Es sind ungewöhnliche Insekten, die durch ein Labor der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne krabbeln: So oft die Entwickler die Soft-Roboter auch mit einer Fliegenklatsche plätten, stehen sie doch immer wieder auf und krabbeln weiter. [...]
Die Soft–Roboter der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) gibt es in zwei Versionen: Die erste ist kabelgebunden, die zweite bewegt sich autonom. Dieses sogenannte „DEAnsect“ trägt seine Batterie auf dem Rücken, ebenso die Elektronik, die es ihm ermöglicht, sich fortzubewegen. Ein Mikroprozessor ist sein Gehirn, Fotodioden seine Augen, die allerdings nur Schwarz und Weiß unterscheiden können. Das reicht jedenfalls für eine Bewegung entlang einer aufgemalten Linie.
Spannung treibt Beine an
Der Fortbewegungsapparat basiert auf dielektrischen Elastomeren (DEA). Diese Kunststoffe wandeln elektrische Energie direkt in Bewegung um. Sie können sich um bis zu 300 Prozent ausdehnen. Das tun sie, wenn eine elektrische Spannung angelegt wird. Wird sie ausgeschaltet, ziehen sie sich wieder zusammen. Dieses Wechselspiel nutzen die Schweizer Forscher für die Vorwärtsbewegung des künstlichen Insekts. Die „Muskeln“ des nur ein Gramm schweren Insekts sind so dünn wie ein menschliches Haar.
Das System zur Fortbewegung ist wie ein Kondensator aufgebaut. Außen befinden sich Elektroden, an welche die Spannung angelegt wird. Mittendrin befindet eine dünne DEA-Schicht, die sich ausdehnt und wieder zusammenzieht, je nachdem ob eine Spannung anliegt oder nicht. Der Wechsel zwischen Spannung und Spannungslosigkeit findet mehr als 400 Mal pro Sekunde statt. Man kann auch sagen, das Insekt macht pro Sekunde gut 400 Schritte.
Breites Anwendungsspektrum
Die Elektroden für die Beine sind nur wenige Moleküllagen dick und die Elastomerschicht nicht viel dicker, sodass eine geringe Spannung fürs Ausdehnen und Zusammenziehen ausreicht. Entwickler Herbert Shea sieht Anwendungsmöglichkeiten für DEAnsects etwa bei der Inspektion von schwer zugänglichen technischen Systemen. Dazu können sie mit Sensoren, etwa winzigen Kameras, ausgestattet werden. Sie könnten sich auch nahezu unbemerkt in die Wohnstätten echter Insekten einschmuggeln, um deren Gewohnheiten für Forscher sichtbar zu machen. Auf mittlere Sicht sollen die künstlichen Insekten sogar miteinander kommunizieren.
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