Endlich mit am Tisch: Was die IT tun kann, um nicht ständig übergangen zu werden, lesen Sie in diesem Beitrag. [...]
Ohne den CIO und die IT-Abteilung sind Digital- und Data-Initiativen stets zum Scheitern verurteilt. Dennoch starten operative Geschäftsbereiche immer wieder auf eigene Faust Projekte – die im Anschluss nicht mit der Systemlandschaft kompatibel sind.
Viele Digital- und Data-Initiativen kommen aus dem operativen Geschäft und werden mithilfe von Beratern umgesetzt. So entstehen Tools zur Datenerhebung und –Analyse, die als Pilot in die operative Anwendung gebracht werden. Beim nächsten System-Update funktionieren sie plötzlich nicht mehr oder verletzen die Sicherheitsstandards. Die Tools müssen verändert oder im schlimmsten Fall neu entwickelt werden. Das alles kostet viel Geld, Zeit und Nerven – und fällt zugleich auch noch oft negativ auf die IT zurück.
Mit den folgenden Tipps kann es CIOs und ihren IT-Abteilungen gelingen, sich als echter Partner für das operative Geschäft zu positionieren:
1. Basis-Beziehung etablieren
IT und IT-Security werden vom Business oft als Bremser oder Bedenkenträger wahrgenommen, die stets betonen, was nicht geht. Ist das Image einmal verpasst, versuchen operative Bereiche, wie Marketing, Produktion, Vertrieb oder Einkauf, so gut es geht ohne die Bremser auszukommen. Es ist daher wichtig, grundsätzlich als Ermöglicher wahrgenommen zu werden, damit IT-Abteilungen frühzeitig in neue Initiativen mit einbezogen werden. Ganz pragmatisch gesprochen:
- Nicht erklären, was nicht geht – sondern sagen, was möglich ist und pragmatische und schnelle Lösungen anbieten;
- Einfache Sprache wählen – nicht jedes Detail erklären oder gar belehren, sondern auf die Punkte eingehen, die dem operativen Geschäft wirklich wichtig sind;
- Gemeinsam mit dem Geschäft vom Kunden her denken, nicht nur aus der technischen Perspektive kommen.
Gerade der letzte Punkt verhilft zu echtem Respekt und damit zu langfristigem Vertrauen.
2. Rolle definieren
Immer wieder erlebt das operative Geschäft auch das Gegenteil bei einer Anfrage der IT: Am liebsten möchte man dort gleich das ganze Problem in Eigenregie lösen und ein fertiges Ergebnis abliefern. Die Gefahr, nicht die Anforderungen zu treffen, ist hoch. Denn oftmals übersteigt dies die Kompetenz der IT.
Ob eine Lösung für die Nutzer am Ende verständlich, angenehm zu nutzen und sinnvoll ist, ist aus IT-Perspektive schwer zu beurteilen, ohne die genauen Prozesse und damit verbundenen Menschen genau zu kennen. Darum die Empfehlung: Nicht als Generalunternehmer tätig werden, sondern als „technischer Berater“ den Problemlösungsprozess des operativen Geschäfts begleiten – und damit Führung abgeben.
Das bedeutet konkret:
- Alle Optionen, die das Business vorschlägt, prüfen, ob sie gut implementiert werden können, auf die bestehenden Systeme passen und Sicherheit sowie zugehörige Themen einhalten;
- Bei Hindernissen pragmatische (mehrere Optionen) und nicht dogmatische (eine Option) Lösungsvorschläge machen;
- Entscheidungsvorlagen erarbeiten.
Wer sich weder ausgebremst noch bevormundet, sondern verstanden und beraten fühlt, wird der IT eine hohe Wertschätzung zollen und für Folgeprojekte aktiv erneut Unterstützung anfragen.
3. Vertrauen schenken
Wer Vertrauen erhalten möchte, muss auch selbst Vertrauen schenken. Oft trauen IT-Abteilungen ihren Kolleginnen und Kollegen im operativen Geschäft viel zu wenig zu. Sie unterstellen unter Umständen, dass diese die technische Komplexität ohnehin nicht verstehen werden. Das liegt möglicherweise daran, dass es IT-Profis oft nicht leichtfällt, zwischen dem großen Ganzen und technischen Details, so wichtig diese auch sein mögen, zu unterscheiden.
Ganz sicher ist es nicht notwendig, alle Details der Schnittstellen-Erstellung in großer Runde zu diskutieren. In der Tat werden operative Managerinnen und Manager damit schnell überfordert und sie brauchen es für ihr Tagesgeschäft auch gar nicht. Die großen, strategischen Überlegungen, wie die bereits existierende Komplexität der bestehenden Systeme oder Überlegungen zur langfristigen Integration oder Auswertbarkeit von Daten sollten aber auf jeden Fall mit ihnen besprochen werden. Sie denken ebenfalls in komplexen Strukturen und Prozessen und sind sehr wohl fähig, hier zu folgen.
Dabei kommt es darauf an, wie diskutiert wird: Sprachlich müssen sich beide Seiten annähern. Nimmt die IT ihre Rolle als Berater ernst, wird sie sich insbesondere Mühe geben, zu vereinfachen und zu übersetzen.
4. Erwartungsmanagement betreiben
Im Laufe eines jeden Projekts kommt es immer wieder zu Situationen, in denen die Beteiligten aneinander vorbeireden und es an Verständnis für den Anderen mangelt, obwohl sie den Projektplan befolgen. Häufig ist diese Situation zu beobachten, wenn das operative Geschäft „mal eben“ eine Änderung anfragt, die zu großem Aufwand führt.
Unterschiedliche Reaktionen können darauf folgen:
- Die IT-Abteilung akzeptiert, schmollt aber zugleich, weil der Arbeitsaufwand immens hoch ist;
- Dauert es dann zu lange, wird das Business immer ungeduldiger;
- Das gegenseitige Vertrauen droht verloren zu gehen.
Für CIOs ist es daher ratsam, den Abteilungen immer wieder zu erklären, dass IT nicht ‚auf Knopfdruck‘ funktioniert, sondern ein komplexer Produktionsprozess ist. Wie jeder gute Berater muss auch die IT-Abteilung in der operativen Unterstützung klares Erwartungsmanagement betreiben, indem sie sagt, was geht aber auch, wie lange es dauert und mit welchen Ressourcen das verbunden ist. Zudem sollte sie alternative Möglichkeiten aufzeigen.
5. Einblicke gewähren
Die kleinen, aber wichtigen Erfolge sind oft unsichtbar, gerade bei technischen und IT-Details. Dabei schaffen sie eine exzellente Möglichkeit, dem Business einmal einen Einblick in die IT-Produktion zu geben und gleichzeitig das Gefühl zu vermitteln, lösungsorientiert zu arbeiten. So mancher IT-Spezialist, den ich begleitet habe, war sehr überrascht, wie faszinierend Code für Dritte sein kann, wenn sie es nur gezeigt und erklärt bekommen.
Darum sollten die Kolleginnen und Kollegen im operativen Geschäft ruhig offensiv angesprochen werden, um ihnen Einblicke zu geben. Das Ganze sollte natürlich ganz in ihrem Sinne stattfinden und weder belehrend noch bedrängend sein. Wenn kein Interesse (vielfach auch: Zeitmangel) besteht, ist das zu akzeptieren und die jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten trotz allem mit dem gleichen Respekt behandelt werden.
*Wiebke Apitzsch ist Managing Director bei der Unternehmensberatung TTE Strategy. Sie berät Unternehmen in der Durchführung interkultureller digitaler Projekte, arbeitet als Schnittstelle zwischen Technologie- und Managementteams und bringt Führungskräfte in digitalen Themen mit einem Schwerpunkt auf Daten auf den neuesten Stand. Sie ist Diplom Betriebswirtin der Fachhochschule München und zertifizierte Scrum Product Ownerin der Scrum Alliance.
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