Studie: Zwei Drittel der Vorstände haben keine Datenstrategie

Laut HPE-Reifegradmodell haben die befragten Firmen auf einer Skala von 1 („Daten-Anarchie“) bis 5 („Daten-Ökonomie“) einen durchschnittlichen Reifegrad von 2,1. [...]

Die höchste Stufe heißt „Daten-Ökonomie“ – auf dieser Stufe gibt es eine einheitliche Datenbewirtschaftung über interne Geschäftsbereiche und externe Ökosysteme hinweg. (c) Unsplash
Die höchste Stufe heißt „Daten-Ökonomie“ – auf dieser Stufe gibt es eine einheitliche Datenbewirtschaftung über interne Geschäftsbereiche und externe Ökosysteme hinweg. (c) Unsplash

Für die Europäische Kommission sind Daten die „Lebensader der wirtschaftlichen Entwicklung“ – die Firmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben aber noch viel Arbeit vor sich, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Das hat eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens YouGov im Auftrag von Hewlett Packard Enterprise (HPE) unter 803 Führungskräften (CEO bis Teamleiter) ergeben.

Demnach sagen zum Beispiel 37 Prozent aller befragten Führungskräfte und 65 Prozent der Vorstände und Geschäftsführer, dass ihr Unternehmen gar keine Datenstrategie habe, nicht einmal als Teil der IT-Strategie. Die Hälfte aller Befragten und 75 Prozent der Vorstände geben an, dass sich ihr Unternehmen nicht systematisch darum kümmert, datenbasierte Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt zu bringen. Und 66 Prozent aller Befragten (85 Prozent der Vorstände) geben an, dass in ihrem Unternehmen keine Analytics- oder KI-Methodiken (KI = künstliche Intelligenz) zum Einsatz kommen, sondern Analysen mit Tabellenkalkulation durchgeführt werden.

HPE-Reifegradmodell bewertet strategische, organisatorische und technologische Merkmale

Die Umfrage beruht auf einem von HPE entwickelten Modell, das den Datenwertschöpfungs-Reifegrad einer Organisation entlang von sechs Dimensionen bewertet – dabei werden strategische, organisatorische und technologische Merkmale berücksichtigt. Die unterste Reifegradstufe (1) wird „Daten-Anarchie“ genannt – hier bewirtschaften Geschäftsbereiche ihre Datenbestände isoliert voneinander und werten die Daten kaum systematisch aus. Die höchste Stufe (5) heißt „Daten-Ökonomie“ – auf dieser Stufe gibt es eine einheitliche Datenbewirtschaftung über interne Geschäftsbereiche und externe Ökosysteme hinweg, und das Unternehmen setzt Daten effektiv für die Wertschöpfung ein.

Laut HPE-Reifegradmodell haben die von YouGov befragten Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen im Durchschnitt einen Reifegrad von 2,1 – wobei kleinere Firmen mit bis zu 250 Mitarbeitern mit 1,7 einen deutlich niedrigeren Reifegrad aufwiesen. Bei Firmen über 250 Mitarbeitern liegt der Schnitt bei 2,5.

„Es gibt keine Abkürzung auf dem Weg in die Daten-Ökonomie, er erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Facetten eines Unternehmens betrifft“, sagt Rainer Peters, Leiter der Business Solutions Group bei Hewlett Packard Enterprise in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Mit unserem Reifegradmodell und den Vergleichsdaten aus der Umfrage geben wir Firmen dafür eine Landkarte und einen Kompass an die Hand.“

Industrielle Daten als Quelle des Wirtschaftswachstums

Insbesondere das exponentielle Wachstum von professionellen und industriellen Daten gilt als zentrale Quelle der ökonomischen Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten. Das betrifft alle Branchen. So hat zum Beispiel McKinsey ausgerechnet, dass die Verwertung der Daten von vernetzten Fahrzeugen den Akteuren im gesamten Mobilitätssystem im Jahr 2030 einen jährlichen Mehrwert von 250 bis 400 Milliarden US-Dollar bringen könnte. Initiativen wie Gaia-X zielen darauf ab, den dafür notwendigen Datenaustausch zwischen Unternehmen effizient, datenschutzkonform und mit digitaler Souveränität für alle Teilnehmer zu gestalten.

Diese Potenziale können Firmen aber nur dann verwirklichen, wenn sie eine Reihe von strategischen, organisatorischen und technischen Voraussetzungen erfüllen. Datenwertschöpfung erfordert zum Beispiel eine Verknüpfung und Aggregation von Daten oder Daten-Erkenntnissen aus unterschiedlichen Applikationen, Bereichen oder Unternehmen. So können beispielsweise Informationen aus dem Service dem Vertrieb helfen, bei Bestandskunden effektiver zu verkaufen. Nutzungsdaten verkaufter Produkte helfen der Entwicklungsabteilung, die nächste Produktgeneration besser auf Kundenbedürfnisse auszurichten.

Ein Kennzeichen eines niedrigen Datenwertschöpfungs-Reifegrads ist es deshalb, wenn die Daten, ihre Analyse und Verwertung auf einzelne Bereiche eingeschränkt sind. In der Umfrage gaben zum Beispiel 42 Prozent der Führungskräfte an, dass bei ihnen Daten nur in den jeweiligen Applikationen verfügbar sind – sie stehen also in anderen Anwendungen nicht zur Verfügung oder müssen über individuelle Schnittstellen dorthin transferiert werden. Knapp ein Zehntel der Befragten (9 Prozent) gibt an, dass ihr Unternehmen eine zentrale Datendrehscheibe für alle Daten (bzw. eine datenzentrische Architektur) etabliert hat, die auch Echtzeitdaten umfasst. Und bei 6 Prozent der Befragten schließt diese Datendrehscheibe auch externe Datenquellen ein.


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