Schulterschluss gegen Versandkriminalität

Im Sog des boomenden Onlinehandels hat sich auch die Schmugglerkriminalität verstärkt in den Versandbereich verlagert. Betäubungsmittel, Drogen, gefälschte Produkte, Waffen – die Palette ist schwer überschaubar und stellt die Ermittler:innen von Zoll und Exekutive vor immer größere Probleme. [...]

Robert Holzer, Projektleiter und Business Developer bei RECENDT (© RECENDT GmbH)

Ein mit knapp vier Millionen Euro von der EU gefördertes Kooperationsprojekt von 16 europäischen Partnern soll die Arbeit der Fahnder:innen erleichtern. Im Rahmen dieses Projektes kooperiert das Linzer Forschungsinstitut RECENDT unter anderem mit dem Schweizer Laserentwickler Alpes Lasers. Das Team vom Enterprise Europe Network (EEN) der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria hat beim Entstehen der Kooperation erfolgreich unterstützt.

Der freie Warenverkehr innerhalb der EU hat die Arbeit der Fahnder:innen bei der Überwachung von Lieferungen mit Post- und Paketdiensten deutlich erschwert. Die derzeitigen Aufdeckungsmethoden zielen im Allgemeinen auf größere Sendungen ab und erfordern in den meisten Fällen den Einsatz von ausgebildeten Hunden, die Tausende von Sendungen durchsuchen. Das ist ein mühsamer, zeitaufwändiger und sehr teurer Prozess, der dringend verbessert werden muss.

Bei Lebensmitteln und Medikamenten können Röntgenapparate für den notwendigen Durchblick sorgen. Gefälschte Ausweispapiere und große Bargeldbeträge sind aufgrund ihrer Beschaffenheit jedoch kaum aufzuspüren.

Sensorentwicklung mit den Schweizern

Eine Kooperation des Linzer Hightech-Unternehmens RECENDT und der Ingenieurschmiede Alpes Lasers aus der Schweiz befasst sich mit der Entwicklung fortschrittlicher Terahertz-Technologien zum Scannen und Aufspüren von illegalem Material auf dem Versandweg.

RECENDT und Alpes Lasers trafen sich während eines virtuellen EEN-Matchmaking-Events und fanden mit dem EU-Projektvorhaben „iFLOWS“ rasch einen gemeinsamen Nenner. Alpes Lasers koordinierte die Antragserstellung und RECENDT wurde Koordinator des Konsortiums.

iFLOWS wurde am 23. November 2021 im EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizon Europe“ eingereicht und im April 2022 zur Finanzierung angenommen. Das Projekt startete im November 2022.

Netzwerk mit professioneller Unterstützung

Das EEN organisiert jedes Jahr europaweit viele themenspezifische Matchmaking-Events, um transnationale Kooperationen und Projekte zwischen den Teilnehmer:innen zu initiieren. Eine der Aufgaben der EEN-Berater:innen ist, diese Events in der Region zu bewerben und Kund:innen direkt über passende Kooperationsbörsen zu informieren. Robert Holzer von RECENDT wurde von Markus Mair, EEN-Berater und Projektmanager bei Business Upper Austria, über diese Chance zur Vernetzung informiert und bei der Teilnahme unterstützt.

„Für RECENDT ist die Teilnahme an EEN-Matchmaking-Events seit vielen Jahren ein Fixpunkt in der internationalen Partnerakquise. Nicht immer ergeben sich aus den Veranstaltungen sofort Kooperationsmöglichkeiten – aber sehr häufig interessante und spannende Kontakte. Man hat sehr einfach, niederschwellig und kostengünstig die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und über die Jahre auch persönliche Beziehungen aufzubauen. Internationale Kooperation lebt von internationalen Netzwerken zwischen Menschen – und genau solche Vernetzung wird durch das EEN unterstützt“, sagt Robert Holzer, Projektleiter und Business Developer bei RECENDT.

Information steigert Effizienz

Das Projekt iFLOWS schlägt einen einzigartigen Ansatz vor, um Zoll-, Polizei- und Post- bzw. Kurierdienste dabei zu unterstützen, Verbrechen auf dem Versandweg zu verhindern oder aufzudecken. Das ausgearbeitete Toolkit ist eine Kombi aus intelligenten Tools und Diensten sowie neuen Scanning-Technologien.

Das iFLOWS-Toolkit besteht aus:

Intelligenten Tools und Diensten

  1. Risiken- & Gefahrenauswertungs-Tool bestehend aus einer vernetzten Datenbank mit mehreren Filter- und Risikoidentifikationskriterien wie Herkunft/Bestimmung, Gewicht, Absender:in/Empfänger:in, fehlende:r Absender:in/Empfänger:in, fehlende Rücksendeadresse, Kosten, Transportweg, übermäßige Verpackung des Pakets, deklarierte Sendungen sowie Verpackungen und Abmessungen
  2. Darknet und Social Media Alerting Tool: führt Analysen im Social Media und Darknet durch und verarbeitet die Daten hinsichtlich wahrscheinlich illegaler Aktivitäten
  3. KI-gestützte Computer verfügen über einen Algorithmus, der die Erkennungsfähigkeit von bestehenden und neuen (THz- und UWB-) Scannersystemen einzeln optimieren soll, aber auch die Bildausgabe der Systeme kombiniert, um die generelle Erkennungsfähigkeit zu optimieren und zu validieren.
  4. C4I Platform (Command, Control, Communication, Coordination, Intelligence): Diese beinhaltet
    • alle oben genannten Erkenntnisse und Warnfunktionen,
    • weitere von Polizei und Zollbehörden wie auch von Kurier-/Postdiensten generierte Informationen, und
    • die Zusammenführung der Detektionsergebnisse aus allen genannten Systemen

Neuartigen Scanning-Technologien

Neuartige Sensoren (THz-Scanner und UWB-Scanner) erkennen eine große Bandbreite an illegalen Materialien und Substanzen. In Kombination mit herkömmlichen Systemen wird der Erkennungsprozess optimiert ohne die bestehenden Post-/Kurierströme zu unterbrechen.

  • THz-Scanner
    • Durch die Beleuchtung eines Gegenstands mit THz-Wellen kann man Informationen über die chemische Zusammensetzung verborgener Materialien gewinnen, ohne den zu untersuchenden Gegenstand zu öffnen oder zu beschädigen. Aufgrund dieser einzigartigen Eigenschaften eignet sich der THz-Spektralbereich für die Identifizierung, Analyse und Abbildung einer breiten Palette von Materialien, wie z. B. Sprengstoffe und Drogen.
  • UWB-Scanner
    • Aufgrund der Eigenschaften der elektromagnetischen Signale des Radars sind diese Geräte in der Lage, eine beträchtliche Anzahl verschiedener Materialien zu durchdringen und sogar Personen oder Gegenstände in und hinter Mauern zu „sehen“. Die Reichweite dieser Radargeräte reicht von einigen Millimetern bis zu mehreren Dutzend Metern. Ziel ist die Erkennung von RFID-Elementen (Radio Frequency Identification) in Kreditkarten oder Pässen. Um das Innere von Postpaketen erkennen zu können, muss ein UWB-Radar entwickelt werden, das im Bereich von wenigen Zentimetern arbeitet und eine räumliche Auflösung von Millimetern zustande bringt.

Aufzuspürende Materialien:

  • CBRNE (Chemical/Biological/Radioactive/Nuclear/Explosive) Substanzen
  • Hoaxes: z. B. weißes Pulver
  • illegale Waren, wie z. B. gefälschtes Bargeld, gefälschte Gegenstände einschließlich gefälschter Ausweisdokumente, Drogen oder gefälschte Arzneimittel, Betäubungsmittel oder Polymerwaffen.

www.iflows-project.eu


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