Wie schnell eine gute digitale Geschäftsidee Früchte tragen kann, zeigt das Beispiel des Startups Schüttflix, das alle Prozesse rund um die Anlieferung von Schüttgütern auf Baustellen organisiert. [...]
Eigentlich wollte der ehemalige Microsoft-Manager Christian Hülsewig Schüttgüter für seinen Bauernhof kaufen – Sand, Schotter, Kies, was man eben so für Projekte auf dem Hof braucht. Doch dann begann der Ärger. Die Lieferungen kamen unkoordiniert und unpünktlich, es war kaum möglich, die Preise zu kalkulieren und schließlich wurde das Baumaterial auch noch falsch abgeladen. Hülsewig hörte sich um und stellte bald fest, dass es auf anderen Baustellen nicht besser zugeht. Die Idee für das Startup Schüttflix war geboren.
Die Vision des Gründers: eine digitale Plattform, auf der das Ordern und Liefern von Schüttgütern so einfach sein sollte wie eine 1-Click-Bestellung bei Amazon. In nur vier Monaten entwickelte sein Team agil nach der Scrum-Methode eine App für die Beschäftigten auf Baustellen. Die Funktionen dafür wurden mithilfe von Nutzerinterviews erarbeitet. Preisvergleich, der digitale Lieferschein und das Live–Tracking des anliefernden Lkw gehörten dazu, ebenso die Möglichkeit, in Abwesenheit des Bauherrn das Schüttgut an der richtigen Stelle abzuladen – ein Problem, das über Fotos gelöst wurde.
Keine Lieferscheine, kein Herumtelefonieren
Mit Schüttflix begeisterte der Gründer die Jury im Wettbewerb Digital Leader Award 2021 (DLA): Entstanden ist in kürzester Zeit eine offene Plattform für alle Marktteilnehmer mit vielfältigen Funktionen. Lieferanten von Kies und Sand haben einen neuen Absatzkanal erhalten, Speditionen können mit Schüttflix ihre Auftragsbücher füllen und für alle, die auf einer Baustelle beschäftigt sind, ist das Arbeitsleben einfacher geworden. Niemand muss mehr Lieferscheine ausfüllen, sammeln und abheften oder herumtelefonieren, um Preise zu erfahren.
Hülsewigs Plan ging auf: Was 2018 mit einer Lösung für kleine Bauunternehmen begann, spricht heute auch Großkonzerne wie die Strabag AG an. Immer mehr Unternehmen wickeln ihre Schüttgutbestellungen über Schüttflix ab, mittlerweile sind schon mehr als 2.500 Partnerunternehmen registriert.
Keine Hierarchien, Customer-first
„Wir arbeiten Tag für Tag auf das eine Ziel hin“, sagt Hülsewig, „wir wollen den Beschäftigten auf den Baustellen das Leben so leicht wie möglich machen, und zwar mit starken digitalen Prozessen.“ Dazu komme das junge Team ohne interne Hierarchien aus, wichtig seien die Überzeugung vom gemeinsamen Ziel und ein starker Fokus auf den Kundenbedarf. Alle hätten sich dem Thema „Customer first“ verschrieben, eine perfekte Nutzererfahrung sei das, was die Entwickler ständig umtreibe.
„Von Anfang an sind wir bei Bagger- und Lkw-Fahrern mitgefahren, haben mit Bauleitern gesprochen und die App auf ihre Bedürfnisse hin optimiert“, so der Gründer. Mehr als ein Drittel des inzwischen 100-köpfigen Teams sei im Außendienst tätig und bewege sich in Warnwesten und Sicherheitsschuhen auf den Baustellen. Immer dabei: das Smartphone mit der Schüttflix-App.
Mit dem ersten Minimum Viable Product (MVP) war das Team schon nach vier Monaten live gegangen, von diesem Zeitpunkt an wurde die App – basierend auf dem Nutzerfeedback – immer weiter verbessert. „Wir entwickeln Schüttflix in Sprints, um auch kurzerhand Änderungen aufnehmen und neue Impulse einfließen lassen zu können“, sagt Hülsewig.
Gründer Hülsewig: „Mit dem Bauleiter per Du“
Mittlerweile gebe es eine Reihe von Kunden, die ihre Schüttgüter zu großen Teilen über die digitale Plattform bezögen, darunter auch große Konzerne. „Unsere Plattform schafft Preistransparenz und bietet den Unternehmen ganz neue Absatzchancen“, freut sich der Gründer. Entscheidend für den Erfolg sei aber nicht die digitale Lösung allein gewesen. „Wer eine der analogsten Branchen Deutschlands digitalisieren will, der muss ständig vor Ort und mit dem Bauleiter per Du sein.“
Be the first to comment