Start-up schickt anonyme E-Mails an den Chef

Liegt Mitarbeitern etwas schwer am Herzen, können sie diesem künftig durch einen eigenen E-Mail-Service für ihren Chef Ausdruck verleihen. [...]

Eine entsprechende Lösung liefert das kanadische Start-up Happiily mit Tellyourbossanything.com. „Kein Unternehmensberater ist so gut und günstig wie die eigenen Mitarbeiter. Derartige Tools des ungefilterten Feedbacks sind daher nur zu begrüßen“, urteilt Kommunikationsexperte Martin-Niels Däfler im Gespräch mit der Nachrichtenagentur pressetext.
Ziel des Dienstes ist die Förderung von konstruktiver Kritik, erklärt Happiily-Gründer Tom Williams gegenüber Bloomberg Businessweek. „Wir wollen Arbeitnehmern helfen, besonders emotionale Themen beim Namen zu nennen, die die Arbeitsleistung stören.“ Das neue Tool ermöglicht seinem Nutzer, dem Vorgesetzten Feedback zu „so gut wie allem“ zu liefern – anonym, um das Sicherheitsgefühl zu bewahren und mögliche Konsequenzen zu vereiteln, falls dem Empfänger der Inhalt nicht passen sollte.
Zum entgleisenden Dampfablassen ist Tellyourbosanything.com wenig geeignet: Per Filter werden Nachrichten blockiert, die vulgäre bis gewalttätige Ausdrücke enthalten. Der Chef kann dem anonymen Absender umgehend antworten und soll durch das Feedback profitieren. Dies ist allerdings auch dringende Voraussetzung des Geschäftsmodells: Während der Versand für Mitarbeiter gratis ist, musst der Chef ab dem Empfang der zweiten Nachricht 20 Dollar Monatsgebühr für das Öffnen weiterer Botschaften bezahlen.
Tatsächlich ist die Bottom-Up-Kommunikation in den meisten Betrieben verkümmert, erklärt Däfler. „Vielerorts gibt es nicht einmal die jährliche anonyme Mitarbeiterbefragung und man konzentriert sich nur, wie Anordnungen optimal weitergegeben werden. Durch verlorenen Kontakt mit der Basis verlieren Entscheidungen oft den Rückhalt oder sind unvernünftig, was Motivation und Arbeitsleistung kosten kann“, so der Experte.
Je fortschrittlicher die Chefs, desto eher erkennen sie das hohe Potenzial des Feedbacks. Instrumente dazu reichen von Gewinnspielen und Ombudsleuten sowie internen Beschwerden oder Leserbriefe in der Mitarbeiterzeitung bis hin zu Web-2.0.-Möglichkeiten der Intranet-Kommunikation über Hierarchiegrenzen hinweg. „Das effektivste Instrument dafür bleibt jedoch das Mitarbeitergespräch“, betont Däfler. (pte)

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