Test: Apple AirPods Pro

Die verdiente Ruhe vor quasselnden Mitmenschen, Turbinen und der Welt als solche. [...]

Zubehör für Smartphones, Inhalte und Services werden allein 2020 einen weltweiten Gesamtumsatz von 459 Milliarden US-Dollar erwirtschaften. (c) PCtipp / ze

Die AirPods markierten einen Meilenstein im Sortiment von Apple. Zu Beginn wurde das Design mit Häme überschüttet. Doch heute gehören die weissen Stöpsel nicht nur zum Stadtbild, sondern werden bei jeder Gelegenheit von Mitbewerbern schamlos kopiert. Das tut der Beliebtheit des Originals keinen Abbruch: Die AirPods bieten bis heute einen exzellenten Kompromiss zwischen Komfort, Musikqualität und Integration ins Apple-System. Nur eines fehlte ihnen bis jetzt: ANC, für «Active Noise Cancellation» – also die Möglichkeit, Umgebungsgeräusche durch Gegenschall zu neutralisieren.

Genau diese Funktionen liefern die neuen AirPods Pro und richten sich damit an alle Lärmgeplagten. Dabei sieht Apple in den Pro-Stöpseln nicht etwa die Wachablösung, sondern eine Ergänzung zu den regulären AirPods. Und das ist auch gut so, denn eine zu effiziente ANC ist nicht immer die beste Lösung; gerade im Strassenverkehr kann zu viel Stille schädlich für die Knochen sein.

Kontaktaufnahme

Die Verbindung ist so einfach wie eh und je: Die Ladeschale wird neben dem iPhone geöffnet, damit die Koppelung genau ein Tippen benötigt. Nach einem kurzen Tutorial sind die AirPods bereit. Die Koppelung beschränkt sich dabei nicht auf das iPhone, sondern wird im selben Atemzug an die Apple-ID geheftet. Das heisst, die AirPods sind automatisch mit dem iPad, Mac oder Apple TV verbunden, solange die Apple-ID dieselbe ist.

Strom und Ladung

Die AirPods werden wie bisher in der Ladeschale magnetisch fixiert. Diese Schale wiederum wird kabellos auf jeder handelsüblichen Qi-Matte geladen. Alternativ wird das beiliegende Lightning-Kabel verwendet, ein Netzteil gehört nicht zum Lieferumfang.

Interessantes Detail: Apple scheint mit dem uralten USB-A-Stecker abgeschlossen zu haben – denn an seiner statt wartet ein USB-C-Stecker, wie er in den aktuellen MacBooks und den iPad-Pro-Modellen ein Gegenstück findet. Das ist bei den neuen iPhones (Test) übrigens nicht anders.

Aber jetzt: die volle Dröhnung

Ich hatte am Design der AirPods nie etwas auszusetzen, aber die AirPods Pro sind ungleich viel hübscher. Sie wirken sehr elegant, ein wenig knuffig und wie kleine Strahlenpistolen, die in jedem stilvollen Retro-Science-Fiction eine gute Figur abgeben würden. Die «Stiele» wurden ein wenig gekürzt und erfüllen weitere Funktionen. (Dazu später mehr.)

Ruhe da draussen!

Für einen ersten Test wurden die mittleren Aufsätze verwendet, die bei der Lieferung montiert sind. Die AirPods werden so weit in den Gehörgang gedrückt, bis die Umgebung deutlich leiser wird – einfach deshalb, weil da ein Gummiteil im Ohr steckt. Diese Abdichtung des Gehörgangs ist die erste Voraussetzung, dass die ANC ihre geräuschhemmende Wirkung entfalten kann.

Die Aktivierung von ANC sorgt eine Überraschung der angenehmsten Sorte. Das Umfeld verschwindet einfach – sang- und klanglos, sozusagen. Zurück bleibt eine ruhige Umgebung, die weit weg scheint. Diese Ruhe fühlt sich absolut natürlich an. Nichts legt die Vermutung nahe, dass hier ein Paar In-Ear-Kopfhörer die Geräusche dämpfen. Es ist auch nicht so, dass die «Ohren zugehen», als sässe man in einem Flieger beim Landeanflug; denn dafür sorgt die Durchlüftung. Wenn keine Musik läuft, ist ausserdem fast kein Rauschen zu hören. Alles ist so, wie es sein soll – nur die Ohren stellen sich taub.

Apropos Flieger: Wie es der Zufall so wollte, stand während diesem Test ein Flug auf dem Plan. Die AirPods Pro verhielten sich dabei so unheimlich, wie am Boden: Das Geräusch der Triebwerke wird schlagartig auf ein Niveau reduziert, das sich wie das Summen einer Klimaanlage im Nebenzimmer anhört. Borddurchsagen lassen sich gerade noch so erahnen und um sie zu verstehen muss das ANC ausgeschaltet werden.

Formen der Unterdrückung

ANC ausschalten: Das ist noch einfacher getan, als gesagt. Die AirPods unterscheiden zwischen drei Einstellungen der Geräuschunterdrückung: «Aus», «Ein» und «Transparenz». Letztere bedeutet, dass die AirPods keine Geräusche unterdrücken, im Gegenteil: Sie nehmen die Aussenwelt über die Mikrofone auf und reichen sie an den Gehörgang weiter – ganz so, als würde man eben keine AirPods tragen. Das Ergebnisse stimmt von der Lautstärke her nahezu perfekt, auch wenn die Geräusche ein wenig wie eine Aufnahme klingen – aber nichts anderes sind sie ja.

Auf diese Weise lassen sich die AirPods Pro eigentlich tragen, während man mit seinem Gegenüber spricht – doch die Kinderstube sorgt dafür, dass man brav die Mini-Strahlenwaffen entfernt, um mit anderen zu sprechen. Trotzdem: Diese Form der Transparenz zeigt, dass die Grenzen zwischen Kopfhörer und Hörgerät verschwimmen. Für die Zukunft hat Apple offensichtlich das Zeug dazu, um den Herstellern von klassischen Hörgeräten die Suppe zu versalzen.

Passt, wackelt, hat Luft!

Die AirPods kommen zusätzlich mit je einem grösseren und einem kleineren Aufsatz, um den verschiedenen Ohren gerecht zu werden.

Der Wechsel der Aufsätze ist jedoch etwas vom Gruseligsten, das ich je mit einem Apple-Produkt angestellt habe. Um den aktuellen Aufsatz zu entfernen, muss einfach kräftig am Silikon gezogen werden: So besagt es die Bedienungsanleitung, und sie spricht wahr. Tatsächlich ist der Widerstand jedoch so hoch, dass sich jede Faser in den Fingern weigert, noch stärker zu ziehen. Es kann doch nur so enden, dass der Gummi reisst! Entsprechend gross ist die Erleichterung, wenn sich der ganze Aufsatz endlich mit einem feinen Klicken löst. Umgekehrt bringen sich die neuen Aufsätze automatisch in die richtige Position. Aber die ganze Prozedur ist nichts, das ich ohne Not wiederholen würde.

Die AirPods bieten einen hervorragenden Tragekomfort. Das variiert bekanntlich von einer Ohrmuschel zur nächsten, aber die meisten Stimmen im Internet sind von der Passform ebenfalls sehr überzeugt. Die AirPods Pro tragen durch ihre Bauform ein wenig stärker auf als die regulären AirPods, die man glatt im Ohr vergessen könnte. Doch unter dem Strich ist der Komfort tadellos und besser als alle anderen In-Ear-Kopfhörer, die ich bis heute ausprobiert habe.

Die Bedienung

Die Bedienung wurde optimiert. Die regulären AirPods werden mit einem Tippen gegen den Hörer gesteuert. Bei den Pro-Modellen werden hingegen die Stile gedrückt, was ein faszinierendes haptisches Feedback produziert. Es fühlt sich in den Fingerspitzen so an, als würde ein unglaublich winziger Schalter gedrückt. Tatsächlich sind die Stiele jedoch starr; stattdessen sorgt ein Klopf-Mechanismus (Taptic Engine) im Inneren dafür, dass sich alles richtig und gut anfühlt.

Über den leichten Druck werden die wichtigsten Funktionen gesteuert: Track vor und zurück, Pause oder der Wechsel zwischen den verschiedenen Modi des ANC. Nicht vorhanden ist eine Möglichkeit, um die Lautstärke direkt an den AirPods zu steuern; dies erfolgt stattdessen am iPhone oder an der Apple Watch.

Auf Wunsch wird einer oder beide Stile so konfiguriert, dass damit Siri geweckt wird, um die Wiedergabe zu steuern, Informationen abzurufen oder Anrufe zu initiieren. Aber das mit Siri ist bekanntlich so eine Sache, also sei deren Integration und der Aufruf durch «Hey, Siri!» nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

Die Laufzeit

Apple verspricht eine Laufzeit von viereinhalb Stunden, bis die AirPods in die Ladeschale zurück müssen. Dort werden sie bis zu vier Mal geladen, bevor auch die Schale leer ist. Das deckt sich recht genau mit den eigenen Erfahrungen und geht sogar ein wenig darüber hinaus, wobei die AirPods im Test nur selten für die Telefonie verwendet wurden. Aber wer telefoniert denn heute noch …

Tonqualität

Bleibt noch die Tonqualität – und die rundet das hervorragende Gesamtbild würdig ab. Im Gegensatz zu den regulären AirPods klingt das Pro-Modell bei den Mitten ein wenig heller, klarer. Umgekehrt bieten die klassischen AirPods tatsächlich ein wenig mehr Bass und Wumms – ihrer lockeren Trageweise zum Trotz. Unter dem Strich bieten die neusten AirPods ein volles, stimmiges Klangbild, das nichts zu wünschen übriglässt. Die Ingenieure von Apple haben hier ganze Arbeit geleistet!

Bei der Telefonie ist das Verständnis auf beiden Seiten gut, aber nicht ganz so gut wie bei den klassischen AirPods. Während es beim Empfang nichts zu bemängeln gibt, klingt der Absender mit den Pro-Stöpseln zum Teil ein wenig nach Turnhalle, unterlegt mit einem leichten Hall. Das ist eigentlich kein Problem – aber der einzige Punkt bei der Klangqualität, der nicht restlos überzeugen kann.

Und noch ein Detail soll nicht unerwähnt bleiben: Seit iOS 13 ist es möglich, zwei AirPods (Pro) mit demselben iOS-Gerät zu verbinden, damit sich Pärchen auch beim Musikhören nahe sein können. Kein Einhorn bietet so viel Zuckerguss, so viel Kitsch!

Fazit

Mit den AirPods Pro geht für viele iPhone-Anwender ein großer Wunsch in Erfüllung: All die positiven Eigenschaften der klassischen AirPods werden endlich mit einer Active Noise Cancellation kombiniert, die diese Bezeichnung verdient. Geblieben sind der Komfort, die Klangqualität und die nahtlose Integration in die Apple-Welt. Kurzum, die AirPods Pro sind die logische, harmonische Erweiterung zu jedem iPhone.


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