Der Podiumsdiskussion Plattform "Digital Business Trends" beleuchtete am Mittwoch Abend, den 23. Januar 2019, aktuelle Problemstellungen in Zeiten des digitalen Wandels und stellte eine neue Studie zu Kindern und Jugendlichen im VOD-Zeitalter vor. [...]
Der technologische Fortschritt und die damit einhergehenden rasanten Veränderungen in der Mediennutzung stellen Gesetzgeber und Regulierungsbehörden vor massive Herausforderungen. Welche Probleme die aktuellen Entwicklungen mit sich bringen und was das für Jugendschutz, die Verteidigung von Meinungsvielfalt und Menschenwürde bedeutet, diskutierten Expertinnen und Experten bei einer Veranstaltung der Plattform „Digital Business Trends“ (DBT) powered by RTR und KommAustria am Mittwoch Abend, den 23. Januar 2019, in Wien. Dr. Susanne Lackner, stellvertretende Vorsitzende der Medienbehörde KommAustria, führte mit einer Keynote in das Thema ein.
Eine aktuelle Studie des Fachbereichs Medien der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR Medien) und der Medienbehörde KommAustria bringt zahlreiche neue Erkenntnisse: Die Jugend nutzt lineares TV immer weniger oder anders. Video-on-Demand ist zu einer starken Konkurrenz geworden, was aber auch die Nutzung der Mediatheken der lineraren TV-Veranstalter begünstigt. Gleichzeitig dauert das Fernsehzeitalter bei älteren Personen an. Rund drei Viertel der österreichischen Bevölkerung sehen täglich oder fast täglich fern, so Wolfgang Tomaschitz, selbstständiger Meinungs- und Sozialforscher und Lektor an der FH Campus Wien, der auch als Co-Autor an der Studie von RTR Medien und KommAustria beteiligt war.
Die Zeit des Lagerfeuers, um das sich alle versammeln, sei vorbei, fasste Tomaschitz zusammen. Nachrichten bleiben für Jugendliche hingegen ein Thema. Egal auf welchem Kanal kommt rund jeder Zweite täglich mit Nachrichten in Kontakt. Auch Radio spielt noch immer eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Quellen werden stark hinterfragt, wenn auch nicht sehr professionell. Vielleicht auch, weil die Verunsicherung hinsichtlich der Glaubwürdigkeit groß ist. „Da herrscht eine ordentliche Ratlosigkeit“, so Tomaschitz. Herkömmliche Medien würden wieder an Bedeutung gewinnen, weil man ihnen vertraut oder zu vertrauen gelernt hat.
Der grenzüberschreitende Charakter von Online-Angeboten und entsprechender Plattformen erfordere eine neue Qualität der internationalen Zusammenarbeit hinsichtlich der Medienregulierung, erklärte Susanne Lackner, stellvertretende Vorsitzende der KommAustria. Im Jahr 2018 habe es eine Überarbeitung der Audiovisuellen Mediendienste-Richtlinie der EU gegeben, was zu einer Erweiterung um Video Sharing-Plattformen geführt habe. „Die jungen YouTuber sind aber keine TV-Sender mit Rechtsabteilung. Hier müssen wir Informationsarbeit leisten, auf die Stakeholder zugehen und für pragmatische Lösungen sorgen. Andererseits geht es auch um die sich ändernden Nutzungsgewohnheiten der Konsumentinnen und Konsumenten, die es zu verstehen gilt – auch auf Basis von Studien“, sagte Lackner.
Mehr Transparenz bei Algorithmen
Wichtig für die Behörde sei auch, die Medienkompetenz zu erhöhen und das Vertrauen in professionellen Journalismus sowie die Selbstregulierung der Akteure und Plattformen zu stärken. Außerdem müssten die Transparenz bei Algorithmen und Plattform übergreifende Regelungen forciert werden. Damit die Regulierungsbehörden europaweit einheitlicher agieren könnten, sollte die EU-Richtlinie möglichst harmonisiert in das jeweilige nationale Recht der Mitgliedsstaaten übernommen werden. Denn dann bestehe mehr Rechtssicherheit für die Mediendiensteanbieter und die Gefahr des Entstehens rechtlicher Schlupflöcher wäre minimiert.
Die Notwendigkeit einer Regulierung sei unbestritten, dabei gebe es typischerweise aber zwei Probleme, erläuterte Wolfgang Zankl, Professor am Institut für Zivilrecht der Universität Wien: „Erstens ziehen die EU-Mitglieder selten an einem Strang, wodurch letztendlich der kleinste gemeinsame Nenner rauskommt. Bei der Umsetzung in nationales Recht werden die Richtlinien, weil es sich die Gesetzgeber einfach machen, oft eins-zu-eins übernommen. Das führt zu sehr allgemeinen, schwammigen Regelungen und damit zu Rechtsunsicherheit“, sagte Zankl. Das zweite Problem sei, dass die Regulierung zu weit geht oder zu früh kommt. So werden im Bereich Künstliche Intelligenz schon Regelungen gefordert, obwohl noch sehr vieles unklar sei.
Audio-Fake-News werden bald zum Thema
Der Zeitpunkt der Regulierung sei angesichts der rasanten technologischen Entwicklung sehr wichtig, meint auch Katharina Schell, Medienredakteurin und Mitglied der Chefredaktion der APA – Austria Presse Agentur. Während Erwachsene noch eher zurückhaltend auf digitale Assistenten wie Apples Siri oder Amazons Alexa reagieren würden, hätten Kinder kaum Hemmnisse, sich mit den smarten Lautsprechern zu unterhalten. „Die haben disruptives Potenzial“, so Schell, die Audio-Fake-News schon bald zum Thema werden sieht. Es gebe viele Spannungsfelder, in denen die Handlungsspielräume noch nicht definiert seien.
Eines dieser Spannungsfelder ist Werbung. „Generell werden werbliche Maßnahmen viel zu schnell zum Bösewicht gemacht. Die größeren Gefahren liegen aber überwiegend woanders“, spielte Cosima Serban, Chief Strategy & Innovation Officer bei der Agentur e-dialog, auf Trends wie das Verzehren von Waschmittel-Pods an. Sie strich den Unterschied zwischen Werbung, die auf Relevanz und Mehrwert setzt, und Werbung, die manipuliert, hervor. „Wenn man datengetriebene Werbung ehrlich und transparent umsetzt, will man überzeugen und nicht überreden“, so Serban. Wichtig seien Erziehung, Aufklärung und Bildung: „Je vielfältiger und hochwertiger diese gestaltet sind, desto weniger ist man als Jugendlicher der dunklen Seite der digitalen Welt ausgeliefert.“
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