Studie: Deutsche Arbeitnehmer unterschätzen Digitalisierung

Die Deutschen unterschätzen die Auswirkung der Digitalisierung auf ihren Job. Und das obwohl sie sich sehr wohl Gedanken darüber machen, welche Qualifikationen in Zukunft gefragt sein werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie des Marktforschungsunternehmens Respondi im Auftrag des Jobportals Indeed. [...]

Interessant ist besonders, dass nur rund ein Viertel der Befragten das aktuelle Trendthema „Industrie 4.0“ überhaupt einordnen kann. Die Diskussionen von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften über die Zukunft von Arbeit und Arbeitsprozessen scheinen den Großteil der Arbeitnehmer schlichtweg nicht zu interessieren. Und das, obwohl sie sich sehr wohl Gedanken um ihre Zukunft machen.

So glauben nur rund zehn Prozent der Befragten, dass ihr Arbeitsplatz durch die Digitalisierung gefährdet ist; ein Drittel rechnet mit einer starken Veränderung ihrer zukünftigen Aufgaben. Der mit rund 60 Prozent weitaus größte Teil der Befragten geht von einer zumindest leichten Änderung ihrer Arbeit durch die Digitalisierung aus.

Ahnungslose Finanzbranche
Der optimistische Blick auf die Zukunft ist unabhängig von der Branche, in der die Befragten arbeiten. Dennoch fällt auf, dass ein Großteil der höherqualifizierten Beschäftigten in der Finanzbranche technologische Entwicklungen in ihrem Bereich falsch einschätzt. Rund 80 Prozent der Befragten, die bei Finanz- oder Versicherungsdienstleistern arbeiten, glaubt an die Sicherheit des eigenen Jobs.

Diese Einschätzung steht in Widerspruch zu einer Studie der Universität Oxford, die das Automatisierungsrisiko von einzelnen Berufsbildern untersuchte. Demnach sind vor allem Berufe mit standardisierten, repetitiven Aufgaben, geringer Komplexität der Tätigkeit ohne die Erfordernis sozialer und oder kreativer Kompetenzen von der Digitalisierung bedroht. Diese Beschreibung trifft jedoch genau das Jobprofil vieler Angestellter in der Branche. Auch haben Algorithmen im Finanz- und Versicherungsbereich schon längst auch äußerst komplexe Aufgaben oder Bewertungen übernommen. Die Ergebnisse sind oft zuverlässiger als die von Menschen und werden auch schneller erreicht. Direktbanken setzen den klassischen Finanzinstituten schon heute mit ihren automatisierten Prozessen im Kundenkontakt zu. Die klassischen Anbieter werden nach Antworten suchen. So hat gerade erst die niederländische Bank ING eine Investition von einer Milliarde Euro in die eigene IT angekündigt, fast 6.000 Stellen sollen gestrichen werden.

Qualifikationen für das digitale Zeitalter
Trotz der häufig recht blauäugigen Sicht auf den digitalisierten Arbeitsmarkt der Zukunft, haben die meisten Arbeitnehmer doch ein recht klares und vor allem digital ausgerichtetes Bild der in Zukunft gefragten Eigenschaften. Dazu gehören viele Qualifikationen, die schon heute von Entwicklern, aber auch anderen Arbeitnehmern, gefordert werden. Die Top fünf der zukünftig wichtigen Qualifikationen führen in den Augen der Arbeitnehmer Programmierkenntnisse an, an zweiter Stelle folgt die Fähigkeit zu treffenden Analysen. Ebenfalls unter den ersten fünf wird die Fähigkeit genannt, Gelerntes auf andere Bereiche zu übertragen.

Digitales Know-how als Wettbewerbsfaktor

Für den Auftraggeber der Studie ergibt sich aus diesem Bild eine klare Handlungsempfehlung für Entscheider. „Unternehmen sollten gezielt das digitale und interdisziplinäre Know-how ihrer Mitarbeiter und damit auch deren Kompetenz, was die laufende Umgestaltung des Arbeitsmarktes betrifft, schulen“, so Frank Hensgens, Geschäftsführer von Indeed Deutschland. „Nur, wer weiß, was die Digitalisierung mit dem eigenen Beruf macht, kann auch beurteilen, wie sich der Markt des eigenen Unternehmens ändert – und das ist bereits heute ein entscheidender Wettbewerbsvorteil für Unternehmen.“
*Hans Königes ist Ressortleiter bei Computerwoche.


Mehr Artikel

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

News

KI ist das neue Lernfach für uns alle

Die Mystifizierung künstlicher Intelligenz treibt mitunter seltsame Blüten. Dabei ist sie weder der Motor einer schönen neuen Welt, noch eine apokalyptische Gefahr. Sie ist schlicht und einfach eine neue, wenn auch höchst anspruchsvolle Technologie, mit der wir alle lernen müssen, sinnvoll umzugehen. Und dafür sind wir selbst verantwortlich. […]

Case-Study

Erfolgreiche Migration auf SAP S/4HANA

Energieschub für die IT-Infrastruktur von Burgenland Energie: Der Energieversorger hat zusammen mit Tietoevry Austria die erste Phase des Umstieges auf SAP S/4HANA abgeschlossen. Das burgenländische Green-Tech-Unternehmen profitiert nun von optimierten Finanz-, Logistik- und HR-Prozessen und schafft damit die Basis für die zukünftige Entflechtung von Energiebereitstellung und Netzbetrieb. […]

FH-Hon.Prof. Ing. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael Georg Grasser, MBA MPA CMC, Leiter FA IT-Infrastruktur der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes). (c) © FH CAMPUS 02
Interview

Krankenanstalten im Jahr 2030

Um sich schon heute auf die Herausforderungen in fünf Jahren vorbereiten zu können, hat die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) die Strategie 2030 formuliert. transform! sprach mit Michael Georg Grasser, Leiter der Fachabteilung IT-Infrastruktur. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*