Die neue japanische Regierung will Unternehmern stärker unter die Arme greifen als bislang. Das digitale Zeitalter verlangt von der drittgrößten Volkswirtschaft dabei eine Reorganisation von Wirtschaft und Gesellschaft, um nachhaltiges Wachstum zu erzielen. Seit den 1990er Jahren ist Japan in einem Kreislauf von wirtschaftlicher Stagnation und Deflation gefangen. Der japanische Premier Shinzo Abe sieht das Fehlen von Startup-Unternehmen als große Schwäche der Wirtschaft und machte dies zu einem der Säulen seines neuen "Abenomics"-Programms. [...]
Nur eines von zwanzig Unternehmen in Japan ist ein Startup. Verglichen dazu, liegt die Quote in den USA und Großbritannien bei eins zu zehn. In den Vereinigten Staaten beträgt das investierte Venture-Capital etwa 0,17 Prozent des BIPs. In Japan sind es gerade einmal 0,03 Prozent. Abe will nun das Startup-Ratio verdoppeln und somit in dieser Kennzahl mit den USA gleichziehen.
Um Ziel zu erreichen, bedarfes jedoch einer Vielzahl von Veränderungen, meint Yoshiaki Ishii vom japanischen Wirtschaftsministerium. Man muss Anreize für sogenannte „Business Angels“ schaffen, die sich finanziell an Unternehmen beteiligen und gleichzeitig mit Know-how und Kontakten unterstützen. Dies bedeutet wiederum das Steuersystem zu modifizieren, um etablierte Firmen auch zu ermuntern, eine Partnerschaft mit aufstrebenden Unternehmungen einzugehen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Bei japanischen Unternehmen gilt oft das Motto: NIH („Not Invented here“). Das bedeutet: „Wenn sie es nicht erfunden haben, dann sind sie auch nicht interessiert“, so Ishii. „Wir wollen ihre Einstellung ändern.“
Es ist aber nicht die Einstellung von Unternehmen alleine, die geändert gehört, sondern die Gesellschaft als Ganzes muss sich auf die neuen Gegebenheiten einstellen, so Ishii. In einem Land, in dem nur 14 Prozent der Bevölkerung einen Unternehmer kennen und die Geschäftswelt zu einer der sicherheitsbedürftigsten der Welt zählt, ist es schwer unternehmerische Vorbilder zu finden. „Auch wenn jemand ein Unternehmen gründen will, versucht meist seine Frau oder Mutter oder die Mutter der Frau, ihm von seinen Vorhaben abzubringen“, so Ishii. „Sie sagen dann, es ist zu riskant seinen Job aufzugeben.“
Der Unternehmergeist der zukünftigen japanischen Elite ist derzeit jedoch noch lange nicht dort, wo sie der Ministerpräsident Abe haben will. „Für japanische Universitätsstudenten ist das Ziel Nummer Eins, in ein großes Unternehmen einzutreten. Bürokrat oder Lehrer zu werden, liegt auf Rang zwei. „Unternehmer zu werden, kommt in der Rangliste erst viel später“, meint Tadashi Takiguchi, Präsident des Waseda Entrepreneurial Research Unit. (pte)
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