Stress abbauen: Wie Experten ihre E-Mails organisieren

Wer kommt in das "An"-Feld, wer auf "CC" und wo liegt der Unterschied zwischen Sichten und Abarbeiten? Mit ein paar einfachen Regeln lässt sich die E-Mail-Flut bewältigen. Das verspricht jedenfalls Trainerin Sigrid Hess. [...]

Nutzen Sie unsere Tipps für den richtigen Umgang mit E-Mails (c) pixabay.com

Vier von fünf E-Mails sind hausinternes Hin und Her. Diese These vertritt Sigrid Hess, Trainerin für IT und Büro-Organisation. In ihrem Buch „Überleben in der Informationsflut“ gibt Hess Tipps für den Umgang mit Mails.

Bevor es ins Konkrete geht, spricht Hess einen Grundsatz aus: Nach dem Motto „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ sollten administrative Prozesse visualisiert werden. Am Besten auf einem DIN-A-4-Blatt mit allen wichtigen Elementen auf einem Blick. Ziel ist, durch gutes Informations-Management Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.

Im ersten Schritt sollte jeder Manager beziehungsweise eigentlich jeder Wissensarbeiter sogenannte Wissensziele identifizieren. Diese klären sich anhand von drei Fragen:

  1. Wo will ich Experte sein?
  2. Wo will ich die wichtigsten Fakten kennen?
  3. Wo reicht ein grober Überblick?

Daraus entstehen Positiv- und Negativlisten. Diese orientieren sich an folgenden Punkten:

  • Betrifft mich das Thema?
  • Liegt das Thema in meinem Einflussbereich?
  • Ändert mein Wissen über dieses Thema meinen Entscheidungshorizont?
  • Sind andere von meinem Informiertsein über dieses Thema in irgendeiner Weise abhängig?
  • Freut mich das Thema, baut es mich auf?

Weißen Spam aussortieren

Sind diese Fragen geklärt, geht es ans Praktische. „Weißen“ sollte man gleich über die „Regeln“-Funktion des Mail-Programms in einen eigenen Ordner verschieben, dann taucht er im Posteingang gar nicht mehr auf. Weißer Spam ist Hess‘ Bezeichnung für Nachrichten von Kollegen oder Mitarbeitern, die eigentlich keine Relevanz haben. Der Absender will sich damit lediglich „einen bestimmten Status sichern“, mutmaßt die Trainerin.

Allerdings präzisiert Hess diese Aussage. Ob niedliche Haustierfotos und Bilder vom Sprössling mit Schultüte wichtiger sozialer Schmierstoff sind oder einfach nur nervig, muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden. Zumindest ein bisschen privaten Austausch sollte jeder pflegen, rät sie.

Unternehmensinterne E-Mails senden

Wer unternehmensinterne Mails versendet, dem empfiehlt Hess Folgendes:

  • Die Adressfelder richtig nutzen. Jeder, der in der betreffenden Sache etwas unternehmen soll, steht im „An“-Feld. Wer auf „CC“ steht, kann diese Mail lesen, muss das aber nicht tun.
  • Feste Begriffe für die Betreffzeile einführen: Ziel ist, jeden Empfänger auf den ersten Blick über den Inhalt der Mail zu informieren. Dafür können in gemeinsamen Projekten oder für wiederkehrende Aufgaben bestimmte Begriffe festgelegt werden.
  • Indexbegriffe in die Betreffzeile schreiben: Sogenannte Index-Begriffe enthalten eine Handlungsaufforderung, etwa „Prüfen“ oder „Freigabe“. Hess rät, diese Begriffe in Klammern vor den eigentlichen Betreff zu setzen. Das sieht dann beispielsweise so aus: „(PRÜFEN) Entwürfe zur Plakataktion“.
  • Das @-Zeichen einsetzen: Wenn fünf Empfänger eine Mail erhalten, aber nur ein bestimmter Kollege etwas tun soll, eignet sich das @-Zeichen. Der Hinweis an diesen bestimmten Adressaten sollte gut abgesetzt ganz oben in der Nachricht stehen, damit ihn der Empfänger gleich sieht und nicht erst nach 30 Zeilen Text.
  • Für Kurznachrichten ausschließlich die Betreffzeile verwenden. Das kommt insbesondere denen entgegen, die ihre Mails auf dem Smartphone lesen. Damit die Empfänger wissen, dass keine weiteren Infos folgen, einfach „Gruß XY“ hinten anfügen. In den USA haben sich dafür bereits die Kürzel „eom“ („end of message“) oder „nfm“ („no further message“) etabliert.
  • Gesendete Mails verwalten: Rund ein Drittel der gesendeten Mails wird später noch einmal gebraucht, schätzt Hess. Damit man diese dann nicht erst im „Gesendet“-Ordner suchen muss, speichert man sie in einem geeigneten Ordner.
  • Den Empfängern 24 Stunden Zeit lassen: Sofern es sich nicht um eine sehr dringende Angelegenheit geht, braucht niemand an der heutigen „sehr ungesunden Beschleunigungsspirale“ zu drehen, appelliert Hess.
  • Nicht hinterhertelefonieren: „In jedem Seminar ist ein Kollege oder eine Kollegin von jemandem, der eine E-Mail verschickt und keine 30 Sekunden später anruft: ‚Hast du meine Mail bekommen? Was meinst du?'“ berichtet Hess. Und bietet an: „Wenn Sie diese Person kennen, schicken Sie sie zu mir!“

Was können Empfänger tun?

Hess hat auch drei Ratschläge für die Empfänger von Mails parat. Diese lauten:

  • Den Posteingang regelmäßig bearbeiten – aber nicht ständig: Sachbearbeiter mit direktem Kundenkontakt werden ihre Mails öfter ansehen müssen als andere Kollegen. Dennoch sollte man den Posteingang nicht ständig öffnen, sondern sich einen regelmäßigen Turnus angewöhnen. Wichtig: Zu diesem gehört auch eine regelmäßige Pause.
  • E-Mails sichten und E-Mails abarbeiten unterscheiden: Beim morgendlichen Sichten geht es um das Identifizieren dringender Baustellen. Diese (und nur diese) müssen sofort abgearbeitet werden. Das Postfach bleibt dabei zu. Erst danach werden die anderen Nachrichten abgearbeitet.
  • Sich im Entscheiden üben: Wem seine Menge an Mails ein schlechtes Gewissen verursacht, der sollte seine Entscheidungskompetenz trainieren. Hess erklärt: „Wenn Sie im ‚Bearbeiten-Modus‘ sind, dann lassen Sie sich selbst nicht vom Haken, ehe Sie zu jeder Mail eine Entscheidung getroffen haben, was mit ihr geschehen soll.“ Diese Entscheidung sollte dann auch gleich umgesetzt werden.

Manchmal geht es auch ganz ohne Mails

Übrigens lassen sich eine ganze Reihe Mails vermeiden, indem für gemeinsame Projekte ein Teamlaufwerk angelegt wird. Hess zitiert hier das Beispiel der üblichen Meeting-Protokolle. Diese müssen nicht per Mail versendet werden, sagt sie. Statt dessen kann sich ein Team darauf einigen, dass das Protokoll spätestens zwei Tage nach dem Meeting erstellt und in dem Laufwerk abgelegt wird. Hat jemand Änderungswünsche, meldet er sich innerhalb von vier Tagen. Danach gilt das Protokoll als verabschiedet. Hess erklärt: „Bei diesem Vorgehen wird keine einzige Mail verschickt!“

*Christiane Pütter ist Journalistin aus München. Sie schreibt über IT, Business und Wissenschaft. Zu ihren Auftraggebern zählen neben CIO und Computerwoche mehrere Corporate-Publishing-Magazine, vor allem im Bereich Banken/Versicherungen.


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