Anlässlich der aktuellen Supercomputing Conference haben Experten einen neuen Benchmark-Test veröffentlicht, der die Leistung von Supercomputern realistischer bewerten soll. [...]
Denn der für die bekannte Top500-Liste bislang genutzte LINPACK-Benchmark ist eigentlich zu einfach. „Die LINPACK-Spezifikationen sind so, als würde man Rennauto-Entwicklern sagen, sie sollen das schnellste Auto für völlig flaches, offenes Terrain bauen“, erklärt Micheal Heroux, Informatiker an den Sandia National Laboratories. Ob so eine Rakete unter realen Bedingungen ideal ist, kommt dabei zu kurz.
Abhilfe verspricht der sogenannte „High Performance Conjugate Gradient“, an dem mit Jack Dongarra einer der führenden LINPACK-Entwickler beteiligt war. Er ist dazu gedacht, wirklich die Leistungsfähigkeit von Superrechnern bei modernen Problemen einzuschätzen – und könnte so auf Dauer die Top500 massiv erschüttern. Denn Systeme, in die einfach nur extra Rechenkerne hineingepackt wurden, ohne sicherzustellen, dass normale Programme damit etwas anfangen können, würden im Ranking abstürzen.
Zwar beruht mit den Top500 das bekannteste und publikumswirksamste Supercomputer-Ranking auf LINPACK, doch ist Experten seit Jahren klar, dass der in seinen Ursprüngen bis in die 1970er-Jahre zurückreichende Benchmark an seine Grenzen stößt. Heroux verdeutlicht das mit dem Vergleich zum superschnellen Auto, das nur auf einer perfekten Ebene fahren muss.
„Es braucht keine Bremsen, kein Lenkrad oder andere Steuerelemente, was es unpraktisch für reale Fahrsituationen macht“, erklärt er. Analog dazu muss ein Supercomputer, der beim einfachen LINPACK-Benchmark stark abschneidet, nicht unbedingt optimal für echte Berechnungen sein.
Ein Beispiel dafür sind Systeme, die zwar viele Recheneinheiten umfassen, aber für die Datenübertragung nur schlecht vernetzt sind und einfache Ausführungsmodelle nutzen. „Die zusätzlichen Recheneinheiten sind sinnlos, weil moderne Anwendungen sie ohne besseren Datenzugriff und flexiblere Ausführungsmodelle nicht nutzen können“, meint Heroux. Um zu bewerten, ob ein Supercomputer wirklich leistungsfähig ist, bedarf es daher eines Benchmarks, der das besser berücksichtigt als LINPACK.
Bei HPCG haben sich die Experten daher bemüht, in einem kompakten Programm die Natur moderner Anwendungen möglichst gut einzufangen. „Wir haben ein Programm mit 4.000 Codezeilen geschaffen, das sich praktisch wie echter Code mit einer Mio. Zeilen verhält, aber viel einfacher ist“, erklärt Heroux. Wenn es einen Trick gibt, mit dem der Benchmark auf einem System schneller läuft, sollte dieser demnach auch für wesentlich umfangreichere, echte Anwendungen funktionieren.
Welche Folgen HPCG auf die Top500-Liste haben wird, bleibt abzuwarten. Einerseits wird es dauern, bis überhaupt genug Systeme mit dem neuen Benchmark vermessen wurden. Andererseits ist laut Dongarra nicht geplant, LINPACK komplett zu ersetzen, berichtet Cnet. Das diese Woche veröffentlichte Top500-Ranking beruht indes noch gänzlich auf dem in die Jahre gekommenen Benchmark. An der Spitze steht dabei erneut der chinesische „Tianhe-2“, der einzige Newcomer in den Top 10 ist der „Piz Daint“ am Nationalen Hochleistungszentrum der Schweiz. Er löst damit „JUQUEEN“ vom Forschungszentrum Jülich als Europa-Spitzenreiter ab. (pte)
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