Social Media Intelligence: Wie soziale Medien den Geschäftserfolg ankurbeln

Social-Media-Kanäle können nicht nur für Imagepflege und Community Building nützlich sein. Auch der Unternehmenserfolg lässt sich durch soziale Medien ganz gezielt steigern. Wir sagen Ihnen wie. [...]

Heutzutage verfügt so gut wie jedes Unternehmen über einen Social-Media-Kanal – sei es nun Facebook, Twitter, LinkedIn, Xing, YouTube, Instagram, Snapchat oder alle zusammen. Umso überraschender ist es, dass viele Firmen immer noch nicht herausgefunden haben, dass sich Daten, die über soziale Medien aggregiert werden, in Kombination mit Automatisierungs-Tools in aussagekräftige Insights verwandeln lassen. Zusammengefasst wird diese Vorgehensweise auch unter dem Begriff „Social Media Intelligence“.
So entsteht Social Media Intelligence
„Social Intelligence nutzt die Daten, die Social-Analytics-Tools zur Verfügung stellen. Das können Basisdaten oder auch sehr komplexe Daten sein. Worauf es ankommt ist, dass diese Daten auch genutzt werden. „Dass das nicht längst so praktiziert wird, wundert mich“, sagt Jenny Sussin, Research Vice President bei Gartner.
Sussin führt als Beispiel ein Unternehmen an, das im Joghurt-Geschäft tätig ist: „Auch wenn die Kernzielgruppe für das Produkt weiblich ist, könnte das Unternehmen herausfinden wollen, welche Inhaltsstoffe männliche Lacrosse-Spieler im Nordosten der USA in einem Fitness-Joghurt erwarten.“
Eine (Teil-)Antwort auf Fragen wie diese können eine ganze Reihe von Social Analytics Tools wie Brandwatch, Crimson Hexagon, Synthsio oder Talkwalker liefern. Woran es dabei in vielen Unternehmen hapert: Die Integration von Social Analytics in traditionelle CRM-, ERP- und andere Backend-Systeme, um die neuen Erkenntnisse mit bereits bestehenden, internen Daten verknüpfen zu können. Wenn überhaupt – so die Gartner-Expertin – werde in Unternehmen oft nur ein rudimentärer Social-Analytics-Report manuell in CRM-Systeme übertragen.
Mit sozialen Medien zu mehr Insights
Bryan Long ist Senior Social Media Manager bei Nissan USA und der festen Überzeugung, dass Technologie auch künftig die Social-Media-Bemühungen seines Unternehmens stützen wird. Allerdings, so der Experte, habe die Automatisierung von Social Analytics auch ihre Grenzen. Die Analyse von Posts, Tweets und sonstigen sozialen Aktivitäten der Marke Nissan erfordert immer noch menschliches Zutun, um die daraus entstandenen Daten intelligent nutzen zu können. „Es werden immer Menschen gebraucht werden, um lesen, interpretieren und verstehen zu können, welche Bedürfnisse die Kunden haben und wie die Marke darauf reagieren sollte.“
Bei Nissan North America beschäftigen sich sechs bis acht Analysten ausschließlich mit den Daten, die das Social Media Management Tool Sprinklr aggregiert. Nissan USA nutzt das Tool, um das unternehmenseigene Twitter, Facebook-, Instagram- und Google-Plus-Konto zu überwachen. Die Analysten sind nach Aussage Longs diejenigen, die entscheiden, wann eine Antwort erfolgt. „Ein einzelner User, der Besorgnis über etwas ausdrückt, ist möglicherweise nicht genug, um sich näher mit dem Problem zu befassen. Aber wenn man es mit einem der zehn oder zwanzig häufigsten Probleme zu tun hat, sollte man das nicht ignorieren“, so der Social-Media-Experte.
Für Bryan Long ist Social Media Intelligence ein Datenaggregierungspunkt von enormer Bedeutung – wenn dieser mit Zufriedenheitsstudien und anderen Formen des Kundenfeedbacks kombiniert wird. Denn in diesem Fall kann er dabei helfen, die Produkte, die Werbestrategie und die Customer Experience eines Unternehmens zu verbessern.
Das Social Media Team von Nissan USA wurde vor fünf Jahren gegründet und nutzt das Sprinklr-Tool, um Daten zu organisieren und gruppieren – was den Entscheidern wiederum wertvolle Erkenntnisse liefert. Die sozialen Daten, die Sprinklr liefert, können außerdem mit denen anderer Technologien, die im Unternehmen zum Einsatz kommen, verglichen werden, um Probleme zu validieren oder zu lösen. Darüber hinaus ist das Social Team auch in der Lage, individuelle Reportings für viele Abteilungen des Unternehmens zur Verfügung zu stellen – etwa Kommunikation, Recht und Marketing. Die Aussagekraft der Social-Media-Daten hat dazu geführt, dass sie bereits in einige Business-Entscheidungen mit eingeflossen sind, wie Long preisgibt: „Wir treffen schnelle, aber informierte Entscheidungen auf Grundlage von Faktoren wie Empfindungen, Volumen und Einfluss.“
Wie Social Media zu Verkaufsabschlüssen führt
Sally-Anne Kaminski ist beim Hardware-Hersteller Zebra Technologies die einzige Mitarbeiterin, die sich zu einhundert Prozent dem Thema Social Media widmet. Als Global Social Media Strategy Manager sieht sie es als ihre Aufgabe an, den Einsatz von Social Intelligence in allen Bereichen des Unternehmens voranzubringen.
Wenn das Sales-Team Kaminski wegen potenzieller Kunden kontaktiert, wirft sie kurzerhand Oracles Social Cloud an. Das Social Relationship Tool unterstützt den Sales-Mitarbeiter über die Erstellung eines Dashboards dabei, den Deal unter Dach und Fach zu bringen. Kaminski füttert die Social Cloud zuvor mit Keywords, Phrasen und Themen, um Konversationen zum Thema auf Facebook, Twitter und LinkedIn – aber auch in Foren und Blogs – sichtbar zu machen.
„So kommen wir zu Insights über Produkte oder Lösungen der möglichen Werbekunden, die wiederum deren Kunden Probleme bereiten.“ Das Sales Team erhält von Kaminski schließlich eine umfassende Präsentation, die auch eine Word Cloud beinhaltet, die Aufschluss über die Wahrnehmung einer bestimmten Marke in den sozialen Medien gibt. Ob das zu einer höheren Zahl von Verkaufsabschlüssen führt? Kaminski erfährt wegen der langwierigen Sales-Prozesse in der Regel nicht, ob ihre Arbeit zu einem besiegelten Deal geführt hat. Aber die sich häufenden Anfragen nach Unterstützung zeigen ihrer Meinung nach, dass dieses Vorgehen effektiv ist.
Wie ihre Kollegen bei Nissan USA ist auch Sally-Anne Kaminski davon überzeugt, dass man in Sachen Social Media Intelligence auch in Zukunft nicht auf menschliche Interaktion verzichten kann – egal welchen Integrationsgrad Social Analytics und Backend-Systeme aufweisen: „Es braucht einen einzigartigen Mix aus Wissenschaft und Kunst, um sich den Weg durch tausende Tweets und Facebook-Posts zu bahnen und dabei echte Insights zu Tage zu fördern“, so die Social-Media-Managerin. Daneben sei es unabdingbar, die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens zu kennen, wenn man Social Listening in Social Intelligence verwandeln wolle.
Kaminski beschäftigt sich bereits seit 2009 eingehend mit dem Themenkomplex Social Media und bringt auf den Punkt, was sie daran begeistert: „Der psychologische Prozess, der jemanden dazu bringt, eine Marke in sozialen Kanälen schlecht zu machen oder in den Himmel zu heben, fasziniert mich. Die Gründe dafür offenzulegen und sie anschließend dafür zu nutzen, eine Marke zu pushen – dazu sind Menschen der Schlüssel – nicht Automatisierungs-Tools.“
CDOs in der Social-Pflicht?
Jenny Sussin von Gartner ist hingegen enttäuscht, dass sich bisher nicht mehr auf dem Feld der Social Media Intelligence getan hat. Heutzutage ließen sich unstrukturierte Daten aus sozialen Plattformen ohne weiteres mit den strukturierten Daten aus den traditionellen Systemen verknüpfen, um wertvolle Insights zu generieren.
Immer noch, so Sussin, sehe man jede Menge Unternehmen, die die Anzahl ihrer Page-Likes akribisch in ein Tableau-System übertragen, statt die Social Modules der Enterprise-Systeme von Oracle, Salesforce, Microsoft und anderen zu nutzen. „So werden lediglich Informationen erfasst, die keinerlei Nutzen bringen“, urteilt die Gartner-Expertin. „Der Mangel an Integration ist oft ein Ergebnis von Silo-Strukturen innerhalb der Unternehmen, wobei Social Media entweder im Marketing ‚begraben‘ wird oder ein eigener Bereich ist. Früher haben die Unternehmen soziale Medien genutzt, um den Markt zu beobachten und darauf gehofft, so zu einer Millionen-Dollar-Idee zu kommen, die den ganzen Aufwand am Ende entlohnt. So fingen die Probleme an.“
Um echte Social Intelligence zu erzeugen, muss diese in Business Analytics und eine intelligente IT-Infrastruktur eingebettet werden. Wer dafür zuständig sein soll? Für Sussin eine klare Sache: „Die Führungskräfte im Bereich Data werden zwar sagen, sie haben mit Datenmanagement schon mehr als genug zu tun und Social Intelligence gehört nicht zu ihren Aufgaben. Aber das tut sie. Die Leute aus dem Social Team müssen sich im Austausch mit dem Data Team befinden. Nur so kommt man am Ende zu besseren Entscheidungen.“
Vom Marketing-Silo zur Social Intelligence
Melissa O’Brien, Chef-Analystin bei HFS Research kann da nur zustimmen: „Als ich mich zum ersten Mal mit diesem Themenkomplex befasst habe, ging es noch darum, wie man Social Media neben reinen Marketing-Zwecken auch als Instrument für die Customer Relationship einsetzen kann. Inzwischen geht es um viel mehr als das: Die Daten, die man aus den sozialen Netzwerken ziehen kann, können in allen Bereichen des Unternehmens von Nutzen sein. Das Problem dabei ist nur, dass eine Social-Media-Strategie von jeher als Marketing-Instrument diente. Tendenziell hat sich das bisher nicht geändert.“
Dennoch, so O’Brien, stünden alle Unternehmen erst am Beginn ihrer Social-Media-Reise. Mit der weiter steigenden Kundenzentrierung werde sich auch Social Intelligence im Unternehmensumfeld durchsetzen: „Das ist ein andauernder Prozess, der für Unternehmen ein echter Kampf ist.“
* Sandra Gittlen schreibt für unsere US-Schwesterpublikation cio.com.

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