Ausnahmslos jedes Unternehmen steht mit der digitalen Transformation endgültig vor der Herausforderung seine IT und vor allem seine IT-Sicherheit effizienter zu gestalten. Trotz und wegen neuen technologischen Entwicklungen. [...]
Zum Thema „IT-Security in Deutschland 2018“ hatte IDC im Sommer letzten Jahres bereits eine Studie veröffentlicht. Daraus geht unter anderem hervor, dass die digitale Transformation ein Sicherheitsrisiko ist und woran es in deutschen Unternehmen vor allem hapert. Unter anderem mangelt es an strategischen Ansätzen: eine Vielzahl der Unternehmen geht an das Thema IT-Sicherheit noch immer rein taktisch heran. Das bestätigen auch die jüngst veröffentlichten Ergebnisse des 2019 Thales Data Threat Report – Global Edition auf Basis der Erhebungen und Analysen von IDC.
Die digitale Transformation hat die Art und Weise verändert wie wir arbeiten. Unternehmen setzen Technologien wie Cloud, mobile Anwendungen, soziale Medien und das IoT großflächig ein. Neue und effizientere Geschäftsmodelle, verbesserte Kundenerfahrungen, Kostensenkungen, das sind nur einige der damit verbundenen Vorteile. Immer mehr Firmen setzen die digitale Transformation ganz konkret um und sind so entscheidend daran beteiligt, die eigenen Märkte umzukrempeln. Diese Entwicklung macht aber insbesondere einer Berufsgruppe das Leben schwer. Man ist geneigt zu sagen „noch“ schwerer: den IT-Sicherheitsverantwortlichen.
Digitalisierung auf Kosten der Sicherheit?
Unabhängig davon wie weit ein einzelnes Unternehmen mit der Digitalisierung fortgeschritten ist, gilt es die Budgetdecke über eine Fülle unterschiedlicher Umgebungen (und die Daten, die dort vorgehalten, transportiert, gespeichert und bearbeitet werden) zu ziehen, Ressourcen gezielter als bisher einzusetzen und Lösungen zu wählen, die zweierlei erfüllen: die Digitalisierung und somit neue Geschäftsmodelle und Prozesse zu unterstützen, wenn nicht sogar erst zu ermöglichen, und gleichzeitig den Sicherheitslevel anzupassen.
Die mit der digitalen Transformation verbundenen Bedrohungen sind nur allzu real wie es jüngste Zahlen aus dem 2019 Thales Data Threat Report wieder belegen: 60 Prozent der Befragten gaben an bereits Opfer einer Datenschutzverletzung geworden zu sein, davon 30 Prozent alleine im letzten Jahr. Die Herkunft der Bedrohungen ist vielfältig und schließt eine große Zahl externer und interner Quellen mit ein. Daten, darunter höchst vertrauliche, sind die Währung des Informationszeitalters. Kundendaten, heikle finanzielle Informationen, Geschäftsgeheimnisse und so weiter. Statt streng gesichert in einem Unternehmen zu verbleiben, werden diese Daten als Teil der digitalen Transformation, verarbeitet, transportiert, geteilt und gespeichert. Sie haben den streng gesicherten Hort der SOCs verlassen und werden in der Cloud, auf mobilen Endgeräten und im Internet der Dinge genutzt.
Das setzt Daten einem stark erhöhten Risiko aus. Selbst Unternehmen, die deutlich mehr als der Durchschnitt in Sicherheitsmaßnahmen investieren, sind vor Angriffen und Datenschutzverstößen nicht gefeit. Mehr noch, ist es gerade für die Unternehmen, die in der digitalen Transformation schon relativ weit vorangeschritten sind, noch wahrscheinlicher Opfer einer Datenschutzverletzung zu werden: 64 Prozent der befragten Unternehmen, die über 10 Prozent ihres IT-Budgets für die IT-Sicherheit aufwenden sind bereits mindestens ein Mal Opfer einer Datenschutzverletzung geworden, 34 Prozent von ihnen im letzten Jahr. Vergleichen wir diese Ergebnisse mit den Unternehmen, die weniger als 10 Prozent ihrer IT-Budgets in Sicherheitsmaßnahmen fließen lassen. Hier haben 47 Prozent schon einen Datenschutzverstoß hinnehmen müssen, 17 Prozent von ihnen im letzten Jahr.
Das kann verschiedene Gründe haben. Firmen, welche die digitale Transformation schon weit getrieben haben, sind unter Umständen bekanntere Marken und potenziell attraktivere Ziele für Cyberkriminelle. Die höhere Rate hängt unter Umständen damit zusammen, dass solche Unternehmen mehr Datenschutzverletzungen erkennen und diese nicht über Monate oder noch länger unentdeckt bleiben. Auf der anderen Seite geht der dynamische Umbau möglicherweise mit einer Einstellung einher bei der Time-to-Market Vorrang vor allen Sicherheitserwägungen hat. Sicherlich die problematischste der Hypothesen.
Multi-Layer-Sicherheit wird zur neuen Normalität
Netzwerke, Anwendungen und Daten stehen gleichermaßen im Fokus von Sicherheitsmaßnahmen. Ein Multi-Layer-Sicherheitsansatz hat allerdings seinen Preis. IT-Sicherheitsabteilungen kämpfen mit langen „To-Do“-Listen, wenn sie die nötigen Technologien tatsächlich innerhalb der kommenden 12 Monate einziehen wollen. Mit dieser Entwicklung haben die Budgets nicht Schritt gehalten. Und im Zuge strenger Compliance-Anforderungen nicht zuletzt durch die DSGVO sehen sich viele veranlasst aus weniger mehr zu machen. Das zwingt Unternehmen in einen Spagat. Auf der einen Seite eine konsistente Sicherheitsarchitektur einziehen, die aber auf der andere Seite auf völlig veränderte Geschäftsprozesse trifft. Vielerorts stößt man deswegen noch auf veraltete Sicherheitsinfrastrukturen während zeitgleich neue, Cloud-basierte Technologien ausgerollt werden.
In diesem Jahr sind es nur noch 50 Prozent der Befragten, die mit einem Anstieg ihrer Sicherheitsbudgets rechnen; letztes Jahr waren es demgegenüber 79 Prozent. Haben wir in Sachen Sicherheitsaufwendungen eine Obergrenze bei den zu erwartenden Investitionen erreicht? Sollte das der Fall sein, sind Firmen gezwungen die dünne Budgetdecke über eine Vielzahl von Umgebungen und Anwendungen zu strecken. Es gilt also Lösungen zu finden, die solchen Ansprüchen eher gerecht werden als andere wie etwa Plattform-basierte Lösungen mit Optionen zum Schutz on-premises, in der Cloud und in hybriden Umgebungen.
97 Prozent der Befragten nutzen vertrauliche Daten innerhalb von Technologien zur digitalen Transformation. Entsprechend hoch sollte der Prozentsatz derer sein, die ihre Daten mit geeigneten Maßnahmen schützen. Das ist aber längst nicht überall der Fall. Lediglich 30 Prozent der Befragten verschlüsseln ihre Daten in diesen Umgebungen. Eine erschreckend niedrige Rate. Eine mögliche Erklärung: Unternehmen konzentrieren sich zunächst auf geschäftliche Weiterentwicklungen und denken erst in zweiter Linie an die Folgen für die IT-Sicherheit. Komplexe Umgebungen tun ein Übriges. Diese vergleichsweise niedrige Priorität mutet einigermaßen paradox an. Denn neben diesen Ergebnissen, bewerten 66 Prozent der Befragten ihre Sicherheitsmaßnahmen für neue Technologiebereitstellungen als „sehr“ oder sogar als „extrem“ sicher. Verglichen mit nur 12 Prozent, die glaubten noch keine wirklich adäquaten Sicherheitsmaßnahmen eingezogen zu haben.
Ambitionierte Ziele versus unternehmerischer Realität
Diese Ergebnisse korrelieren zur den durchaus ambitionierten Planungen der Sicherheitsexperten. Da ist die Rede von Verschlüsselung, Datenbankverschlüsselung, Identity und Access Management, Multi-Faktor-Authentifizierung und Hardware Security Modulen. Wer von den Befragten solche Technologien noch nicht nutzt, plant deren Einsatz in den kommenden 12 Monaten. Wie passt das zusammen? Was die zitierten Studienergebnisse anbelangt mahnt IDC zur Vorsicht. So sei man von einer Durchdringung noch ein gutes Stück entfernt. Technologien wie DRM, vollständige Festplattenverschlüsselung und Tokenisierung haben derzeit noch eine TAM (Total Adressable Market)-Durchdringung von unter 50 Prozent. Zudem stellt sich die Realität durchaus verschieden dar, wenn man zunächst das DevOps-Team nach seiner Einschätzung fragt und anschließend die Geschäftsführung.
Obwohl die Verschlüsselungsraten mit knapp einem der Drittel der Befragten, die sie einsetzen, kaum den gestiegenen Sicherheitsansprüchen Rechnung tragen, gibt es demgegenüber eine Reihe von Schlüsselbereichen in denen der Einsatz von Verschlüsselung über dem Durchschnitt liegt: IoT (42 Prozent), Container (47 Prozent) und Big Data (45 Prozent).
Die größten Bedenken hinsichtlich der IoT-Sicherheit betreffen vor allem potenzielle Angriffe auf IoT-Geräte, nicht ausreichende Rahmenwerke und Kontrollen. Beim Schutz der gefährdeten Daten kommt Verschlüsselung und Tokenisierung eine wichtige Rolle zu. Das sehen 42 Prozent der Befragten so, dicht gefolgt von Authentifizierung und digitaler Identifizierung der digitalen Geräte mit 41 Prozent und Anti-Malware-Maßnahmen mit 40 Prozent. Wobei letzteres wohl eher eine Wunschvorstellung der Befragten ist, denn eine Realität. Denn laut Angaben von IDC sind derzeit nur sehr wenige Anti-Malware-Tools für IoT-Geräte auf dem Markt.
Um Sicherheitsbedenken in Big-Data-Umgebungen entgegenzuwirken votieren 48 Prozent dafür, starke Authentifizierung einzusetzen, 45 Prozent bevorzugen Verschlüsselung auf Systemebene und Zugriffskontrollen und ebenfalls 45 Prozent setzen auf Data Discovery/Klassifizierung von Daten. Bei Container/Docker-Technologien richten sich die größten Bedenken der Befragten auf die gemeinsame Nutzung von Daten und die potenzielle Verbreitung von Malware. Verschlüsselung ist hier für 47 Prozent das Mittel der Wahl noch vor Anti-Malware-Tools und Schwachstellen-Scans.
*Kai Zobel ist Regional Director bei Thales eSecurity.
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