Digitaler Wandel: Ohne Öffnung bleiben viele Türen verschlossen

In einer zunehmend vernetzten Welt sind ein Mindestmaß an Offenheit und Kompatibilität notwendig, um von neuen Geschäftsmodellen und Plattformen profitieren zu können. [...]

Am 21. März diskutierte man über die Zukunft des Digitalen Wandels in Österreich (c) APA/APA-Fotoservice/Hörmandinger

In Österreich gebe es diesbezüglich noch Nachholbedarf, erklärten Expertinnen und Experten am Donnerstagabend des 21. März bei einer Veranstaltung der Plattform „Digital Business Trends“ (DBT) in Wien.

„Die Digitalisierung ist da, geht auch nicht mehr weg und betrifft alle Branchen, Regionen und Märkte. Wir müssen uns auf einen radikalen Wandel einstellen“, so Christoph Wecht, Professor für Management an der New Design University (NDU) in St. Pölten. Für die Kunden entstehe der Wert inzwischen weniger durch Produkte, als durch maßgeschneiderte digitale Lösungen. „Früher ging es darum, wer den besten Heizkörper herstellt. Jetzt ist das ein Gebrauchsgegenstand, der erst durch die Vernetzung und die neuen Möglichkeiten, die damit verbunden sind, wertvoll wird“, ist Wecht überzeugt.

Durch diese Entwicklung würden auch neue Geschäftsmodelle entstehen. So müssten beispielsweise Stadtwerke bei Energiespitzen Gaskraftwerke hochfahren. Anbieter von smarten Heizkörperthermostaten könnten aufgrund der anfallenden Daten diese Spitzen prognostizieren und im Fall der Fälle die Raumtemperatur in den Haushalten einfach um ein halbes Grad senken – „wenn die Stadtwerke dafür zahlen“.

Plattformen gewinnen an Macht

Neben den neuen Geschäftsmodellen würden Plattformen immer wichtiger. Ein Beispiel dafür sei der Stahlhandel. Wer in die Position komme, prognostizieren zu können, wer wann welche Qualität von Stahl braucht, steige zum wichtigsten Glied in der Wertschöpfungskette auf. Dadurch würden sowohl große Stahlanbieter als auch Produzenten entmachtet, weil so ein neuer Mittler entstehe, der die Fäden – oder in diesem Fall die Daten – in der Hand hat. Letztendlich könnten diese neuen zentralen Plattformen aber selbst der Disruption zum Opfer fallen – etwa durch Technologien wie die Blockchain, die die Vermittlerrolle übernehmen könnten.

„Was Plattformen betrifft, hinkt Europa deutlich hinterher. Das heißt, dass die Transaktionskosten großteils ins Ausland gehen. Das ist eine Herausforderung“, sagte Dietmar Kotras, General Manager der DXC Technology Austria GmbH. Die vernetzte Welt werde künftig mehr Kooperation und Zusammenarbeit als Konkurrenzkampf fordern. „Offenheit muss das neue Mantra werden“, erklärte Kotras, und das intern wie extern. Nur so könnte ein integriertes Ökosystem geschaffen werden. Allerdings sei es nicht immer einfach, die Unternehmenskultur zu ändern und innovative Ansätze in alte Strukturen zu bringen.

Nachholbedarf bei Regulierung

Katharina Mewald, Digital Strategist bei Microsoft, rät zur Start-up-Denke, also Dinge einfach mal auszuprobieren, wo dies möglich sei. Allerdings würden sich Start-ups leicht tun, wenn sie beispielsweise auf Clouddienste zurückgreifen könnten und sich nicht mit Altsystemen herumschlagen müssten. Für die traditionellen IT-Abteilungen seien die aktuellen Umwälzungen nicht einfach. Deshalb gebe es auch Widerstände und die Scheu, in neue Felder zu gehen. „Das muss begleitet werden, sonst ist die Unsicherheit zu groß.“ Nachholbedarf bestehe auch bei der Regulierung, etwa im Bereich Gesichtserkennung oder autonomes Fahren. Deshalb seien nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch die Unternehmen gefordert: „Eine künstliche Intelligenz darf nie entscheiden, ob jemand ein bestimmtes Service bekommt“, so Mewald.

„Der rechtliche Rahmen besteht zum Zeitpunkt der Innovation noch nicht – siehe Blockchain. Da gibt es noch keine eindeutige Einordnung oder Rechtsprechung“, sagte Florian Kranebitter, Rechtsanwalt und Partner der Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH (fwp). Das führe zu Unsicherheiten und stelle ein Hemmnis dar. Inzwischen habe auch die Finanzmarktaufsicht eine Anlaufstelle für diese Graubereiche geschaffen, weil der Gesetzgeber hier nicht hinterher komme. Ein sensibler Bereich sei die Unmenge an Daten, die die neuen Technologien mit sich bringen würden, und die Entscheidungsfreiheit, was damit passiert. In der Rechtsberatung sitze man jedenfalls auf viel Know-how und Daten, die gemeinsam mit den Kunden optimal genutzt werden könnten.


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