Silo-Denken macht Agilität in Unternehmen schwierig

Neue Capgemini-Studie nennt vier Erfolgsfaktoren, wie Unternehmen Agilität umfassend verankern können. [...]

Viele Unternehmen führen Agilitäts- und DevOps-Initiativen separat durch, um sie zu einem späteren Zeitpunkt aufeinander abzustimmen. (c) Pixabay
Viele Unternehmen führen Agilitäts- und DevOps-Initiativen separat durch, um sie zu einem späteren Zeitpunkt aufeinander abzustimmen. (c) Pixabay

Unternehmen, die agile Arbeitsweisen umfassend in der Organisation integrieren möchten, sollten schrittweise vorgehen und keinen Big-Bang-Ansatz verfolgen. Dieser führt selten zum Erfolg, da jede Organisation eine andere Lernkurve, Kultur, Belegschaft und Risikobereitschaft aufweist. Während sich viele große Unternehmen bereits erfolgreich auf den Weg gemacht haben, Agilität zu erreichen, bleibt die Skalierung von Agilität für eine Vielzahl von Unternehmen unterschiedlichster Branchen noch immer eine große Herausforderung. Die aktuelle Studie des Capgemini Research Institute „Agile at Scale“ zeigt, dass insbesondere die Kultur und bestehende Denkweisen die wesentlichen Hindernisse für die Erreichung von Agilität in Unternehmen sind. Vielfach bewegen sich auch die Veränderungen der nötigen technischen Anforderungen zu langsam. Die Studie unterstreicht zudem, dass erfahrene Führungskräfte häufig noch traditionellen Ansätzen verhaftet sind – vor allem bei den Themen Reporting und Risikomanagement.

Im Mittelpunkt der Studie stehen die Herausforderungen, die sich für Unternehmen bei der Umsetzung der unternehmensweiten Agilität ergeben. Sie zeigt auf, welchen Hindernissen selbst die Unternehmen gegenüberstehen, die Agilität schon sehr breit implementiert haben – also über die IT hinaus oder auf Programm- oder Portfolioebene. Vier konkrete Handlungsempfehlungen verdeutlichen, wie Agilität erfolgreich in verschiedenen Teams verankert und agile Arbeitsweisen, Werte, Methoden und Denkweisen über Funktionen und Ebenen hinweg umgesetzt werden können. 

Experimentieren

Mit kundenorientierten Initiativen beginnen und schrittweise auf das gesamte Unternehmen ausrollen: Die Studie macht deutlich, dass in Organisationen mit wenig Erfahrung beim Thema Agilität eine Big-Bang-Skalierung zu Frustration führt. Denn es braucht Zeit, bis eine agile Kultur organisch wächst. Solche Organisationen werden desillusioniert und greifen auf einen traditionellen Ansatz nach Phasen zurück – was dem Kernelement von Agile – einem iterativen und lernenden Ansatz – widerspricht.
 
Organisationen sollten mit Initiativen beginnen, die näher am Kunden sind – entweder mit einer führenden Initiative im Bereich Customer Journey oder Kundenservice. Solche Initiativen sollten greifbare Ergebnisse liefern, die leicht vermarktbar sind, ein perfektes Testfeld für Agilität darstellen und einen erheblichen Mehrwert bieten – von der Transformation des Kundenerlebnisses bis zur Komprimierung der Feedback-Zyklen. 

Um jedoch eine Lean-Agile-Denkweise aufzubauen, müssen Unternehmen agile Konzepte auch in Bereichen einführen, die zunächst für solche Maßnahmen nicht in Frage kommen.

Orientieren

Kulturwandel durch Verhaltensänderungen erreichen und sich auf die Entwicklung von „T-förmigen“ Fähigkeiten konzentrieren: Die Studie hebt die Bedeutung von Führung hervor. Führungskräfte fungieren als Vorbilder, indem sie Offenheit für Veränderungen zeigen, in kontinuierliches Lernen investieren und neue Verhaltensweisen anwenden und vorleben. Ein zu hoher Spezialisierungsgrad und Silo-Denken stellen für die unternehmensweite Umsetzung von Agilität große Herausforderungen dar. Agile Teams sind „T-förmig“: Sie haben Spezialisierungsbereiche definiert (die Tiefe), sind aber anpassungsfähig und daher in der Lage auch an weiterführenden Aspekten eines Projekts (die Breite) zu arbeiten.

Steuern

  • Agile Portfolio-Planung und die Operations mit der Geschäftsstrategie verknüpfen: Organisationen sollten sich auf das strategische Portfoliomanagement konzentrieren, da eine agile Welt die Geschäftsstrategie mit der Wertschöpfung auf verschiedenen Ebenen des Unternehmens verbinden muss. Dies ist wichtig, um die Leistung im gesamten Unternehmensportfolio zu optimieren.
  • Neugestaltung der Finanzierung durch Abkehr von Jahreszyklen: Die meisten agilen Spitzenreiter haben keine umständlichen jährlichen Planungszyklen mehr – bestehend aus Genehmigungen, erneuten Genehmigungen, festen Budgets und Kontrollen, die einer adaptiven Finanzierung Platz machen.
  • Einrichten eines Informationszentrums für Lean-Agile, Entscheidungsfindungen dezentralisieren und Ergebnisse messen

Beschleunigen

Die IT mit DevOps und Microservices modernisieren: Viele Unternehmen führen Agilitäts- und DevOps-Initiativen separat durch, um sie zu einem späteren Zeitpunkt aufeinander abzustimmen. Maßnahmen zu DevOps und Agilität können zwar unabhängig durchgeführt werden. Es bringt aber klare Vorteile, wenn man diese in einem einzigen Transformationsprozess miteinander verknüpft – zum Beispiel hinsichtlich einer schnelleren Softwarefreigabe, der teamübergreifenden Zusammenarbeit sowie bei Qualitätsverbesserungen. 

Darüber hinaus passen Microservices und Agilität gut zueinander. Microservices ermöglichen Unternehmen, Applikationsfunktionalitäten oder ihre Servicekomponenten schnell und häufig zu entwickeln. Dies unterstützt eine hohe Skalierbarkeit und macht IT-Systeme anpassungsfähig an sich ändernde Geschäftsanforderungen.

„Der Mythos, Agilität sei eine Methode oder Arbeitsweise der IT, hält sich immer noch hartnäckig“, sagt Werner Kirsch, Leiter der Practice Custom Solution Development bei Capgemini in Österreich. „Agilität ist jedoch kein Thema, das allein die IT betrifft. Denn schon immer galt es, Product Owner immer auch im Business zu verorten. Unternehmen müssen ihre Bemühungen, als Organisation insgesamt agiler zu werden, von Anfang an sowohl von der IT- als auch der Businessseite denken. Letztlich geht es bei Agilität immer auch um eine Änderung des Geschäftsmodells und nicht nur um die Einführung einer Methode. Viele Unternehmen unterschätzen diesen Aufwand.“

Joe Gribb, Head of Enterprise Advice Technology bei The Vanguard Group, ergänzt: „Für uns war die Modernisierung der IT einer der wichtigsten Aspekte auf dem Weg zur Agilität. Unser erster Ansatz war eher iterativ – wir haben begonnen, einige der agilen Prinzipien anzuwenden. Zu Beginn haben wir die Trennung aufgehoben, die es bei verschiedenen Spezialisten in der IT gab. Danach konnten wir alle – Tester, JAVA/UI/COBOL-Entwickler – in einem Team vereinen. Sich auf diese Nuance zu konzentrieren,  war der erste Schritt zur Veränderung der IT-Architektur, um Agilität in der gesamten Organisation zu ermöglichen.“


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