Skypen: Vor zehn Jahren wurde Grundstein gelegt

Das Internet schrumpft Entfernungen zusammen. Wenige Dienste haben diese Erfahrung so greifbar gemacht wie Skype. Die Erfolgsgeschichte begann 2003 mit der Eintragung der Internet-Adresse skype.com. Heute nutzen mehr als 300 Millionen Menschen den Dienst. [...]

Mit neuen Ideen die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen: Das war die Absicht des schwedischen Software-Entwicklers Niklas Zennström, als er sich im Sommer 2002 mit dem zehn Jahre jüngeren Dänen Janus Friis in einem Park in Kopenhagen traf. Beide hatten mit der Musiktauschbörse Kazaa für einigen Wirbel gesorgt und wollten nun ein neues Projekt auf die Beine stellen, für das Telefonieren über das Internet. Wie bei Kazaa vertrauten sie dabei der Peer-to-Peer-Technik (P2P): Die Graswurzelvernetzung vieler tausend Computer ist nicht nur billiger als die Anschaffung eigener Server, sie bietet auch Schutz gegen Eingriffe von außen.

„Wir arbeiten jetzt an einem Projekt namens Skyper“, sagte Friis Ende 2002 in einem Interview der dänischen Zeitung „Politiken“. „Wir glauben, es hat das Potenzial, so groß wie Kazaa zu werden.“ Der Name soll eine Ableitung sein von „Sky Peer to Peer“.

Aus Skyper wurde Skype. Und es wurde viel größer als Kazaa, das es heute nicht mehr gibt. Allerdings waren die ersten Schritte ziemlich zäh. Vor zehn Jahren, am 23. April 2003, registrierten Zennström und Friis die Internet-Adressen skype.com und skype.net. Um die Programmierung kümmerte sich vor allem Ahti Heinla in Estland. Richtig los ging es dann erst am 29. August mit der Freigabe der ersten öffentlich verfügbaren Skype-Software. „Als ich versuchte, Geld für Skype zu bekommen, hat das ein Jahr lang gedauert“, sagte Zennström der Nachrichtenagentur dpa im Rückblick auf das schwierige Gründungsjahr.

Skype war nicht der Anfang der Internet-Telefonie. Bereits 1996 wurde das US-Unternehmen Net2Phone gegründet, 2001 folgte Vonage. Die meisten Anbieter von „Voice over IP“ (VoIP), also für die Übertragung von Sprache über das Internet, setzte auf den Standard SIP, das „Session Initiation Protocol“. Skype verwendete dagegen eine eigene Technik, „weil SIP das nicht leisten konnte, was wir wollten“, wie Friies 2003 in einem Interview erklärte. Skype bot eine bessere Sprachqualität und eine sehr einfache Einrichtung.

Die Kommunikation über Skype – sowohl im Text, als auch in der Sprach- und Videoübertragung – ist verschlüsselt. Die Details dazu gibt das Unternehmen nicht bekannt. Früher soll Skype deswegen bevorzugt auch von Personen genutzt worden sein, die ihre Kommunikation abhörsicher halten wollten. In den Datenschutzrichtlinien von Skype wird aber inzwischen darauf hingewiesen, dass das Unternehmen Justiz- oder Strafvollzugsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt.

In der ersten Woche nach dem Start 2003 wurde die Skype-Software 60.000 Mal heruntergeladen. Zeitweise waren die Server für Registrierung und Download von der großen Nachfrage überwältigt. Der Erfolg veränderte die Telekommunikationsbranche. „Ich wusste, dass es vorbei war, als ich Skype heruntergeladen hatte“, sagte Anfang 2004 der damalige Leiter der US-Telekommunikationsbehörde (FCC), Michael Powell. „Die Welt wird sich jetzt unvermeidlich verändern.“ Im Oktober 2004 waren erstmals eine Million Skype-Nutzer gleichzeitig online.

Für grundsätzliche Diskussionen sorgte Skype, weil es sich den Unwillen der großen Telekommunikationsfirmen zuzog, die Umsatzeinbußen fürchteten. Diese blockierten zeitweise die Skype-Daten auf mobilen Geräten oder transportierten sie mit Verzögerung. Damit wurde das Prinzip der Netzneutralität in Frage gestellt, das die Gleichbehandlung aller Internet-Daten im Netz verlangt. „In einigen europäischen Ländern erlauben es die Netzbetreiber den Anwendern nicht, Skype zu nutzen“, klagte 2009 der bei Skype für Regulierungsfragen zuständige Manager Jean-Jacques Sahel. Sahel kritisiert damals auch die Deutsche Telekom, deren Tochter T-Mobile für VoIP in seinem Mobilfunknetz eine zusätzliche Gebühr verlangte. Das ist inzwischen alles Vergangenheit.

Geschichte ist aber auch das Image der Netzrebellen. 2005 wurde Skype von Ebay gekauft – der nominelle Preis von 3,1 Mrd. Dollar
(2,36 Mrd. Euro) zeigte, wie wertvoll das Unternehmen eingeschätzt wurde. Die hohen Erwartungen der Online-Handelsplattform erfüllten sich aber nicht. 2009 wurde die Skype-Mehrheit an die Investmentgesellschaft Silver Lake verkauft. Zwei Jahre später interessierten sich Facebook, Google und Microsoft für Skype. Den Zuschlag sicherte sich Microsoft mit 8,5 Mrd. Dollar.

Der Software-Marktführer ersetzte seinen bisherigen Chat-Dienst Windows Live Messenger durch Skype. Für kommerzielle Anwender treibt Microsoft daneben die Kommunikationsplattform Lync voran.

Anfang April meldete Skype einen Nutzungsrekord: Die Plattform werde täglich mehr als zwei Milliarden Minuten lang zum Chatten und Telefonieren genutzt, teilte Skype-Chef Tony Bates mit. Skype habe sich als tägliches Kommunikationsmedium etabliert. Die Plattform wird nach eigenen Angaben monatlich von mehr als 300 Millionen Menschen aktiv genutzt. In Spitzenzeiten sind 50 Millionen Nutzer gleichzeitig über Skype verbunden, die Nutzungsdauer nahm im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 58 Prozent zu. Skype ist zum Kommunikationsmittel der globalen Gesellschaft geworden. „Aber wir sind noch nicht am Ende“, schrieb Bates im Firmenblog. „Stets sind wir auf der Suche nach noch mehr Möglichkeiten zum Verbinden und Teilhabenlassen.“ (apa)


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