Smarte Ideen für Campus-Netzwerke

Mit einem Campus-Netzwerk bauen Unternehmen auf dem Firmengelände ein privates Mobilfunknetz auf. So werden Prozesse, Anlagen und Fahrzeuge zuverlässig und sicher vernetzt. [...]

Sechs Beispiele aus der Praxis

Meist handelt es sich bei den aktuellen Campus-Netzwerken noch um Testbetriebe. Doch zeigen sie bereits heute, was künftig alles möglich sein wird.

5G für die Insektizid-Forschung

Das Unternehmen Bayer hat im August vergangenen Jahres ein 5G-Netz in einem Gewächshaus in Betrieb genommen. Auf einer Fläche von 11.000 Quadratmetern steht dem Chemie- und Pharmakonzern am Standort im nordrhein-westfälischem Monheim eine moderne Netz- und IT-Infrastruktur zur Ver­fügung, mit der in der Insektizid-Forschung effizienter und schneller neue Technologien getestet werden können.

Unter anderem mithilfe von vollständig autonomen Robotern sowie per Künstlicher Intelligenz ausgewerteten digitalen Bildern und Videos will Bayer schneller neue Erkenntnisse zur Pflanzengesundheit gewinnen. Auf Basis automatisierter Prozesse und der Echtzeitverarbeitung großer Datenmengen sollen innovative Lösungen im Labor und im Gewächshaus, aber auch in der Produktion und im Feld entwickelt werden, um Industrie und Landwirtschaft nachhaltiger zu machen.

Das Gewächshaus besteht aus 133 Kammern, in denen sich die verschiedensten Klimabedingungen simulieren lassen, wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit, Tageslängen, Temperaturverläufe und Luftfilterung. Dadurch können Versuche unter realistischen, naturnahen Bedingungen ablaufen. Aufgebaut wurde das 5G-Netz inZusammenarbeit mit Vodafone.

Ein 5G-Netz im Gewächshaus von Bayer soll die Verfügbarkeit neuer Technologien beschleunigen.
(Quelle: Bayer)

Drohnen sichern den Hafen

HHLA Sky, ein Spezialist für den Einsatz von Drohnen im industriellen Umfeld und Tochterunternehmen des Hamburger Hafenbetreibers HHLA, überwacht mit den unbemannten Luftfahrzeugen das Gelände des Hamburger Hafens. Die Industrie-Drohnen sind automatisiert unterwegs.

Sie fliegen durch Container-Terminals im Hafen und erledigen unter anderem Inspektionsflüge, die aufwendige Rundgänge und Einsätze von Industriekletterern ersetzen. Das Flugareal umfasst mehr als drei Quadratkilometer.

Die Steuerung und Überwachung der Drohnen erfolgt über einen zentralen Leitstand, von dem aus zum Beispiel der Ladezustand oder Motordaten überwacht werden können und das Live-Videobild in HD-Qualität empfangen wird. Der Kontakt mit den Fluggeräten wird über ein Campus-Netzwerk der Deutschen Telekom hergestellt.

Der Hamburger Hafen inspiziert die Containeranlagen mit Unterstützung einer Drohnenflotte.
(Quelle: HHLA / Thies Rätzke)

Ferngesteuerter fahrerloser Zug

Der Smart Rail Connectivity Campus (SRCC) ist eine 25 Kilometer lange Teststrecke der Erzgebirgsbahn. Die Technische Universität Chemnitz erforscht hier die Kommunikation, Automatisierung und Digitalisierung im Bahnverkehr der Zukunft. Vodafone stattete das Testfeld mit einem 5G-Campus-Netzwerk aus.

Es ermöglicht Bandbreiten von mehr 500 MBit pro Sekunde und verringert die Latenzzeit, also die Verzögerung, mit der Daten übertragen werden, auf weniger als 10 Millisekunden. Wenn der Testzug des französischen Konzerns Thales beschleunigt, dann ist das Führerhaus leer. Der Zugführer sitzt mehrere Hundert Meter entfernt in einer Steuerzentrale. Auf zwei Bildschirmen hat er sowohl das Fahrerhäuschen als auch den fahrenden Zug im Blick.

Aus einer originalgetreuen Steuerzentrale heraus lenkt er den Zug. Damit dieser ferngesteuert werden kann, kommt die 5G-Technik Network Slicing zum Einsatz, mit deren Hilfe sich verschiedene virtuelle Netzwerke eine physische Netzwerkstruktur teilen.

Für das Testfeld wird ein separat zugeschnittenes 5G-Netz genutzt. So stehen für die Fernsteuerung des Zuges immer optimale Mobilfunk-Kapazitäten bereit, auch wenn zahlreiche Personen in der direkten Umgebung ebenfalls das Mobilfunknetz nutzen. Zudem werden die Daten unmittelbar vor Ort in einer Mobile Edge Cloud (MEC) verarbeitet.

Die Technische Universität Chemnitz und Vodafone schickten einen per 5G vernetzten Zug auf Testfahrt.
(Quelle: Vodafone)

Moderne Kunststoffproduktion

Der Maschinenbauer Arburg aus dem baden-württembergischen Loßburg erprobt mithilfe eines 5G-Campus-Netzwerks die Kunststoffproduktion von morgen – etwa autonome Transportsysteme, industrielle Roboter oder automatisierte Prozesse.

Wie eine solche Produktion aussehen kann, zeigt der Hersteller von Maschinen für die Kunststoffverarbeitung in einem Kundencenter in der Firmenzentrale im Nordschwarzwald. Dort können Industriekunden unterschiedlichster Branchen, etwa der Automobil- und Verpackungsindustrie oder der Medizintechnik, digitale Fertigungs-Konzepte testen.

Die Deutsche Telekom hat hierfür das Kundencenter mit acht speziellen Inhouse-Antennen ausgestattet, die die 2100 Quadratmeter große Fläche mit 5G versorgen.

Die Firma Arburg präsentiert in ihrem Kundencenter die vernetzte Kunststoffverarbeitung mithilfe eines Campus-Netzes.
(Quelle: Vodafone)

5G in der Klinik

Das Helios Park-Klinikum Leipzig betreibt das erste 5G-Standalone-Campus-Netzwerk in einem deutschen Krankenhaus. Die Planung und Implementierung des Netzes erfolgte mit einem Team von Helios, Iconec, Huawei und O2 Telefónica innerhalb von vier Monaten. Im Rahmen der Netzimplementierung musste besonderer Wert auf die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) gelegt werden.

Dazu wurden ausgiebige Tests mit typischen Medizingeräten vor Ort durchgeführt, um etwaige Beeinträchtigungen auszuschließen. Das Funknetz versorgt aktuell rund 50 Räumlichkeiten, die sich auf zwei Gebäude verteilen. Ein Anwendungsfeld ist das Krankenhausbett: Hier werden Vitaldaten, Krankenakten und Informationen von medizintechnischen Geräten gesammelt, die in der Nähe aufgestellt sind.

Die Helios-Klinik in Leipzig betreibt das erste Krankenhaus-Campus-Netzwerk in Deutschland.
(Quelle: Helios Kliniken)

Autobau von morgen

Mit der Factory 56 im Werk Sindelfingen erprobt Mercedes-Benz die Autoproduktion der Zukunft. So lösen etwa in ausgewählten Fertigungsbereichen rund 300 fahrerlose Transportsysteme (FTS) das klassische Fließband ab. Möglich macht das Ganze das weltweit erste 5G-Netz für die Autoproduktion, das von Telefónica und dem Netzwerkausrüster Ericsson errichtet wurde.

Die Factory 56 ver­körpert laut Mercedes-Benz die Zukunft der Automobilproduktion – mit kompletter Vernetzung via 5G.
(Quelle: Mercedes-Benz)

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