Tech-Trends 2022: Mit KI und Automation aus der Krise

Nach der Krise ist vor dem Aufschwung: Wie CIOs mit neuen Technologien und einer starken Datenstrategie ihr Unternehmen wieder auf die Erfolgsspur bringen. [...]

Der Erfolg neuer Technologien hängt 2022 mehr denn je von der Qualität der verfügbaren Daten ab. (c) thinkhubstudio - shutterstock.com

Auch 2021 kämpfte die Wirtschaft mit den Auswirkungen der Corona-Krise. Immer deutlicher wird dabei, wie stark die Pandemie die Digitalisierung in Unternehmen vorantreibt. Zu Beginn zwang sie CIOs zu rettenden Sofortmaßnahmen, darunter das Ermöglichen von Remote-Work und der Ausbau von Cloud Kapazitäten. Danach ging es um die Stabilisierung der kurzfristig angepassten Systeme und Prozesse. Allmählich ändert sich der Fokus: CIOs müssen mittel- und langfristig den größtmöglichen Wert aus der angepassten Infrastruktur und den wachsenden Datenmengen ziehen. Dafür steht ihnen eine Vielzahl neuer und bekannter Technologien zur Verfügung.

Mit Blick auf die Wertschöpfungskette lassen sich wertschöpfende und unterstützende Technologien unterscheiden, die jeweils eines gemeinsam haben: Ihr Erfolg ist abhängig von der richtigen Nutzung der darunterliegenden Daten. Das heißt: Es werden jene Firmen einen Wettbewerbsvorteil haben, die eine starke Datenstrategie definieren und über die richtigen Daten in ausreichender Qualität und Granularität verfügen. Im Folgenden geht es um die IT-Trends, die 2022 voraussichtlich weiter an Bedeutung gewinnen werden.

Die Technologie-Trends 2022 aus der Sicht von PwC.
(c) PwC

Künstliche Intelligenz treibt E-Commerce voran

Unter künstlicher Intelligenz verstehen wir die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Denkprozesse abzubilden. Während der Pandemie wurden KI-basierte Anwendungen aufgrund des E-Commerce-Booms ein entscheidender Faktor. In Form von Empfehlungsdiensten im Vertrieb oder individueller, automatisierter Kundenkommunikation trieben sie die Online-Umsätze nach oben.

Weitere Durchbrüche sind zu erwarten. Künstliche Intelligenz wird zunehmend nicht nur vorhandene Daten analysieren und verwenden, sondern selbst komplett neue und plausible Daten schaffen („Generative AI“), beispielsweise beim Trainieren von Modellen zur Betrugserkennung.

CIOs sollten darauf achten, dass ihre Datenteams keine KI-Prototypen „über den Zaun“ in die Fachabteilungen werfen. Vielmehr geht es darum, die Modelle sauber in die operativen Umgebungen einzubinden und zu pflegen. Das Thema „Machine Learning OPs“ wird dabei immer wichtiger.

Mit Digital Twins Prozesse simulieren und optimieren

Eine weitere vielversprechende Technologie sind digitale Zwillinge von Räumen und Objekten. Sie werden anhand von Echtzeit-Sensordaten fortwährend aktualisiert und simulieren komplexe Abläufe mit vielen Wiederholungen am Rechner. Obwohl der Ansatz ursprünglich zum Optimieren von Fertigungsabläufen gedacht war, ergeben sich auch in vielen anderen Bereichen Anwendungsmöglichkeiten.

Digital Twins können etwa dabei unterstützen, die optimale Balance aus nachhaltigen Energiequellen in einer Virtual Power Plant zu simulieren. Damit werden die Erzeugung und Verteilung grüner Energie verlässlicher. Auch beim Erstellen von Smart-City-Konzepten oder der Simulation von Supply Chains helfen digitale Zwillinge und tragen so dazu bei, dem Klimawandel entgegenzuwirken. CIOs von Unternehmen, die mit physischen Gütern oder Lieferketten arbeiten, sollten die Einsatzreife von Digital Twins für ihre Organisation prüfen.

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Hyperautomation als Chance für die öffentliche Verwaltung

Aufgrund der steigenden Komplexität von Geschäftsprozessen und dem rapiden Datenwachstum wird Automatisierung in allen Organisationsbereichen noch wichtiger. Hilfreich kann beispielsweise der Einsatz von Chatbots, Entscheidungssystemen oder Robotic Process Automation (RPA) sein. Die Pandemie hat vor allem im öffentlichen Sektor großen Nachholbedarf offenbart, da hier viele Prozesse immer noch händisch und entsprechend zeitintensiv abgewickelt werden. Die Nachverfolgung von Infektionen und der notwendige Datenaustausch könnten beispielsweise durch Hyperautomation in Zukunft beschleunigt werden.

Auch der Erfolg der Automatisierung ist stark von der Qualität und Verfügbarkeit der Daten abhängig: Ein Empfehlungsdienst im Verkauf kann beispielsweise nur unterstützen, wenn die darunterliegenden Produktdaten detailliert und korrekt vorliegen. Ein besseres Gesundheitsmanagement im öffentlichen Sektor erfordert das schnelle und fehlerlose Teilen von Daten zwischen den Behörden.

Cybersecurity – Burg und Graben reichen nicht mehr aus

Der rasante Übergang zu Remote-Arbeitsumgebungen, die vermehrte Nutzung von Cloud-Lösungen und die zunehmende Vernetzung von Geräten sorgen dafür, dass das Risiko von Sicherheitslücken und Cyber-Attacken steigt.

Der traditionelle „Burg und Graben“-Ansatz via VPN oder Firewall, bei dem Unternehmen die Nutzer nur am Eingang einer Sicherheitsprüfung unterziehen und ihnen von da an vertrauen, ist nicht mehr zeitgemäß. Inzwischen setzen sich Zero-Trust-Ansätze durch, bei denen die Identität jedes Akteurs (digital oder menschlich) kontinuierlich validiert wird.

In puncto Cloud Computing sollten CIOs verstärkt auf europäische Rechenzentren zurückgreifen, um ihre Daten und die ihrer Kunden bestmöglich zu sichern. Die EU-Initiative Gaia-X könnte hierzu einen Beitrag leisten. Erste Funktionen sollen in einem Minimal Viable Product (MVP) Ende 2021 verfügbar sein. Nur wenn CIOs eine leistungsfähige Cyber-Security-Architektur aufstellen, lassen sich kritische Betriebsunterbrechungen verhindern und die Unternehmensreputation dauerhaft schützen.

Durch Tech Democratization zu „Do IT yourself“?

Weil digitale Prozesse in immer mehr Unternehmensbereichen einen Mehrwert bringen, wächst der Bedarf an qualifizierten Fachkräften. Der sich weiter verschärfende Fachkräftemangels erschwert es Unternehmen, vakante IT-Stellen zu besetzen, zugleich steigen die dadurch entstehenden Kosten.

Inzwischen zeichnet sich ein Trend ab, den man als „Demokratisierung von Technologie“ bezeichnet. Cloud Computing und No- oder Low-Code-Plattformen erlauben es, Prozesse zu digitalisieren, ohne selbst tiefes technisches Wissen zu besitzen. Auch die Daten selbst werden demokratisiert, indem man sie allen Abteilungen in guter Qualität und über einfach nutzbare Analyse-Tools zugänglich macht.

Dem CIO kommt dabei die Rolle eines Digitalisierungs-Coaches für die Fachabteilungen zu: Er leistet Hilfe zur Selbsthilfe, statt nur IT-Projekte mit seinem eigenen Fachpersonal zu stemmen.

„Work Anywhere“ bleibt relevant

Der Begriff Work Anywhere beschreibt die Möglichkeit, seinen Beruf von überall auszuüben, also entweder beim Arbeitgeber, zuhause oder an einem anderen Ort. Corona hat diesem Trend einen enormen Schub verliehen. Unternehmen mussten vielen Mitarbeitenden im Lockdown eine passende Remote-Infrastruktur zur Verfügung stellen, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.

Noch ist unklar, wie sich die Nutzerinnen und Nutzer nach dem Ende der Pandemie verhalten und wie sich ihre Präferenzen hinsichtlich des Arbeitsplatzes verändert haben. Vermutlich wird sich eine Mischform durchsetzen: Das physische Büro wird weiterhin genutzt werden, aber nicht mehr für die vollen fünf Tage. Viele Mitarbeiter werden zumindest teilweise im Home-Office bleiben. Einige werden an andere Orte ziehen und komplett auf eine Remote-Umgebung umsteigen wollen. Dem CIO kommt auch hier eine zentrale Rolle zu. Bietet er flexible Remote-Lösungen an, steigt damit auch die Attraktivität des eigenen Unternehmens im Wettstreit um die besten Köpfe.

Nachhaltige Datenstrategie als Erfolgsfaktor

Zusammenfassend sind CIOs gut beraten, das derzeitige Momentum zu nutzen, um Investitionen in neue Technologien anzustoßen. Deren Erfolg hängt jedoch stark von den verfügbaren Daten ab. Eine klare Datenstrategie ist daher unerlässlich. Sie sollte die Organisation, Architektur und Prozesse für Daten definieren und reale Anwendungsfälle auf der Datenbasis ermöglichen.

Mit einem starken Datenfundament im Rücken sollten CIOs neue Technologien beobachten, Anwendungsfälle mit Blick auf den Business Case bewerten und testweise erste Prototypen entwickeln. Da in den vergangenen Jahren der Großteil solcher datenbasierter Prototypen nicht produktiv gesetzt wurde, etabliert sich aktuell der Begriff „Data Product Management“. Dabei werden Anwendungsfälle nicht als Projekte, sondern als Produkte realisiert und durch einen technisch versierten Produktmanager in einen dauerhaften Produktlebenszyklus überführt.

Wenn CIOs eine saubere Datengrundlage schaffen und mithilfe neuer Technologien Datenprodukte bauen, können sie ihr Unternehmen während und nach der Pandemie wieder auf Erfolgskurs bringen.

* Marcus Eul ist Partner für IT und digitale Transformation bei Strategy&, dem Strategieberatungsunternehmen von PwC. Robert Keil ist Senior Data Product Strategist beim Münchner Startup Mindfuel und hilft Firmen dabei, Datenprodukte zu konzipieren und zu skalieren. Vorher war er mehrere Jahre Strategieberater bei Strategy&.


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