Smart Spaces als Zukunft des Arbeitsplatzes

Innovative und flexible Arbeitsumgebungen können Motivation und Produktivität steigern. Eine Expertenrunde diskutierte in Wien, welche Hürden bei Smart Spaces zu nehmen sind und welche Chancen sie bieten. [...]

Die Runde der Expertinnen und Experten v.l.n.r.: Christoph Truppe (Mindshare), Sabine Zinke (M.O.O.CON), Verena Krawarik (APA – Austria Presse Agentur), Bernhard Wiesinger (A1 Telekom Austria), Thomas Stern (Braintrust)
Die Runde der Expertinnen und Experten v.l.n.r.: Christoph Truppe (Mindshare), Sabine Zinke (M.O.O.CON), Verena Krawarik (APA – Austria Presse Agentur), Bernhard Wiesinger (A1 Telekom Austria), Thomas Stern (Braintrust) (c) APA / APA-Fotoservice / Schedl

Ein Einzelbüro mit einem großen Schreibtisch und einer Topfpflanze – das war der Arbeitsplatz von gestern. Inzwischen gelten Smart Spaces, die sich automatisch an die Bedürfnisse der Menschen anpassen, als Voraussetzung für Wohlbefinden, Kreativität und Innovation. In Österreich steht die Entwicklung aber erst am Anfang, so die gemeinsame Einschätzung der Expertinnen und Experten bei der Veranstaltung der Plattform „Digital Business Trends“ (DBT).

„Natürlich gibt es noch viele, die den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen. Durch den Trend zur mobilen Arbeit – im Zug, an verschiedenen Plätzen im Gebäude oder beim Kunden – und der steigenden Vielfalt der Tätigkeiten, sind die Arbeitswelten aber schon deutlich bunter und flexibler geworden“, so Sabine Zinke, Partnerin beim Unternehmensberater M.O.O.CON. Außerdem würden Abläufe in Smart Spaces digital steuerbar beziehungsweise völlig automatisiert.

Raumeigenschaften wie Temperatur und Beleuchtung stellen sich schon beim Betreten auf die individuellen Bedürfnisse ein. Bei einer Verspätung werden die Teilnehmer eines Meetings vom System benachrichtigt, der Termin verschoben und der Raum umgebucht. Und das Essen in der Kantine wird von unterwegs per Smartphone bestellt, nannte Zinke einige Beispiele. So könnten die Vereinbarkeit von unterschiedlichen Lebensbereichen verbessert sowie Motivation und Produktivität erhöht werden.

Individuelles Tracking nicht erlaubt

„Zwar stehen wir da noch ziemlich am Anfang, das Thema wird sich in den kommenden Jahren aber stark entwickeln“, ist die Expertin überzeugt. Derzeit gebe es noch einige Herausforderungen zu überwinden. So müssten Datenschutz und Privatsphäre berücksichtigt werden, wodurch Lösungen, die auf dem individuellen Tracking von Mitarbeitern basieren, eigentlich nicht erlaubt wären. Außerdem gelte es, Personen „mitzunehmen“, die nicht so technologieaffin sind. Wichtig sei, die richtige Mischung aus analog und digital zu finden.

„Wir müssen herausfinden, wo was Sinn macht. Natürlich ist Technologie wichtig, aber trotzdem funktioniert manches analog viel besser“, meint auch Verena Krawarik von der Austria Presse Agentur (APA). Bei aller Datenverliebtheit dürfe der Fokus nicht verloren gehen. Mit dem Medialab, für das sie seit 1. Mai verantwortlich ist, habe die APA vor zwei Jahren einen Denk- und Entwicklungsraum mitten im Newsroom geschaffen, um agil an neuen Produktkonzepten zu arbeiten.

In kleinen Schritten zum Erfolg

Visionsentwicklung, Strategie-Workshops oder Produktentwicklungsmethoden wie Design Sprints würden smarte Raumkonzepte und Materialien benötigen, die sowohl flexibles Arbeiten unterstützen als auch die rasche Einbindung von externen Experten erlauben. Verena Krawarik sieht bei Smart Spaces aber noch ein Henne-Ei-Thema: „Will man einen Raum bauen, um eine Kultur zu schaffen, die man sich wünscht, oder stehen die Mitarbeiter schon Schlange, weil es so einen Raum nicht gibt?“ Die Expertin plädierte auch dafür, beispielsweise beim nächsten Umbau auszuprobieren, welchen Weg man weiter gehen will: „Es muss nicht immer gleich eine Revolution sein, man kann auch mal kleiner anfangen.“

Früher habe man sich vor allem damit beschäftigt, wie ein Raum aussehen sollte, und nicht, wie er das Arbeitsleben erleichtern kann, so Bernhard Wiesinger von A1 Telekom Austria: „Es ging lange darum, wer das schönere Office hat und nicht um die Mitarbeiter.“ Was jetzt noch fehle, sei die Verbindung dieser Welten – also von Fläche, Geräten und Technologie. Dabei müsste aber eine Reizüberflutung vermieden werden, indem man zwischen netten Features und einer tatsächlichen Unterstützung unterscheide. Wichtig sei auch, auf zwischenmenschliche Aspekte zu achten: „Die Interaktion, soziale Kontakte und das Miteinander dürfen nicht verloren gehen.“ 

Offene Kommunikation auf allen Ebenen

Natürlich schaffe man es nicht, alle Leute mitzunehmen. Kultur sei stärker als Raum. „Wichtig ist eine offene Kommunikation auf allen Ebenen und sich Zeit zu nehmen, mit den Ängsten der Leute umzugehen. Auch die Nachteile müssen klar offengelegt werden“, verweist der Experte auf den Umbau des eigenen Headquarters im Jahr 2018 „am lebenden Herzen“. Zuerst sei eine Fläche mit 1.000 Quadratmetern „zum Probewohnen“ gestaltet worden. Durch die Rückmeldungen habe man schließlich viele Wünsche auf letztendlich 40.000 Quadratmetern umsetzen können.

Einen besonderen „Smart Space“ hat die Mediaagentur Mindshare entwickelt, um den Umgang mit der Vielzahl der durch den digitalen Wandel anfallenden Daten zu erleichtern. „Wir haben in normalen Meetingräumen experimentiert, das hat aber weniger gut funktioniert“, so Christoph Truppe. Letztendlich wurde ein komplett eigener Raum namens „The Loop“ eingerichtet, „ähnlich der Kommandobrücke auf Raumschiff Enterprise“. Hier gibt es mindestens acht mehrfach belegte Bildschirme, auf denen Daten aus mehr als 100 Quellen in Echtzeit zusammenlaufen und gleichzeitig sichtbar und sofort interpretierbar gemacht werden.

Alle Auswertungen vor sich zu haben, führe zu einer neuen Arbeitsweise. Die Grenzen zwischen Marketing, Media, Technologie, Kreation und Forschung würden aufgehoben. Experten aus genau diesen Bereichen kooperieren dabei. Das sei sehr produktiv, gehe aber auch an die Substanz. Nach drei, vier Stunden in dem Raum brauche es Zeit und Raum zum Erholen, so Truppe.


Mehr Artikel

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

News

KI ist das neue Lernfach für uns alle

Die Mystifizierung künstlicher Intelligenz treibt mitunter seltsame Blüten. Dabei ist sie weder der Motor einer schönen neuen Welt, noch eine apokalyptische Gefahr. Sie ist schlicht und einfach eine neue, wenn auch höchst anspruchsvolle Technologie, mit der wir alle lernen müssen, sinnvoll umzugehen. Und dafür sind wir selbst verantwortlich. […]

Case-Study

Erfolgreiche Migration auf SAP S/4HANA

Energieschub für die IT-Infrastruktur von Burgenland Energie: Der Energieversorger hat zusammen mit Tietoevry Austria die erste Phase des Umstieges auf SAP S/4HANA abgeschlossen. Das burgenländische Green-Tech-Unternehmen profitiert nun von optimierten Finanz-, Logistik- und HR-Prozessen und schafft damit die Basis für die zukünftige Entflechtung von Energiebereitstellung und Netzbetrieb. […]

FH-Hon.Prof. Ing. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael Georg Grasser, MBA MPA CMC, Leiter FA IT-Infrastruktur der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes). (c) © FH CAMPUS 02
Interview

Krankenanstalten im Jahr 2030

Um sich schon heute auf die Herausforderungen in fünf Jahren vorbereiten zu können, hat die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) die Strategie 2030 formuliert. transform! sprach mit Michael Georg Grasser, Leiter der Fachabteilung IT-Infrastruktur. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*