So dirigieren Sie im Home Office

Virtuelles Führen im Homeoffice via Zoom, Teams und Co. ist für viele Unternehmen Neuland. Lesen Sie, was dezentral organisierte Teams brauchen. [...]

Auch virtuelle Mitarbeiterführung erfordert von Vorgesetzten großes Fingerspitzengefühl und viel Flexibilität in Sachen Führungsstil, Kommunikation und Vertrauen (c) pixabay.com

Für eine Vielzahl Berufstätiger hat sich die Arbeitswelt in den vergangenen Monaten deutlich verändert. Die Präsenzkultur ist durch die COVID-19-Pandemie grundlegend infrage gestellt worden. Unternehmen gewöhnen sich zunehmend daran, Teams aus dem Homeoffice arbeiten zu lassen. Viele bekräftigen, auch dann daran festhalten zu wollen, wenn die aktuelle Corona-Krise vorbei sein wird.

Virtuelles Führen: Homeoffice für Führungskräfte

Die bislang ungewohnte Situation erfordert sowohl von den Angestellten als auch Arbeitgebern ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit. Insbesondere Führungskräfte müssen sich mit neuen Methoden zur Mitarbeiterführung über digitale Kanäle vertraut machen. Folgende elf Tipps helfen bei der Umsetzung:

1. Umstände anerkennen

Zu den größten Herausforderungen zählt nicht in erster Linie die räumliche Distanz. Es geht eher um die unterschiedlichen Grundvoraussetzungen, mit denen Teammitglieder bei der Arbeit von zu Hause konfrontiert sind. Vor allem in Städten hat nicht jeder ausreichenden Raum für ein separates Zimmer als Homeoffice. Bei vielen ist der Arbeitsplatz weiterhin der Küchen- oder Esstisch. Dazu kommt eine ganze Reihe möglicher Ablenkungen: Kinder brauchen Hilfe bei den Hausaufgaben, der Paketbote klingelt, der Hund muss vor die Tür. Und wer alleine wohnt, fühlt sich mit der Zeit möglicherweise von seiner Umwelt isoliert.

All das hat Einfluss darauf, wie – und zu welchen Zeiten – Mitarbeitende ihre Aufgaben am besten erledigen können. Vorgesetzte, die offen Verständnis für diese individuellen Situationen äußern, schaffen damit die Grundlage einer vertrauensvollen Zusammenarbeit.

2. Stress-Level steuern

Permanenter Stress im Homeoffice ist keine gute Voraussetzung, um kontinuierlich gute Arbeit abzuliefern. Wer als Führungskraft vermittelt, dass es okay ist, nicht immer perfekt zu funktionieren, nimmt Mitarbeitern ein Stück weit den Druck in der Gewöhnung an das New Normal. Vielen fällt es mit dieser Gewissheit sehr viel leichter, Deadlines einzuhalten und den Erwartungen zu entsprechen.

Es ist nicht schlimm, wenn der Nachwuchs oder ein Haustier während des Video-Meetings im Hintergrund mal durchs Bild läuft. Das wird nur dann problematisch, wenn das Meeting dadurch dauerhaft gestört würde, weil die Ablenkung zu groß ist. Hier bieten sich virtuelle Hintergründe an, die eine Trennung zwischen Privat- und Arbeitsleben schaffen.

3. Regelmäßigen Kontakt pflegen

Ein tägliches Gespräch mit der Chefin oder dem Chef – ist das nicht ein bisschen zu viel der Kommunikation? Vielleicht sieht es auf den ersten Blick so aus, aber insbesondere bei der digitalen Mitarbeiterführung ist die Regelmäßigkeit des Austauschs entscheidend. Nur so lässt sich einschätzen, ob alles wie besprochen läuft und sich alle im Team den Anforderungen gewachsen fühlen. Missverständnisse und Fehler passieren – ähnlich wie im Büro – vor allem, wenn zu wenig kommuniziert wird.

4. Neue Technologien nutzen

Nur mit Personen, zu denen man regelmäßigen Kontakt pflegt, können Beziehungen entstehen. Das funktioniert im Zeitalter des digitalen Austauschs über zahlreiche Kommunikationskanäle. Moderne Videokonferenz-Tools wie Zoom, Teams, Google Meet und andere ermöglichen dabei eine Kommunikation von Angesicht zu Angesicht und machen sichtbar, wie es allen Teammitgliedern geht.

Der Anlass für ein kurzes persönliches Gespräch muss gar nicht unbedingt immer ein konkreter Arbeitsauftrag sein. Um eine ehrliche und offene Kommunikation zu pflegen, reicht auch die Frage: Wie kommst Du voran? Wie klappt es mit der Arbeitseinteilung? Brauchst Du Hilfe und Unterstützung?

5. Kommunikationsregeln festlegen

Dezentral organisierte Teamarbeit funktioniert dann am effektivsten, wenn sich alle über die Grundregeln der gemeinsamen Kommunikation einig sind. Vorgesetzte können für klare Verhältnisse sorgen, indem sie Häufigkeit, Zweck und Timing des Austauschs und die dafür priorisierten Kanäle festlegen. Videokonferenzen sind in der Regel die erste Wahl für die tägliche Besprechung in der Gruppe.

Gerade größere Gesprächsrunden lassen sich durch simple Tricks so strukturieren, dass auch Meetings mit hoher Teilnehmerzahl geordnet und effektiv ablaufen. So können etwa mithilfe von Umfragen Meinungen oder Antworten zu bestimmten Fragen erfasst werden, sodass jeder Teilnehmer zu Wort kommt. Wenn es um dringliche Angelegenheiten oder Nachfragen geht, sind andere Kanäle wie Instant Messaging der bessere Weg. Unified-Communications-Plattformen ermöglichen eine Vielzahl von Anwendungen und Kommunikationskanälen.

6. Erwartungen definieren

Oft werden beim Übergang von der klassischen Büroarbeit ins Homeoffice bestimmte Aufgaben innerhalb eines Teams neu verteilt, manchmal kommen auch neue hinzu. Damit Mitarbeiter diese erfüllen können, muss klar sein, was genau von ihnen erwartet wird. Manchen mag es außerhalb der gewohnten Büroatmosphäre anfangs schwerfallen, Aufträge zu priorisieren. Gemeinsam kann geklärt werden, welche Aufgaben Priorität haben und was bewältigt werden kann.

Einfach davon auszugehen, dass schon jeder weiß, was er zu tun hat, ist kontraproduktiv. Besser ist, von Anfang an eine Feedback-Schleife zu vereinbaren, um gegebenenfalls die Erwartungen anzupassen und in den bekannten Applikationen zu dokumentieren.

7. Ein gemeinsames Ziel verfolgen

Wer Mitarbeitern ein eindeutig definiertes Ziel vorgibt, sorgt dafür, dass sie eine emotionale Verbindung zueinander aufzubauen. Denn Teams funktionieren vor allem dann, wenn alle Mitglieder eine gemeinsame Mission verfolgen. Das dabei entstehende Gemeinschaftsgefühl hilft auch, Unsicherheiten zu überwinden und mit ungewohnten Arbeitssituationen umzugehen. Wenn jeder weiß, was er zum gemeinsamen Erfolg beiträgt, ist das die beste Motivation, Höchstleistungen zu erbringen. Erfolge sollten außerdem gewürdigt werden und die entsprechende Anerkennung bekommen.

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8. Auf die Ergebnisse konzentrieren

Wie lassen sich Engagement und Selbstverantwortung fördern? Indem Führungskräfte sich auf die gewünschten Ergebnisse konzentrieren – und Teammitgliedern den Freiraum lassen, selbst einzuteilen, wie sie zum Ziel kommen wollen. Voraussetzung dafür ist, dass ausreichend Zeit zur Verfügung steht und zuvor entsprechendes Vertrauen aufgebaut wurde. Ist das der Fall, lässt sich auf diesem Weg nicht nur die Kreativität der Mitarbeitenden fördern, sondern auch kräftezehrendes Mikromanagement vermeiden. Virtuelle Brainstorms lassen sich beispielsweise in Breakout-Räume aufteilen. Kleinere Teams können dadurch in separaten Sitzungen zusammenkommen und ihre kreativen Ideen sammeln, die anschließend in der größeren Runde präsentiert werden.

9. Strikte Kontrollmechanismen vermeiden

Regelmäßige Kommunikation und klare Zielvorgaben sind wichtig. Sie dürfen aber nicht dazu führen, dass Mitarbeiter das Gefühl bekommen, im Homeoffice überwacht zu werden. Vorgesetzte, die mehrmals täglich penible Rückmeldungen zu erledigten Arbeitsschritten einfordern, signalisieren damit nicht nur fehlendes Vertrauen. Sie riskieren zudem, dass Teams den Fokus verlieren. Beratung und Betreuung sind besser als strikte Kontrolle.

10. Neue Team-Mitglieder integrieren

Als neues Mitglied in ein dezentral arbeitendes Team zu kommen, kann zur Herausforderung werden, weil sich die Dynamik einer Gruppe anfangs schwerer erspüren lässt. Umso wichtiger ist es, Mitarbeitenden direkt zu Beginn ihrer Tätigkeit das Gefühl zu geben, Teil der Gruppe zu sein.

Unternehmen, die bereits über längere Erfahrung in dezentralem Arbeiten verfügen, haben dies zum festen Bestandteil ihres Onboardings gemacht. Zu den ersten Aufgaben neuer Angestellter gehört es deshalb, nicht nur ihren Arbeits-Account einzurichten und den Zugang per Zwei-Faktor-Authentifizierung zu sichern, sondern auch, einen Termin für einen virtuellen Kaffee mit den neuen Kollegen zu vereinbaren, um sich kennenzulernen.

11. Das Wir-Gefühl stärken

Selbst in gut funktionierenden Arbeitsumfeldern kann es gelegentlich zu Unsicherheiten, Unzufriedenheit oder sogar Ängsten der Mitarbeitenden kommen. Die Aufgabe von Führungskräften besteht darin, Teams davor zu schützen. Das gelingt am ehesten, wenn auch die sozialen Aspekte der gemeinsamen Arbeit berücksichtigt werden.

Dafür braucht es keine verpflichtenden gemeinsamen Kaffeepausen, aber von Zeit zu Zeit die Gelegenheit für einen lockeren Austausch, der Mitarbeitern das Gefühl gibt, trotz Distanz gesehen und gehört zu werden. Virtuell lässt sich der Teamgeist auch fördern, wenn zur Abwechslung mal eine Happy Hour, ein virtuelles Quizzen oder ein gemeinsames Pizzaessen per Videochat organisiert wird.

*Peer Stemmler ist Deutschlandchef von Zoom.


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