Studie: Unternehmen verschenken Potenzial bei Software-Entwicklung

Moderne Software-Entwicklung lebt von DevOps-Initiativen und agilen Arbeitsweisen. Doch die aktuelle Studie LeanIX State of Developer Experience Survey 2022 zeigt, dass dieses Potenzial in internationalen Unternehmen längst nicht ausgeschöpft wird. [...]

Der manuelle Aufwand aufgrund mangelnder Automatisierung – das steht bei allen Befragten ganz oben auf der Liste der Hindernisse. (c) Unsplash
Der manuelle Aufwand aufgrund mangelnder Automatisierung – das steht bei allen Befragten ganz oben auf der Liste der Hindernisse. (c) Unsplash

Weniger als die Hälfte der befragten Entwickler-Teams nutzt die relevanten Arbeitsmethoden bereits umfassend und weist einen entsprechend hohen DevOps-Reifegrad auf, so die Studie. Stattdessen wenden die meisten die für DevOps charakteristischen Methoden nur vereinzelt an und beklagen häufiger, dass Hindernisse in der täglichen Arbeit zur Herausforderung werden. Bedenkt man die Bedeutung der Software-Entwicklung für das Erreichen geschäftlicher Ziele, ist es alarmierend, dass die Mehrheit der Entwickler-Teams wenig Einblick in den unmittelbaren Kundennutzen ihrer Arbeit hat. Nur wenige Kennwerte sind verfügbar und auch die Effizienz der Software-Entwicklung wird nur unzureichend gemessen. Ein Viertel der Befragten ermittelt nicht eine der vier anerkannten DORA-Metriken. Fehlen solche Kennzahlen zu Kundennutzen und Effizienz, erschwert das die Kommunikation: So geben nur 42 Prozent der Befragten an, dass IT und Business in ihrem Unternehmen eine gemeinsame Sprache sprechen. Die 2022 erstmals durchgeführte LeanIX State of Developer Experience Survey verdeutlicht: Ein bisschen DevOps ist nicht genug – und ein stärkerer Fokus darauf kann die Software-Entwicklung entscheidend verbessern.

Für die vorliegende Studie wurden im Frühjahr 2022 insgesamt 172 Fachkräfte aus Software-Entwicklungsteams internationaler Unternehmen online befragt. Rund die Hälfte dieser Befragten kommt aus Europa, ein weiteres Viertel aus den USA.

Die Studienteilnehmer wurden nach dem Einsatz von fünf charakteristischen Arbeitsmethoden für DevOps gefragt – mit ernüchterndem Ergebnis.

Zwar geben jeweils knapp 60 Prozent der Befragten an, auf sich ändernde Kundenbedürfnisse flexibel reagieren zu können und über CI/CD-Pipelines zu verfügen. Doch die Flexibilität mit Blick auf den Kunden und die Möglichkeit, über CI/CD-Pipelines Änderungen am Code automatisiert ausführen und testen zu lassen, ist zentral für DevOps-Initiativen. Es ist daher bemerkenswert, dass bei mehr als 40 Prozent der Teams diese Grundvoraussetzung nur teilweise oder gar nicht erfüllt ist. Noch schlechter stellt sich das Bild dar, wenn es um das für DevOps typische Prinzip „build-ship-own your code“ geht, die auf Team-Topologien basierende Team-Organisation oder die freie Wahl des Tech Stacks. Zusammenfassend lässt sich sagen: DevOps-Initiativen sind in internationalen Unternehmen ausbaufähig.

DevOps-Reifegrad beeinflusst Wahrnehmung von Hindernissen bei der Arbeit

Blickt man auf die fünf abgefragten Arbeitsmethoden, so zeigt sich, dass mit 53 Prozent die Mehrheit der Entwickler-Teams nur bis zu drei dieser Methoden einsetzen. Dieser niedrige DevOps-Reifegrad hat Einfluss auf die Beurteilung von Hindernissen in der täglichen Arbeit.

Der manuelle Aufwand aufgrund mangelnder Automatisierung – das steht bei allen Befragten ganz oben auf der Liste der Hindernisse, die als „große Herausforderung“ beschrieben werden. Teams mit einem niedrigeren DevOps-Reifegrad nehmen dies laut Studie mit 41 Prozent versus 25 Prozent deutlich stärker wahr. Ob Abbau von Silos oder die Schwierigkeit, sich aufgrund häufiger Kontextwechsel auf seine Aufgaben zu fokussieren, ob das Aufdecken von Bottlenecks, die Herausforderung der Priorisierung von Projekten oder der effizienten Allokation von Ressourcen: Theoretisch führen agile Arbeitsweisen zu einer Beseitigung oder deutlichen Reduktion dieser Hindernisse. Die Tatsache, dass die Mehrheit der Befragten diese Themen als herausfordernd beschreibt, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass DevOps-Teams noch auf der Reise sind. Hier können die Verantwortlichen ansetzen, um die Software-Entwicklung im Unternehmen weiter zu verbessern und zu beschleunigen.

Es fehlt eine gemeinsame Sprache von IT und Business

Erfolgreiche DevOps-Initiativen benötigen die Kollaboration mit allen Stakeholdern im Unternehmen – darauf weisen die Analysten von Gartner hin. Sie merken an, dass viele Initiativen auch deshalb scheitern, weil innerhalb des Unternehmens die damit verknüpften Erwartungen nicht klar definiert sind. Um diese Erwartungen zu steuern, sollten sich IT und Business auf gemeinsame Ziele und Metriken – und damit auf eine gemeinsame Sprache – verständigen, fordern die Experten.

Genau diese gemeinsame Sprache fehlt aber in den Unternehmen: Nur 42 Prozent der Befragten in dieser Studie geben an, dass IT und Business einander verstehen. Betrachtet man, welche Metriken überhaupt erfasst und näher betrachtet werden, wird die fehlende Basis zur Verständigung offensichtlich.

Wenig Einblick in den Kundennutzen und in die Effizienz der Software-Entwicklung

Rund 70 Prozent der Entwickler-Teams blicken in Bezug auf den Kunden und ihre Arbeit auf zwei Kennwerte: die offenen Support-Tickets und die monatlichen aktiven Nutzer – also leicht zugängliche Metriken, die das größte Frustrationspotenzial bergen und keinen direkten Bezug zur ausgelieferten Software und deren Wert für den Kunden herstellen.

Ob Feature Adoption, Abwanderungsquote, Return on Investment oder Net Promoter Score als Ausdruck der Zufriedenheit: Jede dieser Kennzahlen wird von weniger als der Hälfte der Software-Entwicklungsteams betrachtet. Die meisten Teams haben also kaum Einblick in den tatsächlichen Erfolg und Kundennutzen ihrer konkreten Arbeitsleistung – und können diesen auch nicht mit dem Business teilen.

Auch die Möglichkeit, die Performance der Software-Entwicklung anhand der vier anerkannten DORA-Metriken (Deployment Frequency, Failure Rate, Lead Time for Changes, Mean Time to Recovery) zu messen, wird nicht umfassend wahrgenommen. Ein Viertel der Befragten betrachtet nicht mal einen dieser Kennwerte. Dabei würde auch eine solche Erfassung der Leistungsfähigkeit zu einer gemeinsamen Sprache beitragen, die gegenseitige Wertschätzung erst möglich macht.

Verschiedene Datenquellen erschweren den Überblick

Die notwendigen Informationen für relevante Kunden-Kennwerte oder die DORA-Metriken sind oftmals auf verschiedene Quellen verteilt. Ihre Erfassung wird häufig mit großem manuellen Aufwand – und in knapp 40 Prozent der Fälle sogar mit Excel-Tabellen – betrieben.

Moderne Value Stream Management-Plattformen könnten helfen. Doch nur 20 Prozent der Befragten setzen diese bereits ein, um Datenströme automatisiert miteinander zu verknüpfen und den unmittelbaren Zusammenhang zu den Geschäftsergebnissen herzustellen.

Agile Arbeitsweisen ausbauen

Keine umfassende DevOps-Implementierung, Hürden bei der täglichen Arbeit, wenig Einblick in den unmittelbaren Kundennutzen der entwickelten Software – trotz dieser Situation in den Entwickler-Teams bewertet die knappe Mehrheit der Befragten die Developer Experience grundsätzlich eher positiv:
Was zunächst gut klingt, zeigt bei genauerer Betrachtung aber auch, dass sich fast die Hälfte der Befragten nicht zu einer positiven Bewertung entschließen kann. Vor dem Hintergrund des massiven Fachkräftemangels in der IT und der steigenden Bedeutung von Software als Differenzierungsmerkmal am Markt sollten Unternehmen alles daran setzen, ihre Software-Entwicklungsteams an sich zu binden.

„Die Studie zeigt, dass die meisten Entwickler bei ihrer täglichen Arbeit vor Herausforderungen stehen. DevOps-Methoden wurden geschaffen, um diese Herausforderungen anzugehen. Doch die Mehrheit der Unternehmen hat sie offenbar noch nicht vollständig umgesetzt“, stellt LeanIX-CEO André Christ fest. „Unternehmen müssen besser darin werden, Software zu entwickeln und auszuliefern, denn davon sind sie heute abhängig. Firmen, die den Reifegrad von DevOps anstreben und Metriken einführen, die eindeutig mit den Geschäftsergebnissen verbunden sind – wie zum Beispiel DORA –, verschaffen sich einen klaren Wettbewerbsvorteil. Alle anderen werden zukünftig viel Zeit und Geld aufwenden müssen, um den Rückstand aufzuholen.“


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