„Sehr gutes Krisenmanagement“

Mag. Sybille Regensberger, Obfrau der Fachgruppe UBIT in der Wirtschaftskammer Tirol, und Clemens Plank, Berufsgruppensprecher IT in der Fachgruppe UBIT, stellen den Tiroler Unternehemn ein gutes Krisenmanagement-Zeugnis aus. Nachholfbedarf sehen sie unter anderem in der Fortbildung, im Glasfaserausbau und im Bildungssystem generell. [...]

Mag. Sybille Regensberger, Obfrau der Fachgruppe UBIT in der Wirtschaftskammer Tirol (c) WK Tirol – Ascher Foto Design
Mag. Sybille Regensberger, Obfrau der Fachgruppe UBIT in der Wirtschaftskammer Tirol (c) WK Tirol – Ascher Foto Design

Wie beurteilen Sie das Krisenmanagement Ihrer Mitglieder der letzten 12 Monate?

Sybille Regensberger: Ich finde, dass unsere Mitglieder in den vergangenen Monaten bzw. im vergangenen Jahr ein sehr gutes Krisenmanagement hingelegt haben. Insbesondere die IT war anfänglich in Sachen Homeoffice, Webauftritt etc. sehr gefragt. Persönlich sehe ich einen Nachholbedarf in der Fortbildung. Das wurde aufgrund von COVID doch deutlich hintenangestellt.

Was waren die wichtigsten IT-Themen der Endkunden und wie wurden diese aus Sicht von UBIT gemeistert? Wie wurde das Thema Cyber-Security behandelt?

Clemens Plank: Im Prinzip war und ist die Pandemie ein Turbo für die Digitalisierung. Das ist grundsätzlich für unsere Branche sehr erfreulich, aber ein weniger explosionsartiges Wachstum wäre, pragmatisch betrachtet, nachhaltiger. Für den Endkunden waren Homeoffice, Homeschooling sowie das Thema Video-Konferenzen die wichtigsten Themen. Nachholbedarf gibt es sicherlich dort, wo der Glasfaserausbau noch nicht richtig ausgerollt wurde, um dezentrales Arbeiten reibungslos zu ermöglichen. Das Thema Cyber Security wird im Prinzip seit Jahren bearbeitet, allerdings wird es in der Breite praktisch noch nicht ernst genommen. Um ehrlich zu sein befürchten wir, dass zuerst wieder ein extremes Ereignis eintreten muss, das viel Betroffenheit und Schaden erzeugt, bevor entsprechend gehandelt wird.

Welche Auswirkungen hatte die Corona-Krise auf den allgemein verbreiteten Fachkräftemangel?

Regensberger: Der Fachkräftemangel hat sich verstärkt. Wobei aber gleichzeitig auch mehr Interesse für den Berufseinstieg in diesen Bereichen gezeigt wird.

Plank: Der Wettbewerb um die Fachkräfte unter den Unternehmen verstärkt sich. Mittel- und langfristig wird dies vor allem für kleine Unternehmen zum Problem. Zusätzlich wirkt es sich nachteilig für den Standort aus, da Gründungswillige von vorne herein etwa nach Wien ausweichen, bzw. im schlimmsten Fall Österreich überhaupt den Rücken kehren. Das führt jedenfalls zu einem maximalen Wertschöpfungsverlust.

Was waren die größten Herausforderungen und die wichtigsten Maßnahmen von UBIT Tirol der letzten 12 Monate?

Regensberger: Die größte Herausforderung in den letzten 12 Monaten war, den Mitgliedern die für sie wichtigen und aktuellen Infos zu gesetzlichen Neuerungen bzw. Hilfen immer schnellstmöglich zukommen zu lassen. Zusätzlich musste man bei allen beteiligten Stakeholdern einwirken, dass die Notwendigkeiten der jeweiligen Branchen, sprich Mitgliedergruppen, ihren Niederschlag finden.

Die wichtigsten Maßnahmen waren eine Inseratenkampagne die die vielfältigen Leistungen der Mitgliedsbetriebe für die Tiroler Wirtschaft aufzeigt. Die Erarbeitung der IT Professionals Tirol mit der Bildungsagentur und Lehrlingsstelle und die Adaptierung der IT-Sommerakademie gemeinsam mit dem Wifi.

Was sind die wichtigsten UBIT Tirol-Maßnahmen für die kommenden 12 Monate?

Regensberger: Auf jeden Fall die Fortführung des eingeschlagenen Weges. Dazu kommt der weitere Ausbau der IT Professionals Tirol und der Sommerakademie, die Erarbeitung eines Fortbildungsprogrammes speziell für die IT und das Thema Cyber Security.

Plank: Wobei die Cyber Security aber nicht nur für die kommenden 12 Monate gilt, dieses Thema wird eine exponentielle Bedeutung bekommen.

Was sind die Meilensteine des Ausbildungsprogramms IT Professionals Tirol?

Regensberger: IT Professionals als neues Ausbildungsangebot für die Zielgruppe der Maturantinnen und Maturanten sowie den Arbeitsmarkt der Zukunft findet als fundierte Ausbildung praxisbezogen im Unternehmen und in der Berufsschule statt.

Die Vollzeitanstellung mit attraktivem Einstiegsgehalt sowie das betriebliche Trainee-Programm sind wichtige Faktoren für ein gesteigertes Interesse an diesem neuen Ausbildungsangebot. Nach Abschluss der Ausbildung haben die Absolventinnen und Absolventen beste Chancen am Arbeitsmarkt mit hervorragenden Berufs- und Zukunftsaussichten.

Welches Ziel steht hinter der IT-Sommerakademie?

Plank: Für unsere Lehrlinge ist das eine am Puls der Zeit befindliche Ergänzung der eignen Ausbildung und Qualifikation. Diese bringt einerseits die Teilnehmenden persönlich weiter und bietet andererseits auch den Ausbildungsbetrieben einen praktischen Mehrwert. Beispielsweise wird es ein Modul inklusive praktischer Umsetzung und Anwendung im Bereich der KI bzw. dem maschinellen Lernen geben.

Was unternehmen Sie, um mehr junge weibliche Teilnehmer für den IT-Beruf zu begeistern?

Plank: Unter dem Strich ist das leider ein großes Problem für unsere Betriebe am Ende der Kette. Es klingt möglicherweise hart, jedoch können weder unsere Betriebe und noch eine Fachgruppe reparieren, was eigentlich Aufgabe unseres überteuerten Bildungssystems ist. Hier muss schon im Kindergarten geschlechtsneutral angesetzt werden, um das Interesse für IT über den reinen Konsum- und Anwendungsgedanken hinaus zu verankern. Wir erleben hier seit vielen Jahren das gleiche Prinzip wie mit unseren Bildungsinstitutionen: „Wasch mich, aber mach mich nicht nass…“

Wie beurteilen Sie die Homeoffice-Regelung? Wo sehen Sie die größten Chancen und Risken?

Regensberger: Generell finde ich Homeoffice eine gute Möglichkeit, um Mitarbeiter im Berufsleben zu halten. Bei gewissen Mitarbeitergruppen entsteht zusätzlich die Möglichkeit, Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Dies ist gerade im weiblichen Segment ein großes Argument. Es kann Teilzeit ermöglicht werden und wertvolle kompetente Mitarbeiter bleiben so dem Unternehmen erhalten. Die größte Chance sehe ich darin, mittels Homeoffice auch problemlos räumliche Distanzen überbrücken zu können.

Man muss aber beachten, dass Homeoffice auch ein Risiko birgt. Mitarbeiter können auseinanderdriften, interdisziplinäres und gruppendynamisches Lernen und auch der Zusammenhalt können verloren gehen. Außerdem ist es meine Überzeugung, dass man Karriere nicht im Homeoffice, sondern im Office im Unternehmen macht. Und was COVID uns allen eindeutig gezeigt hat, ist, dass ein Austausch „face to face“ und „in natura“ für uns Menschen essentiell wichtig ist.


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