Shareconomy an der TU Wien: Warum nicht einfach teilen?

"Share Economy" mit IKT-Unterstützung auf dem Weg in den Alltag: Ich habe eine Kiste Äpfel übrig – hilfst du dafür meiner Tochter bei den Hausaufgaben? An der TU Wien werden Lösungen entwickelt, die das Teilen fördern und Leute zueinander bringen. [...]

Teilen liegt im Trend. Man wird Mitglied beim Car-Sharing, man tauscht Bücher, man stellt auf Internet-Plattformen das eigene Sofa für Reisende mit kleinem Budget zur Verfügung. „Share Economy“ wird dieses Phänomen genannt – und das Forschungsteam am Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung der TU Wien ist überzeugt davon, dass diese Art des Teilens weiter an Bedeutung gewinnen wird. Organisiert werden diese neuen Angebote meist online, über den Computer oder eine App am Smartphone. Nun wird erforscht, welche technologische Mittel man braucht, um das Teilen, die Kooperation und das Entstehen lokaler Gemeinschaften am besten zu fördern.

TECHNIK FÜR MENSCHEN

Ob eine Sharing-Idee schnell wieder verschwindet oder zum weltweiten Erfolg wird, hängt davon ab, ob der Nutzen im täglichen Gebrauch größer ist als der Aufwand, sich in die Funktionsweise der technischen Anwendung beschäftigen zu müssen. Einfache Bedienung, ein gutes User-Interface, ein sauber programmierter Code – all das ist unverzichtbar. „Natürlich braucht man zunächst eine gute Idee – aber die nützt nur dann etwas, wenn man sie technisch so umsetzt, dass sie vom Zielpublikum als echte Erleichterung im Alltag erlebt wird“, sagt Prof. Geraldine Fitzpatrick vom Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung.

Derzeit laufen an der TU Wien verschiedene Forschungsprojekte dazu: Geplant ist, eine Food-Sharing-Plattform aufzubauen, die bedürftigen Menschen zu Gute kommt. „Viele Leute haben überschüssige Lebensmittel zu Hause, vielleicht einfach, weil man mal versehentlich zu viel eingekauft hat“, sagt Prof. Margit Pohl vom selben Institut der TU Wien. „Es ist schade, so etwas einfach wegzuwerfen, wenn es gleichzeitig jemanden gibt, der das gut brauchen könnte.“ Dabei muss man natürlich sorgfältig überlegen, wie man soziale Stigmatisierung vermeidet, und wie man Schwellenängste und Zugangsbarrieren abbaut, die sich etwa durch mangelnde Sprachkenntnisse ergeben könnten. Am Ende des Projektes soll ein Food-Sharing-Kiosk stehen, der mit durchdachter Programmierung Menschen zueinander bringt und die Gesellschaft ein bisschen sozialer werden lässt. Im Gegensatz zu existierenden Food-Sharing-Plattformen steht bei dem Kiosk Anonymität und leichte Zugänglichkeit im Mittelpunkt.

Ein anderes Projekt mit dem Namen „Give&Take“ richtet sich speziell an ältere Menschen. „Wir wollen ihnen helfen, kleine Gefälligkeiten auszutauschen, länger aktiv zu bleiben und Kontakte zu knüpfen“, sagt Geraldine Fitzpatrick. Vielleicht kennt sich die Nachbarin gut mit Technik aus, hilft beim Anschließen des neuen Fernsehgeräts und freut sich, wenn man ihr dafür ein gutes Abendessen kocht? Man hat oft Hemmungen, einfach an die Nachbartür zu klopfen und nachzufragen. Technik kann helfen, diese Barriere abzubauen und Menschen ganz unkompliziert miteinander zu verbinden. Ihr Institutskollege Dr. Özge Subasi betont in diesem Zusammenhang ganz besonders den Ansatz des partizipativen Designs. So können sich Freundschaften und Netzwerke bilden – nicht nur in der unmittelbaren Nachbarschaft, sondern weit darüber hinaus.

MASCHINEN FÜR MENSCHLICHKEIT

Der Informationstechnologie scheint manchmal der Ruf anzuhaften, den direkten menschlichen Kontakt zu erschweren. Wir können zwar mit Freunden auf der anderen Seite der Erde telefonieren – doch vielleicht haben wir gerade deshalb weniger Zeit für persönliche Kontakte in der direkten Umgebung? „Wir sind überzeugt davon, dass man genau dieses Problem durch klug designte IT-Lösungen anpacken kann“, meint Margit Pohl. „Die Technik soll menschlichen Kontakt erleichtern und nicht in Konkurrenz dazu stehen.“

Um das zu ermöglichen, braucht man interdisziplinäre Forschung. Der Fokus der Arbeit an der TU Wien ist ein technischer – es geht um die Entwicklung von Codes, Programmen und Anwendungskonzepten. Doch erfolgreiche Produkte kann man nur entwickeln, wenn man auch Erkenntnisse der Sozialwissenschaften mit einfließen lässt und auf gutes Design achtet.

Oft genug ärgern wir uns über Computerprogramme, weil es uns schwerfällt, ihre Bedienung zu erlernen. Eigentlich ist das verkehrt gedacht: Die Computercodes sollten sich an den Menschen anpassen – nicht umgekehrt. Genau um diese Entwicklung menschenfreundlicher Programme wird es in den nächsten Jahren in den Forschungsprojekten an der TU Wien gehen. Am Ende sollen dann IT-Lösungen stehen, die gerade unsere allermenschlichsten Fähigkeiten fördern – Empathie, soziales Bewusstsein und die Freude am Teilen. (pi)


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