Was aus wirtschaftlicher Sicht wie ein Luxusproblem klingt, ist für die Bewohner mancher Hotspots in Österreich zu einer echten Einschränkung der Lebensqualität geworden: Overtourism. Ein Startup aus Salzburg hat sich eine kühn anmutende Lösung ausgedacht. [...]
Das Salzburger Startup VR Coach GmbH ist unter anderem auf 360-Grad-Präsentationen in Virtual Reality–Brillen spezialisiert. Ein typischer Kunde von VR Coach ist ein Unternehmen, das für sein Personalmarketing derartige Firmenpräsentationen anfertigen lässt, um beispielsweise auf einer Jobmesse die Interessenten vom Messestand gleich direkt ins Unternehmen zu „beamen“. Michael Altenhofer, Geschäftsführer von VR Coach: „Diese Technologie kann man vielfältig anwenden. Vom Overtourism selbst ein wenig betroffen, kombiniert mit dem Blick über den Tellerrand, entstand die Idee.“ Demnach werde ab 2020 in den stärksten asiatischen Herkunftsländern für den Österreich-Tourismus eine App angeboten, in der man verschiedene Hotspots Österreichs immersiv in einer Virtual-Reality–Brille erleben kann.
App statt Flugticket
Immersiv, das bedeutet laut Altenhofer das Gefühl, tatsächlich an diesen Orten zu sein. „Der Tourismus ist ein idealer Use-Case für VR. Man könnte es einerseits als Marketingtool verwenden oder dem Nutzer so viel bieten, dass er gar nicht mehr live vor Ort sein will. Das ist in diesem Fall unser Ziel“, so der VR-Coach-Geschäftsführer Konkret soll die App in China, Taiwan und Südkorea angeboten werden. Beworben wird sie über dieselben Kanäle, wo derzeit europäische Destinationen vermarktet werden. Also online, aber auch ganz klassisch in U-Bahnstationen mittels Trailer auf den Monitoren. Hier werde das Startup mit lokalen Werbeagenturen kooperieren, so Altenhofer.
Hotspots als Partner
Dabei stellt sich auch die Frage, was die Tourismusbüros und Bürgermeister von Hallstatt, Wien und Salzburg von dieser Idee halten. Dazu Altenhofer: „Hier werden wir demnächst mit den Verantwortlichen zwecks Drehgenehmigungen in Kontakt treten. Technisch ist es kein großer Aufwand. Wir filmen mit einer speziellen 360-Grad-Kamera die besten Plätze, Gebäude, Räumlichkeiten und Ausstellungsstücke. In der Postproduction fügen wir einen ähnlichen Text wie in einem Audioguide ein. Dann gibt es noch einige interaktive Buttons, durch die sich der Nutzer in seinem Tempo von Szene zu Szene bewegen kann.“ Mit London und Paris habe man bereits zwei Referenzprojekte umgesetzt. „Wir gehen davon aus, dass dieses Vorhaben ganz im Sinne der Verantwortlichen ist, die für eine Reduktion des Massentourismus plädieren. Mit entsprechendem Marketingbudget peilen wir in den ersten zwei Jahren eine Reduktion von fünf Prozent an. Später sollen es mehr werden, damit es an starken Tagen einen spürbaren Unterschied gibt“, so Altenhofer
Der Plan ist ambitioniert – und wird wohl von einem entsprechenden Budget abhängen. Altenhofer erklärt: „Der größte Brocken entfällt natürlich auf die Vermarktung in den asiatischen Ländern. Wir wollen dort wirklich sichtbar werden und die Reiselustigen von unserer App überzeugen. Dazu werden wir zu Beginn einen mittleren sechsstelligen Betrag investieren müssen. Hier bieten wir Investoren eine Kooperation an. Wir denken hierbei auch an Gemeinden und Städte, die von unserer Lösung profitieren würden. Im Falle eines Investments beteiligen wir die Partner am Erfolg der App. So wird es möglich, mit Touristen Geld zu verdienen, die gar nicht vor Ort sind.“
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