Stress mit der Technik: Jobwechsel wegen IT-Frust

Eine internationale Studie mit 4.000 Teilnehmern zeigt: Fast zwei Drittel der Befragten berichten von negativen Auswirkungen digitaler Tools – mit massiven Folgen für Unternehmen. [...]

Die Ursachen für den Technostress sind vielfältig. 20 Prozent der Befragten leiden unter dem Druck, außerhalb der Arbeitszeiten erreichbar sein zu müssen. 15 Prozent belastet es, ihre Produktivität ständig anhand von Kennzahlen nachweisen zu müssen. 18 Prozent fühlen sich durch die digitale Kommunikation ihrer Kollegen inkompetent, ausgeschlossen oder unbeliebt. (c) EMGenie

Technologie am Arbeitsplatz soll produktiver machen. Tatsächlich bewirkt sie oft das Gegenteil: 64 Prozent der sogenannten Knowledge Worker geben an, dass sich Technologie im vergangenen Jahr negativ auf ihr Leben ausgewirkt hat. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Adaptavist, für die 4.000 Wissensarbeiter in Grossbritannien, den USA, Kanada und Deutschland befragt wurden.

Die Zahlen sind drastisch: 23 Prozent der Befragten suchen aufgrund negativer Erfahrungen mit Technologie am Arbeitsplatz aktiv nach einem neuen Job. 9 Prozent lassen sich krankschreiben oder nehmen sich frei. 6 Prozent haben ihren Job bereits gekündigt. Hochgerechnet auf weltweit mehr als eine Milliarde Knowledge Workers könnte das bedeuten, dass jährlich bis zu 50 Millionen Arbeitnehmer wegen Technostress ihren Arbeitsplatz verlassen – weitere 120 Millionen suchen nach Alternativen.

Die Studie mit dem Titel „Die Folgen der digitalen Transformation für den Menschen verstehen“ offenbart ein paradoxes Bild: Während 62 Prozent der Meinung sind, dass Technologie ihre Karriere gefördert hat, leidet fast ein Viertel (23 Prozent) regelmäßig unter digitaler Überlastung. Fast die Hälfte (43 Prozent) empfindet Stress durch Nachrichtenüberflutung und das ständige Jonglieren zwischen verschiedenen Plattformen.

Wenn ständige Erreichbarkeit zur Belastung wird

Die Ursachen für den Technostress sind vielfältig. 20 Prozent der Befragten leiden unter dem Druck, außerhalb der Arbeitszeiten erreichbar sein zu müssen. 15 Prozent belastet es, ihre Produktivität ständig anhand von Kennzahlen nachweisen zu müssen. 18 Prozent fühlen sich durch die digitale Kommunikation ihrer Kollegen inkompetent, ausgeschlossen oder unbeliebt.

Besonders problematisch: Ein Viertel macht sich Sorgen, dass der eigene Umgangston oder der von Kollegen bei digitaler Kommunikation falsch verstanden werden könnte. 18 Prozent geben an, dass sie der Umgang mit neuen Tools stresst oder ängstigt. Die Technologie, die eigentlich Zusammenarbeit erleichtern soll, wird so zum Belastungsfaktor.

Für Arbeitnehmer, die bereits überlegen zu kündigen, verschärft sich die Situation dramatisch. Diese Gruppe berichtet mehr als doppelt so häufig wie der Durchschnitt von technologiebedingtem Stress (31 Prozent gegenüber 10 Prozent in Deutschland), Angstzuständen (24 gegenüber 8 Prozent), Schlafstörungen (17 gegenüber 7 Prozent) und körperlichen Stressreaktionen wie Herzklopfen oder Schweißausbrüchen (14 gegenüber 6 Prozent).

Unternehmenskultur als Schlüssel

Die Studie liefert aber auch positive Erkenntnisse: Wie Technologie eingesetzt wird, ist mindestens genauso wichtig wie die Technologie selbst. Trotz weit verbreitetem Technostress geben zwei Drittel (65 Prozent) an, Einfluss auf Technologieentscheidungen zu haben, die ihre Arbeit betreffen. Die Mehrheit (72 Prozent) fühlt sich sicher im Umgang mit den erforderlichen Plattformen. Das zeigt: Technostress ist keine Frage mangelnder Kompetenz, sondern der schieren Menge digitaler Aktivitäten.

Entscheidend ist die Unternehmenskultur. Zufriedene Mitarbeiter, die sich durch ihr Arbeitsumfeld „angeregt und motiviert“ fühlen, haben eine überwiegend positive Meinung zur Rolle von Technologie. Fast alle (89 Prozent gegenüber 73 Prozent im Durchschnitt) geben an, dass Technologie gut in die Zusammenarbeit integriert wird. 37 Prozent (gegenüber 17 Prozent) sagen, dass Technologie ihre berufliche Entwicklung „erheblich“ gefördert hat.

Auf die Frage, welche Massnahmen Unternehmen ergreifen sollten, nannten 43 Prozent „eine Kultur, in der es Menschen leicht fällt, um Hilfe zu bitten“ als eine der drei wichtigsten Prioritäten. Nur 20 Prozent forderten „weniger Tools“ – stattdessen wünschen sich 41 Prozent mehr Schulungen, 36 Prozent technische Unterstützung und 39 Prozent Schulungsressourcen.

Wichtig ist auch Entscheidungsfreiheit: 43 Prozent der zufriedenen Mitarbeiter (gegenüber 21 Prozent im Durchschnitt) geben an, trotz Monitoring-Tools die vollständige Kontrolle über ihre Aufgabengestaltung zu behalten. Dieses Gefühl von Autonomie ist eng mit Zufriedenheit verbunden.

* Roland Bernhard schreibt für PCtipp.ch.


Mehr Artikel

News

Produktionsplanung 2026: Worauf es ankommt

Resilienz gilt als das neue Patentrezept, um aktuelle und kommende Krisen nicht nur zu meistern, sondern sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Doch Investitionen in die Krisenprävention können zu Lasten der Effizienz gehen. Ein Dilemma, das sich in den Griff bekommen lässt. […]

Maximilian Schirmer (rechts) übergibt zu Jahresende die Geschäftsführung von tarife.at an Michael Kreil. (c) tarife.at
News

tarife.at ab 2026 mit neuer Geschäftsführung

Beim österreichischen Vergleichsportal tarife.at kommt es mit Jahresbeginn zu einem planmäßigen Führungswechsel. Michael Kreil übernimmt mit 1. Jänner 2026 die Geschäftsführung. Maximilian Schirmer, der das Unternehmen gegründet hat, scheidet per 14. April 2026 aus der Gesellschaft aus. […]

News

Warum Unternehmen ihren Technologie-Stack und ihre Datenarchitektur überdenken sollten

Seit Jahren sehen sich Unternehmen mit einem grundlegenden Datenproblem konfrontiert: Systeme, die alltägliche Anwendungen ausführen (OLTP), und Analysesysteme, die Erkenntnisse liefern (OLAP). Diese Trennung entstand aufgrund traditioneller Beschränkungen der Infrastruktur, prägte aber auch die Arbeitsweise von Unternehmen.  Sie führte zu doppelt gepflegten Daten, isolierten Teams und langsameren Entscheidungsprozessen. […]

News

Windows 11 im Außendienst: Plattform für stabile Prozesse

Das Betriebssystem Windows 11 bildet im technischen Außendienst die zentrale Arbeitsumgebung für Service, Wartung und Inspektionen. Es verbindet robuste Geräte, klare Abläufe und schnelle Entscheidungswege mit einer einheitlichen Basis für Anwendungen. Sicherheitsfunktionen, Updates und Unternehmensrichtlinien greifen konsistent und schaffen eine vertrauenswürdige Plattform, auf der sowohl Management als auch Nutzer im Feld arbeiten können. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*