Sieg für Bürgerrechte: Vorratsdatenspeicherung ist unzulässig

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in der aktuellen Form für ungültig erklärt. Sie verletze wesentliche Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und verstößt insbesondere gegen Artikel 7 und 8 der EU-Grundrechtecharta. AK Vorrat und ISPA jubeln über das Urteil. [...]

Der AK Vorrat, der gemeinsam mit drei anderen Parteien als Kläger im Verfahren aufgetreten ist, begrüsst diese Entscheidung, da sie eindeutig klarstellt, dass technische Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung, die grundsätzlich alle Nutzer von Internet- und Telefoniediensten betreffen, nur unter sehr engen und exakt definierten Rahmenbedingungen grundrechtskonform sind.

Der EuGH schreibt dazu unter anderem: „Der Gerichtshof sieht in der Verpflichtung zur Vorratsspeicherung dieser Daten und der Gestattung des Zugangs der zuständigen nationalen Behörden zu ihnen einen besonders schwerwiegenden Eingriff der Richtlinie in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten. Außerdem ist der Umstand, dass die Vorratsspeicherung der Daten und ihre spätere Nutzung vorgenommen werden, ohne dass der Teilnehmer oder der registrierte Benutzer darüber informiert wird, geeignet, bei den Betroffenen das Gefühl zu erzeugen, dass ihr Privatleben Gegenstand einer ständigen Überwachung ist.“

Der Gerichtshof rügt außerdem in einer Aussendung zu dem Urteil (hier als PDF), „dass die Richtlinie keine Speicherung der Daten im Unionsgebiet vorschreibt. Sie gewährleistet damit nicht in vollem Umfang, dass die Einhaltung der Erfordernisse des Datenschutzes und der Datensicherheit durch eine unabhängige Stelle überwacht wird, obwohl die Charta dies ausdrücklich fordert. Eine solche Überwachung auf der Grundlage des Unionsrechts ist aber ein wesentlicher Bestandteil der Wahrung des Schutzes der Betroffenen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten.“

„Nun ist der österreichische Verfassungsgerichtshof am Zug, die Vorgaben aus dem Urteil umzusetzen und die Vorratsdatenspeicherung aufzuheben. Die österreichische Zivilgesellschaft hat in vier Jahren intensiver Arbeit einen Sieg für die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union errungen“, so Andreas Krisch, Obmann des AK Vorrat. Erstmals wurde in Europa eine Richtlinie komplett aufgehoben und nicht nur einzelne Bestimmungen. „Wir erwarten, dass die EU in Zukunft geeignetere Mittel für die Bekämpfung von Verbrechen wählt als die verdachtslose Massenspeicherung von Verkehrsdaten aller Nutzer“, setzt Krisch fort.

Für  Österreich bedeutet dieses Urteil, dass das Urteil aus Luxemburg das laufende Verfahren des AK Vorrat und seiner 11.139 Unterstützer vor dem heimischen Verfassungsgerichtshof wieder in Gang setzt. Im Interesse der Transparenz wünscht sich der AK Vorrat eine öffentliche und mündlich Verhandlung. „Wir rechnen auf Basis des heutigen Urteils mit einer baldigen Aufhebung der heimischen Vorratsdatenspeicherung“, so Krisch.

Auch die ISPA, der Verband der österreichischen Internetprovider, stand der Vorratsdatenspeicherung von Anfang an ablehnend gegenüber und hat sich bei der nationalen Gestaltung sehr für eine gemäßigte und auf größtmögliche Sicherheit der Nutzerdaten bedachte Vorgehensweise engagiert.

Jetzt freut sich die ISPA über den klaren Sieg der Internetwirtschaft und sieht sich in ihrer prinzipiellen Ablehnung dieser anlasslosen Pauschalüberwachung bestätigt. „Wir betrachten das Urteil als Meilenstein in der EU-Rechtsprechung und sind zuversichtlich, dass der Verfassungsgerichtshof umgehend handeln wird“, gibt sich ISPA Generalsekretär Maximilian Schubert zuversichtlich, dass die Vorratsdatenspeicherung in Österreich bald nur noch „ein Treppenwitz der Telekom-Geschichte“ sein wird. (rnf)


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