Studie: Industrie 4.0? Was ist das?

In einer Umfrage unter 900 Entscheidungsträgern in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat mehr als die Hälfte der Befragten noch nie von Industrie 4.0 gehört. [...]

Industrie und produzierende Unternehmen sind einem massiven globalen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Deutschland und Österreich setzen große Hoffnungen in die vierte industrielle Revolution, die von der Vernetzung und Individualisierung der Industrieproduktion („Smart Factory“, „Internet of Things“) getragen wird. Sie soll den Industriestandort sichern, neue Wertschöpfung und Geschäftsmodelle ermöglichen sowie Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz verbessern.

Doch wissen die betroffenen Unternehmen überhaupt, was da auf sie zukommt? Wie sieht es aus mit der „Industrie 4.0-Fitness“ in deutschen, österreichischen und Schweizer Industrieunternehmen? Wo gibt es Handlungsbedarf? IT-Anbieter CSC hat länderübergreifend unter 900 Entscheidungsträgern in Deutschland, Österreich und der Schweiz den Status quo erhoben.

WAS IST INDUSTRIE 4.0?
Die Hälfte der im Rahmen der CSC-Studie in Österreich, Deutschland und der Schweiz Befragten kann mit dem Begriff „Industrie 4.0“ noch gar nichts anfangen. Etwa ein Viertel kennt zwar den Begriff, weiß aber nicht genau, was darunter zu verstehen ist. Nur ein Viertel kennt auch die mit „Industrie 4.0“ verbundenen Veränderungen genau. In den Detailergebnissen zeigen sich deutlich die Unterschiede zwischen Deutschland und den Nachbarn Schweiz und Österreich: Während in Deutschland, wo die Entwicklung in Richtung einer vernetzten Fabrik bereits seit zwei Jahren vorangetrieben wird, nur 40 Prozent noch nichts von Industrie 4.0 gehört haben, sind es in Österreich mehr als die Hälfte und in der Schweiz sogar 60 Prozent der Befragten. In der Schweiz wissen gar nur neun Prozent genau über diese Entwicklung Bescheid.

Trotz dieser Unsicherheiten hält ein Großteil der von CSC Befragten die Entwicklung in Richtung einer vernetzten Fabrik für wichtig: In Deutschland bewerten 63 Prozent sie als zumindest „eher wichtig“, in Österreich immerhin 50 Prozent und weitere 37 Prozent halten die Entwicklung für bestimmte Branchen relevant (D: 26 Prozent). Je größer das Unternehmen, desto mehr Bedeutung wird dem Thema beigemessen (250 MA+: 70 Prozent vs. 10 bis 49 MA: 41 Prozent).

Obwohl die Entwicklung in Richtung vernetzter Fabrik (Industrie 4.0) als wichtig gesehen wird, bezweifeln die Teilnehmer der CSC-Studie, dass die Unternehmen gut darauf vorbereitet sind. In Österreich fühlen sich mehr Befragte schlecht vorbereitet (42 Prozent) als gut (37 Prozent), in Deutschland ist es umgekehrt (51 Prozent gut vorbereitet, 37 Prozent schlecht). 21 Prozent der österreichischen Entscheidungsträger können dies gar nicht beurteilen (in D sind es nur 12 Prozent).

BLICK AUFS GANZE
Konkret nach einzelnen Anwendungen befragt, die im Rahmen von Industrie 4.0 bzw. der vernetzten Fabrik eine wichtige Rolle spielen, zeigt die Industrie 4.0-Studie von CSC aber, dass Österreichs Unternehmen zum Teil gut aufgestellt sind. So sehen sich 66 Prozent der österreichischen Befragten beim abteilungsübergreifenden Datenzugriff für das Management zumindest „eher weit“ fortgeschritten, bei Service und Wartung von Anlagen sind es immerhin 47 Prozent. Weitere 48 Prozent geben an, bei der vernetzten Kommunikation mit Kunden und Lieferanten „eher weit“ zu sein, 37 Prozent bei der Vernetzung eigener Produktionsanlagen (Machine2Machine). Derzeit noch ein Minderheitenprogramm ist dagegen 3D-Printing und Prototyping – nur 19 Prozent sind hier fortgeschritten.

Zu den Verbesserungen, die sich die im Rahmen der CSC-Studie Befragten durch Industrie 4.0 erhoffen, zählen vor allem mehr Effizienz (50 Prozent), Kostenreduktion (43 Prozent) sowie erhöhte Produktivität (40 Prozent), Kundenzufriedenheit (40 Prozent) und Wettbewerbsfähigkeit (39 Prozent).

ZU WENIGE FACHKRÄFTE
Doch wodurch zeichnet sich eine Fachkraft im Bereich Industrie 4.0 konkret aus? 86 Prozent erwarten vor allem „vernetztes Denken“, gefolgt von „Kenntnis der Produktionsabläufe“ (für 85 Prozent zumindest eher wichtig) sowie Flexibilität (ebenfalls 85 Prozent). „Soziale Kompetenzen“ werden dagegen als vergleichsweise weniger wichtig erachtet (70 Prozent). Obwohl die Mehrheit der Teilnehmer findet, dass es im eigenen Land zu wenige qualifizierte Fachkräfte für die Tätigkeit im Industrie 4.0-Bereich gibt (45 Prozent in Österreich sind dieser Meinung, 31 Prozent können dies nicht beurteilen), planen die wenigsten Unternehmen Trainings- oder Ausbildungsprogramme in diesem Bereich. Nur in 13 Prozent der in Österreich befragten Unternehmen ist ein derartiges Programm geplant, in 46 Prozent nicht; weitere 41 Prozent können dazu gar keine Angaben machen.

ZU WENIG INFORMATION
Laut CSC-Studie findet die überragende Mehrheit, dass es zu wenig Informationsangebot zu den Chancen und Risiken von Industrie 4.0 gibt: 84 Prozent der in Österreich Befragten sind dieser Meinung, auch in Deutschland sind es ebenfalls immer noch 71 Prozent.

„Die Studie zeigt ganz klar: Österreich hinkt Deutschland bei Industrie 4.0 massiv nach. Hier gilt es, den Rückstand so rasch wie möglich aufzuholen“, so Walter Oberreiter, Industrie 4.0-Experte von CSC Austria. „Denn bei Industrie 4.0 geht es um weit mehr als um inkrementelle Verbesserungen in der Wertschöpfungskette, vielmehr muss das Potenzial zur radikalen Geschäftsmodell-Innovation gesehen werden. Hier sind Qualitäten wie ‚Kreatives Querdenkertum‘ und ‚Thinking Out of the Box‘ gefragt, um das Innovationspotenzial von Industrie 4.0 voll auszuschöpfen.“ CSC reagiert auf diesen Umstand mit einem eigenen Kompetenzzentrum zu Industrie 4.0 im deutschsprachigen Raum. Zusätzlich stellt CSC allen interessierten Unternehmen einen Industrie 4.0-Strategieberater zur Seite, der ins Unternehmen kommt und den Entwicklungsstand und Potenziale im Bereich „Industrie 4.0“ evaluiert.

FÖRDERMASSNAHMEN DER FFG
Zudem bietet die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) in Kooperation mit den Ministerien BMVIT und BMWFW verschiedene Fördermaßnahmen zum Industrie 4.0-Schwerpunkt an. Produktionsunternehmen finden sowohl im themenoffenen als auch in missionsorientierten themenspezifischen Förderprogrammen Einreichmöglichkeiten zu Industrie 4.0-relevanten Themen. Diese reichen von anspruchsvoller kooperativer Forschung bis hin zur Lösung forschungsrelevanter Fragestellungen von Einzelunternehmen.

Margit Haas, bei der FFG verantwortlich für den Bereich Produktion und Nanotechnologie: „Österreichs Produktionsbetriebe erbringen einen bedeutenden Anteil der heimischen Wirtschaftsleistung und sichern hochwertige Arbeitsplätze. Um mit erstklassigen Produkten im internationalen Wettbewerb weiterhin bestehen zu können, ist intensive Forschung seitens der Unternehmen notwendig. Die FFG orientiert sich am Forschungsbedarf der Industrie, deren erklärtes Ziel es ist unter Einsatz verschiedener Technologien eine wandlungsfähige und flexible Fertigung voranzutreiben.“ Disziplinübergreifende Entwicklungen und die Integration unterschiedlicher Fertigungsverfahren in den Produktionsprozess stehen immer mehr im Vordergrund der Forschung. Mit diesem Trend zielt man in der FFG klar auf aktuelle Fragestellungen der sachgüterproduzierenden Industrie zur Etablierung von Industrie 4.0 ab.

Darüber hinaus steht der gezielte Aufbau von Humanressourcen durch Stiftungsprofessuren und die Heranführung von Unternehmen an die neuen Möglichkeiten von Industrie 4.0 im Rahmen von Pilotanlagen im Fokus der Förderung. (pi)


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Die Teilnehmer des Roundtables (v.l.n.r.): Roswitha Bachbauer (CANCOM Austria), Thomas Boll (Boll Engineering AG), Manfred Weiss (ITWelt.at) und Udo Schneider (Trend Micro). (c) timeline/Rudi Handl
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