Heimische Fachkräfte sind heiß umkämpft

Interne Weiterbildung, Employer Branding und Empfehlungen der Mitarbeiter sind wichtige Rekrutierungsmaßnahmen für heimische Unternehmen im überschaubaren IT-Fachkräfte-Markt. Die COMPUTERWELT hat einige österreichische Unternehmen zu ihrer Situation befragt. [...]

Die IT-Branche nimmt einen wesentlichen Stellenwert als Stimulator der österreichischen Wertschöpfung ein. Diese Tatsache wird aber durch den eklatanten Fachkräftemangel gebremst. Dies hat die Fachgruppe UBIT der WKW Wien in Kooperation mit dem Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Klagenfurt in einer Untersuchung des heimischen Software- und IT-Sektors herausgefunden. Für Wien allein ergibt sich ein gesamter Fachkräftebedarf von etwa 1.600 Personen, in Österreich fehlen zur Zeit 3.270 Fachkräfte. Auch eine aktuelle Monster-Studie bescheinigt Österreich einen Mangel an Experten: 97,1 Prozent der Top-500-Unternehmen wollen heuer vakante Positionen besetzen, wobei die Mehrzahl eine Wiederbesetzung von freigewordenen Positionen plant und nicht ihre Mitarbeiteranzahl erhöht. Die Unternehmen erwarten dementsprechend auch, dass 31 Prozent der offenen Stellen nur schwer oder gar nicht besetzt werden können. Dies spüren auch die heimischen Unternehmen deutlich.
Auf die Frage, ob das Unternehmen aktuell Probleme hat, IT-Fachkräfte zu finden, beantworteten fast alle mit Ja, (aber). „Die Besetzung von bestimmten Qualifikationen ist schwierig und erforderte mehrere Maßnahmen parallel, sagt beispielsweise dazu der neue Head of Human Resources Austria bei Capgemini, Wilhelm Sterl. ACP habe bereits in den letzten Jahren verstärkt bemerkt, dass es schwieriger wird qualifizierte IT-Fachkräfte zu finden. „Davon ausgenommen ist der Bereich Technik Support. Hier freuen wir uns laufend über sehr gute Bewerberinnen und Bewerber sowie neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagt Simone Lammer, Leiterin HR der ACP Gruppe, im Gespräch mit der COMPUTERWELT. Auch bei Cellent gestalte sich die Suche nach qualifizierten Fachkräften schwierig, „da die Nachfrage deutlich höher ist als das Angebot“, so Thomas Cermak, HR-Vorstand von Cellent, und weiter: „Wir haben vor allem in unseren Kernkompetenzen SAP, Java und .NET einen starken Personalmangel.“ Auch Beko ist von einem Engpass betroffen, „Unser Wachstum könnte ohne den Fachkräftemangel wesentlich höher sein“, sagt dazu Christian Huszar, Leiter von BEKO Wien. „Es ist derzeit sicher eine große Herausforderung kompetente Mitarbeiter am Markt zu finden, vor allem auch im IT-Bereich. Es ist nicht immer einfach, die besten IT Fachkräfte zu finden, die Accenture braucht und wir spüren den Fachkräftemangel, zum Beispiel in Bereichen wie SAP und Java. Bisher macht uns diese Entwicklung aber noch keine ernsthaften Probleme: Um kompetente Mitarbeiter zu finden und zu halten, braucht es vor allem attraktive Arbeitsbedingungen. Und wie es scheint, kann Accenture diese bieten. Unsere Mitarbeiter sind jedenfalls mit uns sehr zufrieden: Das Great Place to Work Institute hat gerade ermittelt, dass wir in Österreich der drittbeliebteste Arbeitgeber in unserer Größenkategorie sind. Zusätzlich haben wir den Sonderpreis für wertschätzende Anerkennung erhalten“, erklärt Martina Pitterle, Personalleiterin bei Accenture Österreich. BRZ-Geschäftsführerin Christine Sumper-Billinger hat in den letzten Monaten eine weitere Austrocknung des Arbeitsmarktes für qualifiziertes IT-Personal beobachtet. „Da das BRZ als attraktiver Arbeitgeber gilt, kann der Arbeitskräftebedarf im Wesentlichen aber abgedeckt werden. Jedoch gestaltet sich die Personalsuche aufwendiger. Bei Spezialpositionen muss auch das BRZ mit längeren durchschnittlichen Recruitingzeiten rechnen.“ Das BRZ sucht vorwiegend Software-Entwickler, SAP-Berater, Business Intelligence Consultants und andere IT-Fachkräfte.

SAP- UND JAVA-EXPERTEN GESUCHT

SAP- und Java-Wissen dürfte am Markt so gut wie gar nicht vorhanden sein: „Beko sucht laufend zwischen 20 und 30 IT-Mitarbeiter, deren Job-Profile den Software Lifecycle abdecken. Dazu kommen spezielle Ausrichtungen in der Technologie wie zum Beispiel Java bzw. in Softwareprogrammen wie SAP. Speziell in der Industrie werden wiederum sehr hardwarenahe Projekte abgewickelt, wo vor allem IT-Techniker mit Know-how im Bereich Embedded Systems gesucht werden“, präzisiert Christian Huszar. Cellent ist derzeit auf der Suche nach SAP-Beratern, Sharepoint-Spezialisten und Java-Architekten, ACP sucht ständig Mitarbeiter in den Bereichen Consulting, System-Engineering und Software-Entwicklung. Fabasoft hat aktuell im Bereich Software-Entwicklung, IT-Consulting, Support und Operations Management vakante Positionen, wie Bettina Keplinger, Senior Vice President Finance bei Fabasoft und ebenfalls für HR & Accounting tätig, im Gespräch mit der COMPUTERWELT erklärt. Auch laut Robert Fitzthum und seinem IT-Indikator entfällt jedes dritte Stellenangebot auf das Segment Programmierung. Wachstum gibt es aktuell außerdem in Großsegmenten wie Support-Personal, SAP-Spezialisten, Netzwerk-Spezialisten, IT-Leiter und Datenbank-Experten.

LÖSUNGSMÖGLICHKEITEN

Die heimischen Unternehmen identifizieren zwei direkte Möglichkeiten um das Problem zu lösen: Eine positive Arbeitgebermarke und Weiterbildung. „Um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken, hat Fabasoft eine eigene Ausbildungsstätte, die Fabasoft Academy, eingerichtet. So können hausinterne Experten ihr Wissen an neue Mitarbeiter weitergeben“, erklärt Keplinger, und weiter: „Außerdem sehen wir ein positives, authentisches Aussenbild als wichtiges Argument, um Bewerber anzusprechen.“ Hier kann auch Accenture punkten: „Um kompetente Mitarbeiter zu finden und zu halten, braucht es vor allem attraktive Arbeitsbedingungen. Das Great Place to Work Institute hat gerade ermittelt, dass wir in Österreich der drittbeliebteste Arbeitgeber in unserer Größenkategorie sind. Zusätzlich haben wir den Sonderpreis für wertschätzende Anerkennung erhalten“, sagt Pitterle.“»Ebenso ist unser Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Programm ein wichtiger Recruiting-Kanal“, so Pitterle weiter. Auch für Capgemini ist dies – neben anderen Recruitingmöglichkeiten und der Stärkung der Arbeitgebermarke – ein gangbarer Weg: „Wir setzen vor allem auf Mitarbeitervorschläge und verstärken dies nun. Mitarbeiter erhalten eine Prämie, wenn sie jemanden vorschlagen. Diese Mitarbeiter haben meist ein besonders ausgeprägtes Netzwerk und können den Arbeitsalltag bei Capgemini auch sehr gut darstellen“, erklärt Wilhelm Sterl, der erst seit März die HR bei Capgemini leitet. Die ACP-Gruppe setzt auf ein Lehrlingsausbildungsprogramm: „Wir bilden junge engagierte und lernwillige Menschen in den Berufen Informationstechnologe und Bürokaufmann aus“ erklärt Simone Lammer. Cellent sucht neben der Direktansprache via Social Media und der Empfehlung von Kollegen auch auf Fachmessen nach Kandidaten. „In punkto Weiterbildung bieten wir unseren Mitarbeitern nicht nur laufende Schulungen und Zertifizierungen, sondern geben ihnen auch die Möglichkeit, sich als Junior-Berater ausbilden zu lassen“, ergänzt Cermak. Beko löst das Knappheitsproblem „auch dadurch, indem wir auf die Qualifizierung unserer Mitarbeiter durch laufende Weiterbildung an der Beko-Akademie setzen“, erklärt Huszar. Fabasoft ergänzt das klassische Recruiting durch den Besuch von Karriere-Veranstaltungen, Kooperationen mit Ausbildungsstätten und Empfehlungsmanagement, das BRZ durch intensive Weiterbildung seiner Mitarbeiter.


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