Ein internationales Forscherteam kann mithilfe von künstlicher Intelligenz die Grunzlaute von Schweinen interpretieren. Damit könnte sich eine Revolution in der Tierhaltung anbahnen. [...]
Grunzen, Schnüffeln, Quieken – die von Schweinen verursachten Geräusche geben Hinweise auf die emotionale Befindlichkeit der Tiere. Mit einem KI-Übersetzer ist es Wissenschaftlern nun gelungen, mehr Details zu erfahren. Im besten Falle könnte das Experiment in automatisierte Monitoring-Systeme münden, mit denen sich das Wohlbefinden von Nutztieren überwachen lässt. Der Begriff „Tierwohl“ bekäme dann noch einmal eine ganz andere Bedeutung.
„Wir können die Emotionen von Schweinen dekodieren“, heißt es in einer Mitteilung der Universität Kopenhagen. „Wir haben Tausende von akustischen Aufnahmen während der Lebensdauer von Schweinen gesammelt, von der Geburt bis zum Tod. Ein internationales Forscherteam hat das Grunzen in die Emotionen übersetzt, die diese Tiere zum Ausdruck bringen.“
Internationales Forscherteam interpretiert Schweine-Grunzen
Neben der Universität Kopenhagen sind die ETH Zürich und das französische Nationale Forschungsinstitut für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt (INRAE) sowie weitere Forscher aus Deutschland, Norwegen und Tschechien beteiligt. Erste Forschungsergebnisse wurden in den „Scientific Reports“ auf Nature.com veröffentlicht.
Die Forscher haben genau 7414 Tonaufnahmen von 411 Schweinen ausgewertet – sowohl in einem Laborumfeld als auch in kommerziell eingerichteten Stallungen. Dazu haben sie einen Machine-Learning-Algorithmus entwickelt, der dekodiert, ob ein Schwein eine positive Emotion („glücklich“, „begeistert“) oder eine negative Emotion zeigt („verängstigt“, „gestresst“). Zwischen diesen Extremen gibt es viele weitere Abstufungen.
Anschließend gelang es, die positiven von den negativen Lauten zu separieren, wobei hochfrequente Laute eher negative Emotionen ausdrücken. Überraschenderweise bedeutet ein tiefes Grunzen nicht immer Zufriedenheit, in bestimmten Variationen kann es ebenfalls Angst und Stress signalisieren. Das besondere Interesse galt der breiten Palette an Tönen zwischen diesen beiden Extremen. Die Analyse der Geräuschmuster ergab detaillierte Aufschlüsse darüber, was in den Tieren in verschiedensten Lebenssituationen – vom Säugen an der Mutterzitze bis zum Abtransport zum Schlachthof – vorgeht.
Emotionen von Schweinen mit 92-prozentiger Sicherheit erkannt
„In positiven Situationen sind die Grunzlaute viel kürzer, die Amplituden auf der Geräuschskala sind kleiner“, sagt Elodie Briefer, Assistenzprofessorin für Biologie an der Uni Kopenhagen und federführend mit den Untersuchungen befasst. Höhe, Lautstärke und Abstände des Grunzens gebe Aufschluss über die psychische Verfassung. „Indem wir unseren Algorithmus darauf trainiert haben, die Laute zu erkennen, können wir mit 92-prozentiger Sicherheit Geräusche und Emotionen korrekt zuordnen“, sagt Briefer.
Der nächste Schritt sei nun, den Algorithmus zu einer App weiterzuentwickeln, damit Landwirte das Wohlergehen ihrer Tiere verbessern könnten. Die physische Überwachung der Tierbestände ist bereits in vielen Experimenten erfolgreich erprobt worden, mit der Kontrolle des psychischen Wohlergehens betreten die Forscher Neuland.
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