Der aktuelle Safety Management and Sustainability Trends Report 2025 von AMCS beleuchtet, wie Unternehmen zunehmend Sicherheit und Nachhaltigkeit miteinander verknüpfen, um resilienter und zukunftsfähiger zu agieren. ITWelt.at hat sich die Studie angesehen. [...]
Der Bericht basiert auf qualitativen Interviews mit 13 internationalen Fachleuten aus den Bereichen Umwelt, Gesundheit, Sicherheit (HSE) sowie Umwelt, Soziales und Governance (ESG). Ziel ist es, aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Best Practices zu analysieren. Die zentralen Erkenntnisse zeigen, dass technologische Innovationen, regulatorischer Druck und kultureller Wandel Unternehmen dazu veranlassen, Sicherheit und Nachhaltigkeit als strategische Einheit zu begreifen.
Neue Prioritäten im HSE-Management
Im Jahr 2025 rückt Sicherheit stärker in den Fokus der Unternehmensführung. Ein zentraler Trend ist die Aufwertung von Sicherheit und Gesundheit zu einem unternehmenskritischen Risiko. Die Wahrnehmung psychosozialer Risiken – etwa Stress oder mangelnde Wertschätzung – nimmt ebenso zu wie der Einsatz digitaler Technologien zur Prävention. Besonders hervorgehoben wird die Rolle von IoT-Geräten, Wearables und künstlicher Intelligenz, die in Echtzeit Gesundheitsdaten erfassen, Compliance überwachen und Frühwarnsignale liefern sollen.
Ein weiterer Aspekt ist die zunehmende Verantwortung für Sicherheits- und Umweltstandards entlang der gesamten Lieferkette. Unternehmen müssen sich nicht mehr nur auf ihre eigenen Standorte beschränken, sondern Nachhaltigkeitspraktiken bei Zulieferern durchsetzen und dokumentieren. Die Kreislaufwirtschaft, insbesondere durch Recycling und Wiederverwendung, wird dabei als integraler Bestandteil moderner HSE-Strategien betrachtet.
Mensch im Mittelpunkt der Sicherheitskultur
Trotz technischer Innovationen bleibt die Sicherheit laut den Experten eine zutiefst menschliche Angelegenheit. Erfolgreiches Sicherheitsmanagement basiert auf Beteiligung, Vertrauen und gezielter Schulung. Zahlreiche Beiträge betonen, wie wichtig es ist, Mitarbeitende einzubeziehen, kontinuierlich zu qualifizieren und eine Kultur zu schaffen, in der Sicherheitsaspekte offen angesprochen werden können.
Die sogenannte psychologische Sicherheit – also das Vertrauen, Bedenken ohne negative Konsequenzen äußern zu dürfen – gilt als Grundvoraussetzung. Dabei kommt der Führungsebene eine zentrale Rolle zu: Echte Veränderungen entstehen laut Studie nur durch glaubwürdige, konsistente Führung über alle Hierarchien hinweg. Parallel dazu werden informelle Führungskräfte als Bindeglied zwischen Management und Belegschaft identifiziert – sie sollen eine Bottom-up-Kultur stärken.
Behavior-Based Safety und neue Schulungskonzepte
Ein bewährter Ansatz im Sicherheitsmanagement ist das Behavior-Based Safety (BBS) Modell, das auf die systematische Analyse menschlichen Verhaltens am Arbeitsplatz setzt. Ziel ist es, nicht Symptome, sondern Ursachen unsicheren Verhaltens zu identifizieren – etwa Ablenkung durch Umgebung oder fehlende Hinweise – und präventiv zu handeln.
Neben der Analyse fordern die Experten neue Schulungskonzepte. Statt formaler Jahreskurse setzen zukunftsorientierte Unternehmen auf kurze, praxisnahe Lerneinheiten mit Szenarien aus dem Arbeitsalltag. Diese sollen besser mit der Arbeitsrealität verknüpft und kontinuierlich durchgeführt werden. Mikro-Learning während der Schichtwechsel, Peer-to-Peer-Wissensaustausch oder Arbeitsplatzbegehungen zählen zu den bevorzugten Methoden.
Digitalisierung verändert das Risikomanagement
Prädiktive Analytik gilt als zukunftsweisender Trend. Mit Hilfe maschinellen Lernens sollen Risiken erkannt werden, bevor sie zu Vorfällen führen. Dennoch warnt die Studie vor einer einseitigen Technikorientierung: Sicherheitsrisiken seien oft dynamisch und kontextabhängig – ein rein datenbasierter Ansatz greife zu kurz. Wertvoller als historische Daten sei häufig das Erfahrungswissen der Mitarbeitenden. Die Kombination von Mensch und Maschine wird daher als effektivste Methode hervorgehoben.
Cloudbasierte HSE-Systeme gewinnen an Bedeutung, da sie standortübergreifendes Reporting und eine bessere Vernetzung mit HR-, Umwelt- und Governance-Daten ermöglichen. Der Fokus liegt auf Integration und Kompatibilität. Insbesondere APIs und BI-Tools wie Power BI werden genannt, um Informationen aufzubereiten und automatisch bereitzustellen.
ESG-Management im Umbruch
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU setzt neue Maßstäbe für die ESG-Berichterstattung. Ab 2025 sind viele Unternehmen verpflichtet, nichtfinanzielle Informationen zu dokumentieren. Transparenz und Datenqualität rücken in den Mittelpunkt – eine Herausforderung, der sich viele Unternehmen laut Studie noch nicht vollständig gewachsen fühlen.
Einheitliche ESG-Kennzahlen, verlässliche Datenquellen und integrierte Softwarelösungen gelten als Schlüssel, um Compliance sicherzustellen. Gleichzeitig wird davor gewarnt, ESG nur als Berichtspflicht zu begreifen. Nachhaltigkeit müsse vielmehr ein integraler Bestandteil des Geschäftsmodells sein – von der Entscheidungsfindung über Investitionen bis hin zur operativen Umsetzung.
ESG-Kennzahlen als Entscheidungsgrundlage
Mehrere Experten empfehlen, ESG-Kriterien in Investitionsentscheidungen einzubeziehen, etwa durch einen internen CO₂-Preis. Dadurch erhalten Umweltwirkungen denselben Stellenwert wie Kosten. Voraussetzung ist eine transparente, datenbasierte und verständliche ESG-Governance, die auf strategische Ziele abgestimmt ist. Herausforderungen bestehen laut Bericht insbesondere bei der Datenintegration und abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit.
Das Verständnis der Kreislaufwirtschaft wird als wirtschaftlich sinnvoll hervorgehoben. Neben der Ressourcenschonung ergeben sich daraus auch neue Geschäftsmodelle – etwa durch Second-Hand-Märkte, Recyclingtechnologien oder Sharing-Modelle. Zentrale Rolle spielen auch hier die Lieferketten: Unternehmen sollen Verantwortung für Umwelt- und Sozialstandards ihrer Partner übernehmen und diese aktiv überprüfen, etwa über Audits oder Verhaltenskodizes.
Technologie als Enabler für ESG und HSE
Technologische Innovationen gelten als zentraler Hebel zur Verbesserung von Transparenz und Effizienz. Besonders hervorgehoben werden automatisierte Reporting-Systeme, intelligente Sensorik, Kamerasysteme zur Verhaltensüberwachung sowie Natural Language Processing (NLP) zur Auswertung von Mitarbeitenden-Rückmeldungen in Echtzeit. Der Nutzen dieser Technologien liegt vor allem in der frühzeitigen Erkennung von Risiken – sowohl physisch als auch psychisch.
Allerdings betonen mehrere Fachleute, dass Technologie nur dann Wirkung entfalten kann, wenn sie durch eine passende Organisationskultur gestützt wird. Systeme sollten nutzerfreundlich, flexibel und anpassbar sein. Nur wenn Mitarbeitende bereit sind, sinnvolle Daten einzugeben, entstehen daraus verwertbare Erkenntnisse.
Der kombinierte Ansatz: Sicherheit trifft Nachhaltigkeit
Ein zentrales Plädoyer des Berichts ist die Verknüpfung von Sicherheits- und Nachhaltigkeitsstrategien. Beide Bereiche teilen gemeinsame Ziele: Schutz von Menschen, Schonung von Ressourcen und Einhaltung von Vorschriften. Durch ein abgestimmtes Vorgehen lassen sich nicht nur Synergien nutzen, sondern auch neue Geschäftspotenziale erschließen. Beispielsweise durch CO₂-neutrale Sicherheitslösungen oder eine stärkere Integration von ESG-Zielen in HSE-Prozesse.
Erfolgreiche Beispiele kombinieren Zertifizierungen wie ISO 14001 (Umweltmanagement) und ISO 45001 (Arbeitssicherheit), um ihre Systeme strukturiert aufzubauen und weiterzuentwickeln. Die Studie betont, dass Unternehmen, die ESG- und HSE-Strategien isoliert behandeln, künftig Nachteile in puncto Effizienz, Compliance und Reputation befürchten müssen.
Herausforderungen und Ausblick
Zu den größten Herausforderungen zählt die Einhaltung sich ständig ändernder Vorschriften. Unternehmen sind gefordert, ihre Prozesse flexibel zu gestalten, rechtliche Entwicklungen zu beobachten und geeignete Softwarelösungen zu implementieren. Auch interne Hürden wie Silodenken, Ressourcenmangel oder unklare Zuständigkeiten erschweren die Umsetzung kombinierter Ansätze.
Die Experten fordern ein grundlegendes Umdenken: Sicherheit und Nachhaltigkeit sind keine voneinander getrennten Themenbereiche, sondern eng miteinander verwoben. Wer Sicherheit mit Nachhaltigkeit kombiniert, kann nicht nur seine Risiken besser managen, sondern auch seine Innovationsfähigkeit steigern, seine Marke stärken und die Loyalität von Kunden und Mitarbeitenden fördern.
Das Fazit der ITWelt-Redaktion
Der Safety Management and Sustainability Trends Report 2025 liefert ein umfassendes Bild davon, wie sich Sicherheit und Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext verändern. Der Fokus liegt auf der ganzheitlichen Betrachtung beider Disziplinen, der technologischen Unterstützung sowie der aktiven Einbindung der Belegschaft. Die Herausforderungen sind komplex – aber sie bieten Unternehmen auch die Chance, sich strategisch neu aufzustellen und resilienter zu werden.
Die Studie kann hier heruntergeladen werden.

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