Ungehorsam statt Compliance!

Wie Innovation in Unternehmen gelingen kann oder die alles entscheidende Frage: Gibt es uns in 10 Jahren noch? [...]

IFWK (c) Melzer PR
Wie kann Innovation im eigenen Unternehmen gelingen? Darüber diskutierten IFWK-Gründer Rudolf J. Melzer, Fraunhofer Austria Geschäftsführer Univ.-Prof. Wilfried Sihn, voestalpine High Perfomance Metals-Vorstand Reinhard Nöbauer, TrendingTopics.at Chefredakteurin Sara Grasel, winnovation-Gründerin Gertraud Leimüller, Leiterin der Stabstelle Innovation der APA Verena Krawarik, adesso-Geschäftsführer Erwin Greiml und Henkel-Manager Georg Grassl (v.l.). (c) Melzer PR

Innovation ist in Österreich seit einiger Zeit „hip“ geworden. Manche Medien überschlagen sich förmlich im Finden toller Start-up- oder Gamechanger-Stories… aber wie innovieren bereits bestehende Unternehmen? – Welches Umfeld muss das Management schaffen, damit Innovation in einem Betrieb nachhaltigen Erfolg bringt? Und was kann die Kommunikation im Innovationsprozess leisten? – Diese Fragen stellte der Gründer des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation, Rudolf J. Melzer, einer Experten-Runde aus Wissenschaft, Wirtschaft und Medien dieser Tage bei Henkel CEE in Wien.

Nach einer Keynote von Gertraud Leimüller, Gründerin von winnovation consulting, diskutierten unter der Leitung von TrendingTopics.at Chefredakteurin Sara Grasel Georg Grassl, General Manager Österreich Laundry & Home Care bei Henkel CEE, Erwin Greiml, Geschäftsführer des IT-Beratungsunternehmens adesso Austria, Verena Krawarik, Leiterin der Stabstelle Innovation der Austria Presseagentur (APA), Reinhard Nöbauer, Vorstand der voestalpine High Performance Metals GmbH, Johannes Riha, Geschäftsführer von GGW Gruber, sowie Univ.-Prof. Wilfried Sihn, Geschäftsführer der Fraunhofer Research GmbH und Rainer Walter, Geschäftsführer von Pörner Anlagenbau.

„Entscheidend für Innovation ist zuerst einmal eine gute Idee und dann die Kunst, diese auch auf den Markt zu bringen“, bringt Wilfried Sihn die Essenz der Thematik auf den Punkt. „Wir können nur mit Innovationen überleben und dazu braucht es gute Leute. Klein- und Mittelbetriebe haben keine Innovationsabteilungen und müssen sich daher unbedingt externe Hilfe holen.“

Aber auch bei großen Konzernen ist ein Umdenken angesagt, um Raum für Innovation zu schaffen, so Reinhard Nöbauer: „Für Digitalisierungs- und Innovationsprozesse braucht es im Unternehmen mehr, aber vor allem anders ausgebildetes Personal. Und man muss die Leute dann auch vor überbordender Bürokratie und zu viel Reglement schützen und damit auch einen gewissen Kontrollverlust akzeptieren.“

Ähnlich provokant beschreibt auch Innovationsexpertin Gertraud Leimüller in ihrer Keynote die Problematik zwischen Innovationsmanagement auf der einen Seite und starren Strukturen in den heimischen Unternehmen: „Die in Österreich übliche Regeltreue ist für Innovation nicht förderlich, das sehen wir an den unzähligen Compliance-Regeln, an die sich die Mitarbeiter halten sollen. Wir müssen in Unternehmen Möglichkeiten des Ungehorsams schaffen. Sonst bleibt das innovative Denken auf der Strecke.“

Verena Krawarik arbeitet mit ihrem Team bereits in vielen verschiedenen Settings, um so Innovationen in der APA zu fördern: „Entscheidend für den Innovationsprozess ist absolute Transparenz und Offenheit. Sich immer wieder zu fragen: Was funktioniert und was nicht? Und auch einmal scheitern zu dürfen und dann wieder motiviert weiter zu machen. Das muss man natürlich auch aushalten können. Da Innovationsprozesse meistens nicht so schnell abgeschlossen werden, ist es ganz wichtig, mit den Mitarbeitern Milestones zu feiern, um die Motivation zu erhalten.“

Hilfe von außen holen!

In einem Punkt sind sich alle Diskutanten einig: Um Innovationsprozesse in Gang zu setzen, hilft es, sich externe Expertise zu holen, denn oft braucht es eine Idee „out of the box“: „Jeder CEO spricht von Innovation, viele im Unternehmen stehen dann aber auf der Bremse“, legt Erwin Greiml die Notwendigkeit externer Hilfe dar. „Der Treiber für Innovation muss von außen kommen und dann sind drei Punkte entscheidend, wie es gelingen kann: man muss den Markt kennen, die Technologie verstehen und beherrschen und vor allem den Kunden verstehen. Erst wenn man in den Köpfen der Anwender denkt, wird die Innovation zum Erfolg.“

Dass diese Hilfe von außen entscheidend ist, haben mittlerweile auch die Großkonzerne erkannt, bestätigt Georg Grassl von Henkel CEE: „Die externe Unterstützung ist mittlerweile unbedingt notwendig: Das kann in Form von Start-ups sein, die man ins Unternehmen holt oder durch externe Berater, die wissen, wie große Unternehmen ticken. Wir arbeiten zum Beispiel mit Forecasting-Start-ups zusammen, was gerade bei schnell drehenden Konsumgütern sehr wichtig ist.“

Eine neue Generation für Innovation?

Bei der anschließenden Diskussion mit dem Publikum stellte Johannes Riha, Geschäftsführer des Mess- und Prüftechnikherstellers GGW Gruber, die Frage ans Podium, wie denn Innovation im Sinne des Change Managements gelingen könne: „Wie bringe ich als junger Geschäftsführer langjährige Teams dazu, sich mit mir gemeinsam weiterzuentwickeln? Durch die ‚Wir machen es so, wie wir es immer gemacht haben‘-Mentalität wird jeder Innovationsgedanke zu Nichte gemacht.“ Darauf Wilfried Sihn: „Innovation hat immer mit Menschen zu tun. Keine Maschine und kein Computer kann das Innovieren übernehmen. Daher ist es wichtig, die innovativ denkenden Menschen im Unternehmen zu fördern, damit diese 20 Prozent der Mitarbeiter die restlichen 80 Prozent mitreißen.“

Auch Harvard-Absolventin Leimüller betont, dass Innovation nicht von selbst passiert: „Innovation ist nichts für Angsthasen. Denn jedes Unternehmen muss sich heute die Frage stellen: Gibt es uns in 10 Jahren noch? Und was muss ich dafür tun? Es braucht Mut, sich externe Hilfe zu holen, die möglicherweise auf den ersten Blick ganz anders tickt als mein Unternehmen.“

Das bestätigt auch Rainer Walter, Geschäftsführer des Sicherheitsspezialisten Pörner Anlagenbau: „Wenn man als CEO als einziger Anzugträger mit den Leuten eines Start-Ups zusammensitzt, kommt man sich schon etwas fehl am Platz vor. Das einem diese Personen dann aber Inputs geben können, auf die man so nie gekommen wäre, ist eine tolle Sache und nur so können großartige Innovationen entstehen. Wir müssen sie nur zulassen.“

An der von Trending-Topics-Chefredakteurin Sara Grasel moderierten Diskussion beteiligten sich weiters die Kommunikationsverantwortliche von NTT DATA Cornelia Spitzer, Hausherr und Leiter der Unternehmenskommunikation von Henkel CEE Michael Sgiarovello, Rechtsanwalt Wilhelm Milchrahm sowie Martina Zöbl von der FH Wien.

Beim anschließenden Networking wurde noch angeregt weiterdiskutiert U.a. mit dabei: Peter Kraus, Senior-Partner beim Beratungsunternehmen Hill-Woltron, Felix Windisch, Energiemanager bei ROMA Friseurbedarf und Esther Lind, Head of Transformation and Special Projects bei voestalpine High Performance Metals GmbH.


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