Sony Xperia 1 V im Test

Das Kreativ-Phone von Sony startet eine neue Episode, bietet aber größtenteils mehr vom Gleichen. [...]

Das subtile Design bleibt der Xperia-Serie erhalten (Quelle: Sony)

Falls Sie den Test zum Xperia 1 IV schon gelesen haben, wird Ihnen einiges hier bekannt vorkommen. Deshalb fassen wir das eher kompakt zusammen:

Das Xperia 1 V kommt im deutlich schmaleren 21:9-Format daher, was seine cineastischen Ambitionen unterstreichen soll. Der schmalere Rahmen lässt sich gut greifen, macht die einhändige Bedienung am oberen Rand jedoch schwierig.

Der Fingerabdrucksensor befindet sich im Ein-/Aus-Schalter am rechten Rand. Er funktioniert schnell und mittelzuverlässig. Wer stark schwitzt, wird damit zu kämpfen haben.

Gleich daneben gibt es einen physischen Knopf für den Kamera-Auslöser, der sogar wie bei einer «richtigen» Kamera halb gedrückt werden kann, um zu fokussieren. Der kombinierte SIM/microSD-Schacht lässt sich ohne Werkzeug öffnen und sogar ein 3,5-mm-Klinkenanschluss ist vorhanden.

Auch seitlich bleibt sich das schlanke Xperia 1 V größtenteils treu
Quelle: Sony

Das 6,5-Zoll-Display liefert maximal 1644 × 3840 bei 120 Hz, wobei sowohl die maximale Auflösung als auch die maximale Bildrate nur in bestimmten Apps wirklich gebraucht werden kann. Meistens werden die Auflösung auf 1096 × 2560 und die Framerate auf 60 Hz gedrosselt.

Die 120 Hz kann man per Einstellung auch erzwingen, allerdings auf Kosten einer kürzeren Akkulaufzeit. Diese ist ebenfalls etwa gleich ordentlich geblieben. Ebenso der Lieferumfang, der weder Ladeadapter noch Kabel enthält.

Unauffällig kann durchaus auch ansprechend sein
Quelle: Sony

Die Software erhält ein Upgrade auf Android 13, ansonsten bleibt ziemlich alles gleich. Es gibt das übliche Sony-Interface ohne große Schnörkel und diverse Apps für Foto- und Videoprofis.

Darunter auch das herrlich prätentiöse «Cinema Pro», das die Funktionsweise einer Profi-Filmkamera simuliert, manueller Fokus inklusive. Drei der vier verbauten Kameras sind ebenfalls identisch, darunter auch das exzellente Tele-Objektiv mit echtem optischem Zoom. Ein Upgrade gibt es «nur» für die Hauptkamera.

Das ist neu

Apropos Upgrades. Sony bringt dann schon nicht einfach das gleiche Smartphone vom letzten Jahr neu raus. Einige Neuerungen sind dabei, und die haben es tatsächlich in sich. Das beginnt mit der neuen Hauptkamera, dem Herzstück des Xperia 1 V.

Kameras

Das Xperia 1 V ist richtiggehend um die Kamera herum aufgebaut. Neu verwendet Sony einen 52-Mpx-Sensor, der Bilder mithilfe von Pixel Binning auf 12 Mpx herunterrechnet. Das führt zu mehr Details und einer generell höheren Bildqualität.

Der Sensor des Xperia 1 V ist dabei etwas breiter gehalten als die üblichen 3:2 oder 4:3 der meisten Kameras, was unter anderem dem Kinomodus (21:9) zugutekommt. Daher kommt auch die eher ungewöhnliche Pixelzahl von 52 Mpx. Diese bezieht sich nämlich auf den gesamten Sensor.

Für die meisten Aufnahmen werden allerdings nur 48 Mpx für das Bild an sich verwendet. Der Rest ist für Dinge wie Bildstabilisierung da.

Die Bildqualität bei Tageslicht überzeugt
Quelle: PCtipp / lpd
Auch bei komplexen Lichtverhältnissen schlägt sich das Xperia ausgezeichnet
Quelle: PCtipp / lpd
Nahaufnahmen gelingen ansprechend und mit schönem Bokeh
Quelle: PCtipp / lpd
Die Brennweiten reichen von Ultraweit…
Quelle: PCtipp / lpd
…bis weit in den Tele-Bereich. Dann aber mit qualitativen Einbußen
Quelle: PCtipp / lpd
Bei Nachtaufnahmen ist es nicht immer leicht, die Kamera stabil genug zu halten
Quelle: PCtipp / lpd

Ein willkommenes Update hat auch die Kamera-App erhalten. Sie bekommt nämlich einen dedizierten Nachtmodus. Bisher konnte man einfach eine Aufnahme länger belichten.

Der neue Nachtmodus soll das aber mit smarten Berechnungen kombinieren, die für bessere Aufnahmen im Dunklen sorgen. In unserem Test funktioniert der Nachtmodus gut, kommt aber nicht ganz an die Qualität der besten Smartphone-Kameras heran. Während Sony bei Tageslicht problemlos mithalten kann, sind Samsung und Apple im Dunkeln noch im Vorteil.

Design

Ein kleineres Update gibt es auch beim Design. Zwar sind das Layout und die allgemeinen Designelemente identisch wie beim Vorgänger, die Haptik ist es aber überhaupt nicht.

Neu ist die Rückseite des Xperia 1 V nicht mehr matt, sondern mit winzigen Noppen versehen. Diese verhindern Fingerabdrücke und sollen das Handy griffiger machen. Letzteres können wir nur bedingt bestätigen, da die Oberfläche auch mit Textur noch sehr geschmeidig ist. Im Gegensatz zu glänzenden Glasrücken klebt das Xperia 1 V weniger, was angenehm, aber nicht unbedingt griffiger ist.

Die Seiten des Xperia sind neu gerippt und liegen gut in der Hand. Insgesamt ist das 1 V aber eher scharfkantig. Wer mit seinem Smartphone auffallen möchte, ist hier übrigens falsch. Das Xperia 1 V ist so unauffällig, dass Sony vielleicht mal über ein Film-Sponsoring für einen Agentenfilm nachdenken sollte.

Die Rückseite des Xperia 1 V ist neu texturiert
Quelle: Sony

Leistung

Und jährlich grüßt das Qualcomm-Tier. Wobei der Snapdragon ja gar kein Tier ist, sondern ein nach einer Blume [1] benanntes «System on a Chip». So oder so bekommt Sony die neuste Version des Spitzenmodells von Qualcomm, den Snapdragon 8 Gen 2.

Das heißt in der Praxis: genug Power für alle normalen Anwendungen, und genug für die meisten nicht so normalen Anwendungen dazu. Für Sony bedeutet der neue Chipsatz jedoch mehr als nur ein Update auf die neuste Performance-Stufe.

Der Snapdragon 8 Gen 2 löst auch das Hitzeproblem, das Sony beim Xperia 1 IV noch hatte. Mit dem neuen Hauptrechner schafft das Xperia 1 V auch längere Videos und andere anspruchsvolle Anwendungen, ohne zu überhitzen. Damit wäre eines der größten Probleme des Vorgängermodells gelöst.

[1] Löwenmäulchen

Kaufberatung

Japanische Elektronikgeräte sind gerne etwas anders. Passend zu einem Land, das sich eher wenig von der restlichen Welt beirren lässt, und gerne sein eigenes Ding durchzieht. Das Xperia 1 V ist ein gutes Beispiel dafür.

Ein Smartphone, das für westliche Augen ein wenig aus der Zeit gefallen scheint und eine sehr spezifische Kundschaft ins Visier nimmt. Das Xperia 1 V ist nicht das Smartphone für die breite Masse.

Es spricht viel mehr jene Nutzer an, die von seinem spezifischen Angebot profitieren: Foto- und Videografen, die keine Sekunde von ihrer Leidenschaft abkommen können, und dafür gerne auch ein wenig mehr Zeit und Geld aufwenden.

Die Kamera ist ein Haupt-Kaufgrund für das Xperia 1 V
Quelle: Sony

Als Alltags-Smartphone für «normale» Menschen ist das Xperia zu teuer und zu vollgepackt mit für sie unnötigen Features. Hätte Sony ein FHD- oder QHD-Display mit maximal 60 Hz verbaut, hätte das in der breiten Masse kaum jemand gemerkt. Die deutliche Preisersparnis und die längere Akkulaufzeit hingegen schon. Auch die Kamera-App ist für Foto-Profis ein Genuss, für Laien aber zu kompliziert.

Neben der Profi-Features kann sich Sony auf dem Massenmarkt nicht wirklich von der Konkurrenz abheben, das ist wohl auch nicht der Plan. Als potenzieller Käufer ist es aber schwierig, das Xperia 1 V einem anderen Spitzenmodell vorzuziehen, wenn die meisten davon günstiger und keinen Deut schwächer sind.

Der Nackenschlag kommt dann zum Schluss: Anders als Apple und Samsung bietet Sony auch bei Spitzenmodellen nur zwei Jahre Software-Updates. Für ein 1399-Euro-Gerät ist das nicht mehr zeitgemäß.

Fazit

Das Sony Xperia 1 V ist ein Smartphone, das sehr wenigen Leuten sehr viel Freude bringen wird. Die Zielgruppen «Foto-Fanatiker» und «Vollblut-Videografen» erhalten ein Smartphone, das so nahe an eine dedizierte Kamera herankommt, wie das nur möglich ist.

Der Rest der Welt bekommt anderswo mehr für gleich viel Geld, oder gleich viel für weniger Geld. Passt das so für Sony, sind alle glücklich. Die Japaner dürfen sich aber nicht wundern, wenn auch beim Xperia 1 V der große Mainstream-Erfolg ausbleibt.

*Luca Diggelmann ist Autor bei PCtipp.ch.


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