Smarte Ideen für Campus-Netzwerke

Mit einem Campus-Netzwerk bauen Unternehmen auf dem Firmengelände ein privates Mobilfunknetz auf. So werden Prozesse, Anlagen und Fahrzeuge zuverlässig und sicher vernetzt. [...]

5G versus LTE versus WLAN

Der neueste Mobilfunkstandard 5G wird von vielen als Heilsbringer in Sachen Internet of Things angesehen. Er soll alles Mögliche vernetzen und dabei andere Funkstandards in den Schatten stellen – mit schnellen Reaktionszeiten, hohen Datenübertragungsraten und vielen gleichzeitig unterstützten Geräten. Doch muss es tatsächlich immer 5G sein, reicht nicht oft eine Vernetzung zum Beispiel mit Narrowband-IoT (NB-IoT), einer Weiterentwicklung des Funkstandards LTE, aus?

„Jede Lösung hat ihre Berechtigung, je nachdem welche Anwendungen betrieben werden sollen“, betont Peyman Jazayeri von der Deutschen Telekom. Die 5G-Technologie nutze im Gegensatz zu WLAN ein lizenziertes Frequenzspektrum, was für die Quality of Service bei kritischen Anwendungen essenziell sei. Das Frequenzspek­trum von WLAN sei dagegen frei zugänglich und für jeden nutzbar.

„Im Zuge der Digitalisierung werden immer neue Anwendungen und Lösungen in der Industrie entwickelt, die eine leistungsfähige Konnektivität benötigen, und 5G ist hier eine Schlüsseltechnologie mit Investitionssicherheit.“

„Mobilfunknetze haben per Definition den Vorteil, dass sie für mobile Anwendungen geschaffen wurden. Damit können sich zum Beispiel fahrerlose Transportsysteme unterbrechungsfrei auf dem Gelände bewegen.“

Peyman Jazayeri – Head of Sales 5G Corporate Customers bei der Deutschen Telekom

Die Deutsche Telekom ist im Jahr 2018 bei ihrem ersten Kunden Osram mit einem Campus-Netz basierend auf der LTE gestartet. Das war vor der 5G-Standardisierung und die Frequenzen waren noch nicht versteigert.

Deshalb hätten laut Jazayeri in der Vergangenheit Campus-Netze auf LTE-Basis Sinn ergeben. „Mittlerweile versorgt die Telekom bereits 94 Prozent der Maschinen in Deutschland mit 5G.“ Deshalb setze man künftig in der Regel auf 5G.

Niko Kalivianakis sieht durchaus weiterhin Einsatzzwecke für NB-IoT: „Narrowband-IoT ist eine sehr fortschrittliche Lösung für die energiesparende und kostengünstige ,Low Power Wide Area‘-Kommunikation“.

Die Technik sei für geringe Datenmengen und hohe Reichweiten optimiert. In den meisten Anwendungsfällen von NB-IoT sei ein privates Netz nicht zwingend erforderlich. Wenn es bereits ein solches Netz gebe, würden die Anwendungen oft in das Campus-Netzwerk integriert.

Alexander Saul von Vodafone ergänzt, dass Narrowband-IoT sich insbesondere für Szenarien eigne, in denen mit wenig Energieaufwand ein geringes Datenvolumen übertragen wird – das könnten etwa präzise gesteuerte Straßenbeleuchtungen, dezentrale Luftqualitätsmessungen oder Lösungen für die Parkplatzsuche sein.

„5G ist dagegen Grundlage für Echtzeitkommunikation, die schnelle Übertragung großer Datenmengen und Basis für Anwendungen im industriellen Umfeld oder in den Bereichen Augmented und Virtual Reality.“

Und wie sieht es mit dem WLAN aus? Die weitverbreiten Funknetze bieten mit Wifi 6 und Wifi 6E kostengünstig relativ hohe Übertragungsgeschwindigkeiten. Die Funknetze lassen sich zudem gut absichern. Auch existieren erste Mechanismen, die Unterbrechungen bei Bewegung zwischen mehreren Access-Points vermeiden.

Niko Kalivianakis weist allerdings darauf hin, Wi-Fi könne nicht für eine einzelne Verbindung garantieren, dass Qualitätsmerkmale wie Mindestbandbreite oder Latenz zu jedem Zeitpunkt eingehalten werden. „Bei steigenden Gerätemengen in einem WLAN verstärkt sich dieser Effekt dramatisch“, betont er.

Insbesondere bei Bewegungen zwischen Funkzellen zeigten sich die Vorteile von 5G und die zugesicherten Qualitätsmerkmale. Viele Anwendungen der Digitalisierung wie die Automatisierung benötigten eine konstant hohe Zuverlässigkeit ohne Schwankungen, sodass sie sich nur mit 5G kabellos realisieren ließen.

Hinzu kommt laut dem O2-Telefónica-Director: „Durch die verschiedenen regulierten und geprüften Antennentechniken lassen sich größere Campus-Netzwerke zum Beispiel für Außenbereiche oder für komplexe Industrieanlagen oft deutlich günstiger realisieren als eine WLAN-Vernetzung.“

Die Vorteile der kurzen Latenz und hohen Bandbreiten vor allem bei Bewegung verbesserten die meisten Anwendungen deutlich. Das heißt, „viele Anwendungen funktionieren mit WLAN zwar, allerdings nur mit Einschränkungen. 5G hat diese Einschränkungen nicht und ist daher die bessere Wahl.“

Externe Anbindung

Auch wenn man auf dem Firmengelände ein fortschrittliches und schnelles 5G-Campus-Netzwerk am Laufen hat – in vielen Fällen müssen die Daten weitergeleitet werden, zum Beispiel an ein Cloud-Rechenzentrum oder an eine andere Niederlassung des Unternehmens. Ergibt ein Campus-Netzwerk daher etwa bei einem Unternehmen auf dem flachen Land ohne flotte Glasfaseranbindung überhaupt Sinn?

Je nach Nutzungsziel können die im Campus-Netz zu transportierenden Daten auch lokal erzeugt und verarbeitet werden, sodass die Internetanbindung keine hohen Ansprüche erfüllen muss. Leistungsfähige Festnetzanbindungen wie Glasfaserleitungen können jedoch notwendig werden, wenn große Datenmengen etwa eines Digital Twins oder von Kameras in einer nicht lokalen Cloud-Anwendung verarbeitet werden sollen. Daher müssen Nutzungsziele, finanzieller Aufwand und die potenziell verfügbare Internetanbindung bei der Wahl des Netzarchitekturmodells mit berücksichtigt werden.

Peyman Jazayeri betont, dass es auch für Unternehmen im ländlichen Raum Campus-Netz-Lösungen gebe, „zum Beispiel indem das öffentliche Mobilfunknetz genutzt wird. So können auch Lösungen ohne eigenen Glasfaseranschluss umgesetzt werden.“


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