschine muss dem Menschen untertan bleiben.“  
 
Eine neurologische Brücke spannte Michael Hamberger, Sprecher der Experts Group Wirtschafts-Mediation. Er gab einen kurzen Einblick in die „periphere“ Welt. Vieles passiert nebenbei, wird nicht zentral verarbeitet und nur selektiv wahrgenommen. Aber alles prägt sich peripher in unser Tun und unsere Entscheidungen ein. Sein Rat an das Auditorium:  Techniken einzusetzen, die Prozesse und das Spannungsverhältnis von Kognition und Sozialisation beinhalten. Besonders die Wahlfreiheit und Eigenverantwortung des Gegenüber zu beachten, denn „wir meinen zu denken und das Gehirn macht inzwischen was anderes“.

Dem Thema „e-communication“ widmete sich Leon Pogrzebacz. Die veränderte Technologie in der online-Kommunikation durch Teilnahme an Foren, via twitter oder über facebook birgt zusätzliche Effekte. Plötzlich „sehe ich die Körpersprache nicht, höre die Stimme nicht“ – für so manchen ist diese neue Form des Kommunikationsmodells auch ein Vorteil, sie erhalten online mehr Aufmerksamkeit als in realen Situationen. Es gilt zwei Faktoren zu bedenken: Wie komplex ist das, was wir erreichen wollen und wie reichhaltig ist das Medium. Komplexität der Aufgabe und Reichhaltigkeit des Mediums entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Seiner Meinung gilt die Faustregel: je komplexer, desto weniger E-Mail nutzen. Auch sieht Pogrzebacz die Gefahr von Konflikten, Eskalationen und Auswirkungen auf eine größere Arena, wenn beispielsweise bei Projekten viele Personen am cc: Verteiler stehen. Seiner Erfahrung nach benötigt eine persönliche Projektbesprechung eine Stunde, für gleiches Projekt sind bei reiner online-Kommunikation schon 2-3 Stunden anzusetzen. Zu beobachten ist heute auch der veränderte Umgang mit der Technik. Lautete die Frage der Kleinkinder früher „ist es essbar“, ist die Devise der jüngsten digital natives „ist es touchbar“.
 
Nach der Pause, die ausgiebig zum Small-Talk unter Kollegen genutzt wurde, ging es unter dem Titel „zuerst ändert der Mensch die Technik, dann ändert die Technik den Menschen“ weiter. Der ganz persönliche Betrachtungsbogen von Unternehmensberaterin für Wissensmanagement, Dagmar Eike Linde, spannte sich von den 50er Jahren bis zum heutigen Tag. Jedes Jahrzehnt war geprägt vom Einzug neuer Technologien und damit auch anderen Spielregeln, Werten und Begriffsauffassungen. Die Arbeitswelt – in den 60er noch langsam und eine Fehlersuche sehr aufwendig – war bestimmt von fixen Anwesenheitszeiten und dem Mangel an Kommunikationsmöglichkeiten. Ein Telefon, um Nachricht zu hinterlassen, dass man sich verspätet?  Da war der Vertrauensfaktor in den anderen Personen noch wesentlich. Gleitzeit, Fernsehen, die ersten mobilen Telefone veränderten auch das Arbeitsklima. Man musste zuerst etwas „entlernen und mit neuem von vorne anfangen“ so Linde. Der Einzug von World-Wide-Web Anfang der 90er brachte auch einen neuen Wissensstand und eine virtuelle Arbeitswelt. Die Welt wurde plötzlich größer, aber kaum jemand redet über die sich damit geänderten Werte und Spielregeln. Heute sind wir von Zeit und Ort unabhängig, das Vertrauen in die Technik sollten wir uns jedoch bewusster machen und „Entscheidungen nicht von Maschinen übernehmen lassen, sondern die gewonnenen Daten sehen, prüfen und auf Basis dessen entscheiden“. Bei Angst vor Veränderung sind soziale Kompetenzen gefragter denn je.

Den interaktiven, praxisnahen Abschluss bildete Kathrin Kränkl, Geschäftsführerin der KKR Consulting. In „Hallo Steinzeit – so entscheiden wir wirklich“ ging es um die Erkenntnisse der Gehirnforschung, wie wir wirklich entscheiden und welchen Einfluss das auf unseren Berufsalltag hat bzw. wie wir dieses Wissen erfolgreich einsetzen können. Fazit: nur rational agieren wir nicht! Immer wieder spielen Emotionen und unser Reptiliengehirn hinein. Zu 95 Prozent nehmen wir unbewusst wahr, vergleichen mit Erfahrungen, die wir schon kennen oder erlebt haben. Zu diesem Konflikt zwischen gespeichertem Wissen, Wahrnehmung und Prioritätensetzung kommen dann noch Autopilot und Pilot dazu. Ihr Praxistipp daher: Die Diskrepanz, was der Autopilot übernimmt und wo wir selbst steuern, sollte bei jeder Besprechung oder Verkaufsverhandlung genutzt werden. „Hören Sie genau hin, welche Fragen gestellt werden und entwickeln Sie daraus einen Anreiz für das limbische System ihres Gegenüber“ so die Expertin. Balance-, Dominanz- oder Stimulanz – jede Gruppe möchte etwas Anderes hören. Zweiter Praxistipp: der „buy button“ – nur minimale Änderungen bringen unerwartete positive Reaktionen, wenn die Emotion dahinter angesprochen wird. Aus „Ich bin hungrig, bitte helfen Sie mir“ wird „Was wäre, wenn Sie hungrig wären?“ Aus dem Publikum kamen dazu auch prompt einige andere Umsetzungsbeispiele.

Ihr nächster Tipp galt den klassischen Vortragsfolien. „Lassen Sie doch mal die eigene Vorstellung von Seite 3 weg und platzieren Sie diese in die Mitte. Sprechen Sie zu allererst den Nutzen des Gegenüber an.“ Zum Abschluss erfuhren die Teilnehmer noch, dass wir tendenziell ein gutes Gefühl haben, wenn wir vergleichen können und Bilder die Aufmerksamkeit erhöhen. „Bieten Sie Entscheidungshilfen, vergleichbare Alternativen an.“
 
Eine Diskussionsrunde über USA vs. Europa, Fairness, Logik und Ethik beendete den dritten Expertentag der Trainer und Coaches. „Am heutigen Tag gab es sehr viele interessante Aussagen, Sichtweisen und Erfahrungen, die wir mit den Teilnehmern diskutieren konnten“, so Weindl abschließend. Der Ausklang fand dann noch am Punschstand im Heiligenkreuzerhof ein karitatives Ende, wo auf 15 Jahre Zertifizierung angestoßen wurde.


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