Studie: Nur wenige Versicherer nutzen Daten für eigenen Wettbewerbsvorteil

Versicherungsunternehmen stützen sich im zunehmend volatilen Markt verstärkt auf Daten, um Risiken angemessen zu erfassen, zu bewerten und zu managen: So nutzen 40 Prozent der Versicherer Daten, um neue Märkte zu erschließen. Dies geht aus der neuen Studie "The data-powered insurer: Unlocking the data premium at speed and scale" des Capgemini Research Institute hervor. [...]

Sebastian Kollmann, Head of Insights & Data bei Capgemini in Österreich. (c) Capgemini
Sebastian Kollmann, Head of Insights & Data bei Capgemini in Österreich. (c) Capgemini

Die Bedeutung von Daten wächst – gerade auch mit Risiken wie der Klimakrise, globalen wirtschaftlichen Turbulenzen und technologischen Fortschritten etwa bei autonomen Fahrzeugen. Versicherer mit Echtzeit-Datenquellen wie Telematik, Wearables und Social-Media-Daten werden in der Lage sein, die steigenden Kundenerwartungen an Komfort, individuelle Beratung und dynamische Preisgestaltung zu erfüllen. Sie sind in ihrem Wettbewerbsumfeld sehr gut aufgestellt und können mit InsurTechs konkurrieren, die fähig sind individuelle Einblicke zu erlangen. Diese Versicherungsunternehmen bezeichnen wir als Insurance Data Masters. Mehr als 90 Prozent von ihnen verzeichnen gestiegene Prämieneinnahmen, eine verbesserte Schaden-Kosten-Quote und stärkere Net-Promoter-Scores. Unter den übrigen Versicherungsunternehmen trifft dies nur auf die Hälfte zu. Data Masters unterscheiden sich in drei wesentlichen Punkten von den anderen: 92 Prozent verfügen über ein zentrales Governance-Modell, 62 Prozent arbeiten mit InsurTechs zusammen und 97 Prozent haben offene Programmierschnittstellen (APIs) geschaffen, um Dritten Zugang zu ihren Daten zu ermöglichen.

„Klassische Versicherer müssen zunehmend mit Konkurrenz von InsurTechs, BigTechs und Herstellern rechnen“, sagt Sebastian Kollmann, Head of Insights & Data bei Capgemini in Österreich. „Um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen sie einen datenbasierten Ansatz, der ihnen hilft, Marktanteile zu halten, Schlüsselkennzahlen zu verbessern und präzise Risikoanalysen zu erstellen. Vorreiter dabei sind die großen Versicherer, während viele kleinere Häuser in ihrer IT-Landschaft erst noch die nötigen Voraussetzungen dafür schaffen müssten.“

Versicherer nutzen Daten, um profitabel zu wachsen

Gemäß der Studie setzen Versicherungsunternehmen Daten ein, um

  • neue Produkte und Lösungen zu entwerfen
  • Services mit Mehrwert zu entwickeln, die Interaktion mit Kunden zu intensivieren und sie stärker zu binden
  • umfassende Einblicke in Risiken und deren versicherungstechnische Bewertung zu ermöglichen.

Mithilfe von Daten erschließen über 40 Prozent der Versicherer neue Märkte für sich, verlagern ihren Schwerpunkt von Absicherung auf Prävention und überdenken ihre versicherungsmathematischen Annahmen. Darüber hinaus nutzen 43 Prozent von ihnen Echtzeitdaten, um versicherungsstatistische Modelle zu aktualisieren, während etwa ein Drittel Daten zur Modellierung neuer Risiken nutzt.

Größere Versicherer sind führend bei datengetriebenen Prozessen

Viele Versicherer entscheiden sich zielgerichtet für weitere Investitionen in Daten – etwa in moderne Risikoalgorithmen, die Daten in Entscheidungssituationen schnell visualisieren und dabei eine Vielzahl von Datenquellen einbeziehen. Rund 43 Prozent der Versicherer haben ihre Risikoalgorithmen in den letzten zwei Jahren aktualisiert und weiterentwickelt. Infolgedessen können rund 39 Prozent der Versicherer ihre Risikoselektion und Tarifierung als fakten- und datenbasiert bezeichnen.

Nur 18 Prozent der Versicherer verfügen sowohl über die technologische Kompetenz als auch über die Unternehmenskultur und die Verhaltensmuster, um datengetriebene Programme erfolgreich einzusetzen und Wettbewerbsvorteile aus den wachsenden Datenvolumina zu ziehen. Diese ‚Data Masters‘ sind deutlich größer als ihre Wettbewerber. Die meisten von ihnen erwirtschaften einen Umsatz von über 20 Milliarden US-Dollar.

Darüber hinaus haben 61 Prozent dieser großen Versicherer Daten-Initiativen in mehreren Sparten umgesetzt oder sogar bereits signifikante Transformationserfolge mit Blick auf Wettbewerbsvorteile, Marktanteil und andere Kennzahlen erzielt. Unter den kleineren Versicherern trifft dies auf nur 16 Prozent zu. Ein wesentlicher Grund für diese Kluft könnte darin liegen, dass kleinere Unternehmen unzureichend in die technologische Modernisierung investieren sowie häufiger als große Versicherer mit Herausforderungen durch Altsysteme und monolithische Architekturen zu kämpfen haben.

Von ihren Wettbewerbern in der Versicherungsbranche heben sich die Data Masters in einigen Schlüsselbereichen ab: Fast alle (97 Prozent) haben Anwendungsprogrammierschnittstellen (APIs) geschaffen, um externen Organisationen Zugang zu firmeneigenen Daten zu ermöglichen – gegenüber nur 36 Prozent ihrer Mitbewerber. Fast 90 Prozent der Data Masters können zudem externe Quellen leicht mit ihren Plattformen verknüpfen, um einen Austausch zum beiderseitigen Vorteil zu etablieren. Dadurch können 39 Prozent dieser Unternehmen Schäden schneller und genauer regulieren.

Versicherer sollten ihre Daten- an der Geschäftsstrategie ausrichten

Laut der Studie stellen nur 41 Prozent der Versicherungsunternehmen sicher, dass ihre Datenverantwortlichen die organisatorische Daten- und Analytics-Strategie auf die allgemeine Geschäftsstrategie abstimmen. Um datengetrieben handeln zu können, müssen Versicherungsunternehmen vier Schlüsselbereiche einbeziehen und dort investieren:

  • Aufbau einer Infrastruktur, mit der sich aus Daten gewonnene Erkenntnisse schnell anwenden lassen: Eine moderne Technologieplattform ist erforderlich, um unterschiedliche Systeme zu integrieren, einen umfassenden Blick auf die Risiken zu erlangen und die erforderlichen Daten zeitnah bereitzustellen.
  • Etablieren eines geeigneten Betriebsmodells, um datengetriebene Versicherungsanwendungen zu skalieren: Data-Governance und -Expertise sollten zentral bereitgestellt werden, um die Fachbereiche bei der dezentralen Umsetzung von Anwendungsfällen bestmöglich zu unterstützen.
  • Fördern einer datenorientierten Kultur im gesamten Unternehmen: Etablieren agiler Arbeitsweisen und Befähigen der Mitarbeiter aller Ebenen mit Tools und Know-how zur Anwendung von Daten. In einer agilen Kultur können Business-Teams gemeinsam mit Datenexperten neue Ideen entwickeln und testen.
  • Orchestrieren eines Open-Data-Ökosystems: durch Mitwirken an Daten-Ökosystemen, die Zusammenarbeit mit InsurTechs und Etablieren eines datenbasierten Ansatzes, beispielsweise im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit.

Mehr Artikel

News

Bad Bots werden immer menschenähnlicher

Bei Bad Bots handelt es sich um automatisierte Softwareprogramme, die für die Durchführung von Online-Aktivitäten im großen Maßstab entwickelt werden. Bad Bots sind für entsprechend schädliche Online-Aktivitäten konzipiert und können gegen viele verschiedene Ziele eingesetzt werden, darunter Websites, Server, APIs und andere Endpunkte. […]

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*