Smart Factories: Europäisches Forschungsprojekt stellt Menschen in den Mittelpunkt

Das europäische Forschungsprojekt "FACTS4WORKERS" zum Thema Industrie 4.0 mit einem Projektvolumen von 7,9 Mio. Euro, 15 europäischen Forschungspartnern und vier Jahren Dauer rückt den Menschen ins Zentrum moderner Produktionen. evolaris ist Partner im Projekt und bringt seine Expertise im Bereich der Entwicklung innovativer HMI-Frontends auf Wearables ein. Das Konsortium unter der Leitung des österreichischen VIRTUAL VEHICLE Research Center will Möglichkeiten aufzeigen, wie vor allem Arbeitsplätze in der Fabrik der Zukunft attraktiv und intelligent gestaltet werden können und darüber hinaus Europa als Produktions-Standort gestärkt werden kann. Denn mehr Ausbildung und mehr Investitionen in Fabriken sollen in Europa neue und bessere Jobs bringen. [...]

Die angestrebte Digitalisierung wird nicht nur einzelne Fabriken, sondern die gesamten Wertschöpfungsnetzwerke betreffen. Dies kann durch so genannte „cyber-physische Systeme“ erreicht werden. Darunter versteht man Netzwerke aus informations- und softwaretechnischen Komponenten sowie mechanischen und elektronischen Teilen, die über das Internet oder andere Kommunikationsnetzwerke miteinander in Verbindung stehen.

SCHLÜSSELFAKTOR MENSCH
Neben dem technischen Zugang führt diese Änderung der Arbeitsplatzsituation auch zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Rolle des Menschen als Schlüsselfaktor im Produktionsprozess. In diesem Zusammenhang spricht man von Wissensarbeit. Wissensarbeit hat nichts mehr mit den herkömmlichen automatisierten Routinetätigkeiten der Fabrikarbeit zu tun. Sie ist durch eine völlig neuartige, komplexe und autonome Arbeitsumgebung gekennzeichnet. Smart Worker entwickeln zudem selbst neue Möglichkeiten zur kontinuierlichen Verbesserung von Wissensaustausch an ihrem Arbeitsplatz.

„Es gilt zu hinterfragen, wie Menschen arbeiten und lernen, wie sie mit neuen Technologien interagieren und wie sie an einem attraktiven und fordernden Produktionsarbeitsplatz einen Mehrwert für die Industrie erzeugen können.“, verdeutlicht Martin Wifling, der Projektleiter von FACTS4WORKERS am VIRTUAL VEHICLE Research Center in Graz. Die Antworten auf diese Fragen sind der Schlüssel zu erfolgreichen und mensch-zentrierten Lösungen von Informations- und Kommunikationsstrategien in Produktionsprozessen. Durch das Eingehen auf die Situation des Menschen im Produktionsablauf kann eine Erhöhung der Zufriedenheit und Motivation von Produktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern erreicht werden, welche insgesamt eine Steigerung der Produktivität um bis zu 10 Prozent bewirken kann. Der Haupt-Fokus des Forschungsvorhabens liegt jedoch vorwiegend darin, „den Arbeitsplatz in der Produktion in Europa deutlich attraktiver zu gestalten, damit mehr Menschen sich gezielt für dieses fordernde und sich verändernde Berufsfeld entscheiden“, so Wifling.

FACTS4WORKERS legt das Hauptaugenmerk auf folgende Anwendungsfälle:

  • Assistierter Maschinenbediener: Durch die Individualisierung von Produkten schrumpfen die Losgrößen. Gleichzeitig steigt die Anzahl hoch spezieller und rasch wechselnder Informationen aus unterschiedlichen Quellen. Die manuelle menschliche Tätigkeit ist jedoch weiterhin notwendig. Hier setzen innovative Interaktionsmechanismen ein, wie z.B. Datenbrillen, die Produktionsinformationen im Sichtfeld des Maschinenbedieners während der Arbeit einblenden. Die nach wie vor gängigen Checklisten, Arbeitsbeschreibungen, Anleitungen und Aufträge, die aus digitalen MES- und ERP-Systemen auf Papier ausgedruckt werden, werden nach und nach verschwinden.
  • Menschzentriertes Wissensmanagement: Den Smart Workern werden notwendige Informationen zum richtigen Zeitpunkt bereitgestellt, um eine Verbesserung der Produktionsabläufe zu erzielen. Außerdem wird dadurch auch eine Kultur etabliert, in der Wissen freiwillig und proaktiv geteilt wird. Hilfsmittel am Arbeitsplatz sollen intuitive Interaktionsmechanismen aufweisen und sprach-, touch- oder gestengesteuert sein, statt sich auf Texteingabe zu stützen. Erfahrungswissen kann z.B. durch grafische Animationen oder Videos besser vermittelt werden als in schriftlicher Form.
  • Selbstlernende Arbeitsplätze: Maschinen, Werkzeuge und andere Infrastrukturen gelten in Smart Factories als intelligente Dinge. Werden ihre Daten effektiv miteinander verknüpft, können auch kleine Losgrößen effizient produziert werden. Bereits jetzt entstehen in der Produktion mehr Daten als jemals zuvor. Diese gilt es intelligent zu vernetzen. So können Wartung, Ersatzteilbestellung, Rüsten von Maschinen u.v.m. vorausschauend unterstützt werden.
  • In-situ-Lernen in der Produktion: Beim in-situ-Lernen steht der Smart Worker als Lernender im Fokus. Mobile, personalisierte und situationsadaptive Lernsysteme unterstützen lebenslanges Lernen und die generationsübergreifende Weitergabe von Know-how, insbesondere im Kontext des demographischen Wandels. Durch kontextbasiertes Lernen, Fabrikationslabor-Konzepte (FabLabs) oder Simulation in Virtual Reality Umgebungen werden neue Produktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter auf das Wissensniveau von Smart Workern gebracht. Datenbrillen und Wearables liefern geeignete Ein- und Ausgabemöglichkeiten für viele Anwendungsfälle.

Mit der schrittweisen Realisierung von Smart Factories werden Produktionsstätten neu gedacht und Produktionsarbeit erfährt einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wertewandel. Produktionsstandorte können somit nicht nur technologisch und wirtschaftlich, sondern auch auf der sozialen Ebene stabilisiert werden. (pi)


Mehr Artikel

News

ISO/IEC 27001 erhöht Informationssicherheit bei 81 Prozent der zertifizierten Unternehmen

Eine Umfrage unter 200 Personen verschiedener Branchen und Unternehmensgrößen in Österreich hat erstmals abgefragt, inwiefern der internationale Standard für Informationssicherheits-Managementsysteme (ISO/IEC 27001) bei der Bewältigung von Security-Problemen in der Praxis unterstützt. Ergebnis: Rund 81 Prozent der zertifizierten Unternehmen gaben an, dass sich durch die ISO/IEC 27001 die Informationssicherheit in ihrem Unternehmen erhöht hat. […]

News

Public Key Infrastructure: Best Practices für einen erfolgreichen Zertifikats-Widerruf

Um die Sicherheit ihrer Public Key Infrastructure (PKI) aufrecht zu erhalten, müssen PKI-Teams, sobald bei einer Zertifizierungsstelle eine Sicherheitslücke entdeckt worden ist, sämtliche betroffenen Zertifikate widerrufen. Ein wichtiger Vorgang, der zwar nicht regelmäßig, aber doch so häufig auftritt, dass es sich lohnt, PKI-Teams einige Best Practices für einen effektiven und effizienten Zertifikatswiderruf an die Hand zu geben. […]

News

UBIT Security-Talk: Cyberkriminalität wächst unaufhaltsam

Jedes Unternehmen, das IT-Systeme nutzt, ist potenziell gefährdet Opfer von Cyberkriminalität zu werden, denn die Bedrohung und die Anzahl der Hackerangriffe in Österreich nimmt stetig zu. Die Experts Group IT-Security der Wirtschaftskammer Salzburg lädt am 11. November 2024 zum „UBIT Security-Talk Cyber Defense“ ein, um Unternehmen in Salzburg zu unterstützen, sich besser gegen diese Bedrohungen zu wappnen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*