Simone Bock: Innovation entsteht durch Schmerzen

Auf den Hamburger IT-Strategietagen berichtete Simone Bock, CIO von BNP Paribas Personal Investors, wie die IT-Strukturen einer Bank auch in hektischen Zeiten resilient bleiben – und worauf sie sich für die Zukunft einstellt. [...]

Simone Bock, CIO von BNP Paribas Personal Investors: "Innovation entsteht ja meist durch Schmerzen, Probleme und Limitierungen. In diesem Sinne lassen wir viele Anregungen von unseren Kunden in die Business Areas einfließen. So wird Innovation geboren."

BNP Paribas Personal Investors Germany, die deutsche Tochter von BNP Paribas, ist vor allem im Wertpapierhandel aktiv. Die bekannteste Marke ist die Consorsbank. Was das Geldhaus und mit ihm seine Simone Bock 2020 erlebten, lässt uns auf beeindruckende Weise erahnen, wie sich durch Corona auch langfristig Strukturen verändern werden.

In diesen Zeiten haben auch hierzulande viele Menschen die Börse als Zeitvertreib für sich entdeckt, die Transaktionszahlen bei der Consorsbank seien – auch durch die vielen Neukunden – „regelrecht explodiert“, so Bock in Hamburg. Und die durch Corona ausgelöste Begeisterung von Privatleuten für Aktien stellte längst nicht die einzige Herausforderung für die IT-Systeme der Bank dar. Hinzu kamen noch ‚Petitessen‘ wie die US-Wahl, der Brexit, der Wirecard-Skandal – und im November schließlich die Nachrichten zum Impfstoff von Biontech.

Viele Messfühler in der IT

Da stellt sich die Frage, wie man dafür sorgt, dass die IT-Systeme solche Druckbetankung aushalten. Die erste Antwort: Durch entsprechende Vorbereitung. Schon nach dem Brexit-Referendum hatte man bei BNP schrittweise Rechner- und Netzwerk-Kapazitäten um das Zweieinhalbfache erhöht. Zweitens durch konsequentes Monitoring. „Wir haben viele Messfühler in der , die es uns erlauben, im Ernstfall schnell zu reagieren.“

Hamburger IT-Strategietage: Horst Ellermann im Gespräch mit Simone Bock.

Dieses „Wir“, das ist ein Team von 100 eigenen IT-Mitarbeiter plus 150 externen, das Budget beträgt 120 Millionen Euro. Bock und ihre Kollegen setzen seit jeher konsequent auf , schließlich war Cortal Consors, Vorläufer der heutigen Consorsbank, vor 25 Jahren als dezidierte Digitalbank gestartet. Eigentlich läuft dort – abgesehen von gelegentlich ausgedruckten Verträgen oder Faxe von Kunden – alles digital.

Was insofern sehr hilfreich ist, als das Durchschnittsalter der Kunden gerade in Zeiten von Corona immer weiter sinkt. Um darauf zu reagieren, hat BNP innerhalb von nur drei Monaten das Young-Traders-Zero-Konto für 18- bis 25-Jährige an den Start gebracht. Dabei konnte man „auf bestehende Prozesse aufgleisen“, so Simone Bock. Mit vielen jungen Tradern verstärkt sich auch der Trend, Vorgänge so weit wie möglich mobil abzuwickeln. „Bei den sehr aktiven mit 10.000 Trades im Monat läuft natürlich nicht alles übers Smartphone.“ Aber bei den ’normalen‘ Usern, so die , gehe der Trend ganz klar in diese Richtung.

„So wird Innovation geboren“

Deshalb macht BNP seine App auch gerade Ready, wobei die Konzern-Mutter in Kooperation mit IBM eine sogenannte Dedicated Cloud bereitstellt, die zentrale regulatorischen Anforderungen wie zum Beispiel Verschlüsselung bereits erfüllt.

Für die Zukunft hält es Simone Bock vor allem für wichtig, möglichst nah am Kunden zu agieren. Die sogenannten Innovationsteams löste sie auf – zu weit weg vom Tagesgeschäft – und schuf stattdessen agil und ganzheitlich konstruierte Areas. „Innovation entsteht ja meist durch Schmerzen, Probleme und Limitierungen. In diesem Sinne lassen wir viele Anregungen von unseren Kunden in die Business Areas einfließen. So wird Innovation geboren.“

Immer wichtiger wird auch für das Bankengewerbe Künstliche Intelligenz. Konkret will man bei BNP in den nächsten sechs bis zwölf Monaten ein Projekt zur Identifizierung von Geldwäsche mithilfe von AI aufsetzen.

Mit Vermutungswissen arbeiten

Und die Zukunft? Simone Bock ist davon überzeugt, dass Vorhersagen in einer immer volatileren Welt schwieriger werden. Remote Working als Trend wird aus ihrer Sicht bleiben, mit zwei bis drei Tagen Home Office pro Woche. Außerdem würden die Bankkunden noch jünger und noch mobiler werden – dabei aber zumeist auf altbewährte Produkte zurückgreifen wollen. „Insgesamt wird uns nichts anderes übrigbleiben“, so die BNP-CIO abschließend, „als auch mit Vermutungswissen zu arbeiten und in Szenarien zu denken.“

*Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.


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