Das auflagenstarke Traditionsblatt New York Times hat sich dazu entschieden, in seiner Berichterstattung den mittlerweile rechtskräftig verurteilten WikiLeaks-Whistleblower Bradley Manning ab sofort als Frau zu führen. [...]
Dies hat die Zeitung in eigener Sache mitgeteilt. Hintergrund dieses Schwenks ist Mannings Absicht, sich während seiner Haft einer Hormontherapie zu unterziehen. Er möchte von nun an mit seinem neuen Namen – Chelsea Manning – angesprochen werden, inklusive weiblicher Personalpronomen.
„Ab morgen werden wir zu einer neuen Formulierung übergehen: … Chelsea Manning, vormals bekannt als Obergefreiter Bradley Manning“, zitiert die Zeitung ihre Chefin vom Dienst Susan Wessling aus einer E-Mail an die Redakteure. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur pressetext begrüßt Medien-Experte Fritz Hausjell die Entscheidung der New York Times. Es sei zwar nicht leicht, einer angehenden Geschlechtsumwandlung aus journalistischer Sicht vollkommen gerecht zu werden, doch die Vorgehensweise der NYT sei durchaus angemessen. „Die Zeitung setzt damit ein Zeichen der Fairness und des Respekts gegenüber der Identität von Manning“, so Hausjell gegenüber pressetext.
Auch die Nachrichtenagentur Associated Press ist dem Beispiel der New York Times gefolgt und wird künftig auch Chelsea Manning berichten. Weitere Medien werden vermutlich folgen. Rechts-konservativen TV-Stationen und Zeitungen wird das wohl schwerer fallen. Hierzulande hat man sich unterdessen in den Redaktionsräumen der Medienhäuser noch nicht genauer mit der Thematik beschäftigt. Laut Hausjell gibt es beim Umgang mit dieser Frage einen Ermessensspielraum, da man auch aus medizinischer Sicht heraus argumentieren könne. Manning fühlt sich nach eigenen Angaben als Frau, gefangen in einem Männerkörper.
Chelsea Manning wurde von einem US-Militärgericht wegen Geheimnisverrats zu einer Haftstrafe von 35 Jahren verurteilt. Bei guter Führung besteht die Möglichkeit auf vorzeitige Haftentlassung, nachdem sie mindestens ein Drittel ihrer Haftstrafe abgesessen hat. Seit Mai 2010 sitz sie im Gefängnis. Das heißt, Manning könnte theoretisch bereits Ende 2021 entlassen werden. Sie hatte der Enthüllungsplattform WikiLeaks über 700.000 streng geheime Dokumente zugespielt. Neben Botschafts-Depeschen befanden sich darunter auch Videoaufnahmen von einem Beschuss von Zivilisten im Irak durch das US-Militär. (pte)
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